Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 653
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Abnutzbare WG sind gekennzeichnet durch einen technischen oder wirtschaftlichen Wertverzehr, in dessen Konsequenz sich die Nutzbarkeit der WG zur Erzielung von Einkünften erfahrungsgemäß lediglich auf einen begrenzten Zeitraum erstreckt (BFH v 09.08.1989, X R 131–133/87, BStBl II 1990, 50; BFH v 22.01.1992, I R 43/91, BStBl II 1992, 529). Abnutzbare WG unterliegen mithin einer permanenten Wertminderung, der durch planmäßige Abschreibung Rechnung zu tragen ist. Demgegenüber können sich bei nicht abnutzbaren WG allenfalls Wertschwankungen ergeben, die ggf im niedrigeren Teilwertansatz abgebildet werden können, wenn sie voraussichtlich dauerhaft sind (zB BFH v 04.12.1991, I R 148/90, BStBl II 1992, 383; BFH v 22.01.1992, I R 43/91, BStBl II, 529).
Materielle WG: Das Kriterium technische Abnutzung, dh der körperliche Verschleiß durch bestimmungsgemäßen Gebrauch ist naturgemäß nur für körperliche (= materielle WG ieS) anwendbar, das Kriterium der wirtschaftlichen Abnutzung tritt hier ergänzend hinzu.
WG unterliegen einer wirtschaftlichen Abnutzung, wenn sie unabhängig vom materiellen Verschleiß aus wirtschaftlichen Gründen nur zeitlich beschränkt verwendbar sind (BFH v 19.11.1997, X R 78/94, BStBl II 1998, 59). Technische und wirtschaftliche Abnutzung sind dabei separat zu beurteilen, sie führen jeweils zur Abnutzbarkeit des WG (BFH v 31.01.1986, VI R 78/82, BStBl II 1986, 355; BFH v 05.06.2008, IV R 50/07, BStBl II 2008, 968). Es reicht es aus, wenn das WG einer nicht unbedeutenden technischen Abnutzung unterliegt, auch wenn ein wirtschaftlicher Wertverzehr nicht eintritt oder es wirtschaftlich sogar zu einem Wertzuwachs kommt (BFH v 05.06.2008, IV R 50/07, BStBl II 2008, 968).
Werterhaltungsmaßnahmen des StPfl bleiben für die Frage, ob durch bestimmungsgemäße Nutzung ein Wertverzehr eintritt, außen vor (vgl Boorberg/Strüngmann/Wendelin, DStR 1998, 1113, 1115; Tiedchen in H/H/R, § 5 ESTG Rz 591 (12/2021), werterhaltende Maßnahmen verdeutlichen vielmehr, dass ohne diese ein Wertverzehr einsetzt.
Immaterielle WG: Für immaterielle WG ist mangels Körperlichkeit die wirtschaftliche Abnutzung allein entscheidend. Einer Abnutzbarkeit steht nicht entgegen, dass immaterielle WG (zB Rechte) formal zeitlich unbefristet begründet werden, wenn ein Ende ihrer Verwertbarkeit anzunehmen ist (Schubert/Andrejewski in Beck-BilKo, § 253 Rz 213 (13. Aufl 2022)). Entscheidend ist, ob sich der Wert in einer bestimmten oder bestimmbaren Zeit rechtlich oder faktisch erschöpft (BFH v 21.02.2017, VIII R 56/14, BStBl II 2017, 694 zur Vertragsarztzulassung).
Bei zeitlich begrenzten Rechten kann ausnahmsweise von einer unbegrenzten Nutzungsdauer ausgegangen werden, wenn sie normalerweise ohne weiteres verlängert werden, ein Ende also nicht abzusehen ist (BFH v 02.03.2011, II R 5/09, BFH/NV 2011, 1147). Im Zweifel ist nach dem Grundsatz der Vorsicht gem § 252 Abs 1 Nr 4 EStG von einer zeitlich begrenzten Nutzung auszugehen (BFH v 16.10.2008, IV R 1/06, BStBl II 2010, 28; BFH v 29.04.2009, IX R 33/08, BStBl II 2010, 958; BFH v 02.03.2011, II R 5/09, BFH/NV 2011, 1147; ADS § 253 HGB Rz 356 (6. Aufl 1998)).
Finanzwerte unterliegen keiner Form des Verschleißes und sind damit den nicht abnutzbaren WG zuzuordnen.