Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 424
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Abgrenzung: Verbrauchsgüterkauf ist der Verkauf einer Ware (bewegliche Sache, die außerhalb von Zwangsvollstreckungs- oa gerichtlichen Maßnahmen verkauft werden, § 241a Abs 1 BGB) durch einen Unternehmer (§ 14 BGB, Hersteller ebenso wie Zwischenhändler) als Verkäufer an einen Verbraucher (§ 13 BGB) als Käufer. Ein Verbrauchsgüterkauf ist durch drei kumulative Merkmale definiert:
- Vertragstyp: Kauf,
- Kaufgegenstand: Ware,
- beteiligte Personen: Unternehmer, Verbraucher.
Verbraucher ist gemäß § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
Die Sonderregelungen des Verbrauchsgüterkaufs gelten nicht für Kaufverträge zwischen Unternehmern (Handelskauf), ebenso nicht für Kaufverträge zwischen Privatpersonen (darüber hinaus nicht für gebrauchte Waren, die in einer öffentlich zugänglichen Versteigerung zugänglich gemacht werden (§ 474 Abs 2 S 2 BGB, BGH vom 07.04.2021, VIII ZR 49/19, NJW 2021, 2281). § 474 BGB ergänzt verbraucherschützend die allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts (§ 474 Abs 2 S 1 BGB), insbesondere die des allgemeinen Kaufrechts.
§ 475a BGB regelt seit dem 01.01.2022 den Verbrauchsgüterkauf über digitale Produkte iSd § 327 Abs 1 BGB, § 475b den Verbrauchsgüterkauf einer Ware mit digitalen Elementen.
Rn. 424a
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Gefahrenübergang: Kauft ein Verbraucher Waren von einem Unternehmer, sind die Regelungen des § 447 Abs 1 BGB zum (vorzeitigen) Gefahrenübergang beim Versendungskauf nicht anwendbar, es sei denn, der Käufer hat den Spediteur, den Frachtführer oder die sonst zur Ausführung der Versendung bestimmte Person, die der Unternehmer dem Käufer nicht zuvor benannt hat, beauftragt (§ 475 Abs 2, 447Abs 1 BGB); der Verbraucher hat den Transport der Ware also selbst organisiert. Von dieser Ausnahme abgesehen, wird der Übergang der Preisgefahr beim Verbrauchsgüterkauf nicht auf den Zeitpunkt der Übergabe der Sache an die mit der Versendung beauftragte Person (vor)verlagert, sondern richtet sich nach § 475 Abs 2, 3 S 2 BGB iVm § 446 BGB: Übergang der Preisgefahr erst mit Übergabe der Ware an den Verbraucher (bzw beim Eintritt von Annahmeverzug, s Rn 425a).
Zweck der Regelung ist der Schutz privater Verbraucher. Das Risiko des zufälligen Untergangs/der zufälligen Verschlechterung wird im Fall des Verbrauchsgüterkaufs auch nach Übergabe der Kaufsache an den zur Versendung Beauftragten dem Unternehmer aufgebürdet, der über Art und Weg der Beförderung entscheiden, den Beförderer auswählen, eine Transportversicherung abschließen und einpreisen kann.
Rn. 424b
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Zurechnungswechsel: Beim Verbrauchsgüterkauf wechselt die Zurechnung auf den Erwerber – nicht anders als im Veräußerungsgrundfall (s Rn 421) ebenso wie im Fall des Versendungskaufs (s Rn 423b) – mit Übergabe der Ware an den Erwerber. In diesem Zeitpunkt gehen Besitz, Nutzung, Gefahr und Lasten auf den Verbraucher als Erwerber über. Der Erwerber ist (erst dann) in die Lage versetzt, den Veräußerer von der Einwirkung auf das WG für dessen gewöhnliche Nutzungsdauer auszuschließen.
Im Ausnahmefall des § 475 Abs 2 BGB wechselt die Zurechnung bereits mit Übergabe an den Transporteur; beauftragt der Verbraucher den Transporteur, liegt das Direktionsrecht bei ihm, er ist ab Übernahme durch den Transporteur in der Lage, den Verkäufer von der Einwirkung auf die Ware auszuschließen.
Rn. 424c
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Gewinnrealisation: Mit Übergabe der Ware an den Verbraucher ist der Kaufvertrag wirtschaftlich erfüllt, der Anspruch auf die Gegenleistung "so gut wie sicher" und der Gewinn damit simultan zum Zurechnungswechsel zu realisieren.
Im Ausnahmefall des § 475 Abs 2 BGB tritt Realisation bereits mit Übergabe an den Transporteur ein. Zurechnungswechsel und Gewinnrealisation erfolgen jeweils parallel.