Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 432
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Grundsatz: Bei Veräußerung unter aufschiebender Bedingung erfolgt der Zurechnungswechsel im Grundsatz erst mit Bedingungseintritt (BFH vom 26.06.2009, IV R 3/07, BStBl II 2010, 182). Zuvor erfolgt weder ein Gefahrenübergang noch ist im Regelfall von Besitz in Erwartung des Eigentumserwerbs auszugehen.
Relevanz der Bedingungsgehalts: Die Rspr differenziert – zT WG-spezifisch – weiter nach dem konkreten Inhalt der aufschiebenden Bedingung sowie danach, in wessen Machtbereich es liegt, den Bedingungseintritt herbeizuführen. Der Eintritt der Bedingung iS § 158 BGB kann abhängen
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vom Eintreten/Nichteintreten eines gänzlich willens-/handlungsunabhängigen Ereignisses, |
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vom Willen/Handlungen Dritter, |
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vom Willen/Handlungen des Veräußerers, |
(4) |
vom Willen/Handlungen des Erwerbers oder |
(5) |
von einem Konglomerat aus (1) bis (4). |
Mit Ausnahme des Falls (4), der den Bedingungseintritt allein in den Machtbereich des Erwerbers stellt, wird der Zurechnungswechsel jeweils durch die aufschiebende Bedingung gehindert, da der (potenzielle) Erwerber in diesen Fällen selbst nicht in der Lage ist, den Veräußerer als Eigentümer von der Einwirkung auf das jeweilige WG dauerhaft auszuschließen. Daher wird zB ein vorzeitiger Zurechnungswechsel verneint, wenn die Wirksamkeit eines Kaufvertrages unter der aufschiebenden, objektiv unsicheren Bedingung der Genehmigung durch das Bundeskartellamt steht, da der Erwerber zuvor nicht über eine rechtlich geschützte, auf Erwerb gerichtete Rechtsposition verfügt, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann (BFH vom 25.06.2009, IV R 3/07, BStBl II 2010, 182; BFH vom 26.09.2018, I R 16/16, BStBl II 2020, 206). Gleiches gilt zB für Gremienvorbehalte zugunsten eines Organs des Veräußerers (ADS, § 246 HGB Rz 245f (6. Aufl 1998); Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 301 Rz 20 (14. Aufl 2022); DRS 19 106e) oder Zustimmungsvorbehalte Dritter wie Gläubigerausschüssen.
Liegt allerdings eine aufschiebende Bedingung vor, deren Eintritt zwar nicht allein vom Willen des Erwerbers abhängig, aber deren Eintritt objektiv sicher ist (unechte aufschiebende Bedingung), kann die personelle Zurechnung vorbehaltlich des ebenfalls vorzeitigen Übergangs der jeweils WG-spezifischen zurechnungsrelevanten Herrschaftsbefugnisse bereits auf den Erwerber wechseln. Dies ist etwa der Fall, wenn der Erwerber auf Handlungen Dritter oder des Veräußerers einen Anspruch hat (Kleinheisterkamp/Schell, DStR 2010, 835 f; Bsp BFH vom 22.06.2017, IV R 42/13, BFH/NV 2018, 265 vorzeitiger Zurechnungswechsel eines Mitunternehmeranteils an einer GmbH & Co KG, der unter aufschiebender Bedingung der Genehmigung durch die Komplementärin stand, welche diese nur aus wichtigem Grund versagen konnte; ebenso FG Hamburg vom 21.07.2020, 2 K 206/17, EFG 2020, 1673).
Ist der Bedingungseintritt dagegen allein vom Willen/Handlungen des Erwerbers abhängig (Fall (4)), wird wie folgt differenziert:
- Übertragung von Gesellschaftsanteilen unter Bedingungen innerhalb des Machtbereichs des Erwerbers: Bei Veräußerung von Gesellschaftsanteilen unter einer aufschiebenden Bedingung geht das wirtschaftliche Eigentum grundsätzlich erst mit dem Eintritt der Bedingung auf den Erwerber über, wenn ihr Eintritt nicht allein vom Willen und Verhalten des Erwerbers abhängen (BFH vom 25.06.2009, IV R 3/07, BStBl II 2010, 182). In Fällen der Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist wesentliche Voraussetzung für einen vorzeitigen Zurechnungswechsel ua, dass der Erwerber ein rechtlich gesicherte unentziehbare Rechtsposition innehat. Hängt der Bedingungseintritt allein vom Willen und Verhalten des Erwerbers ab, liegt eine solche unentziehbare Rechtsposition vor. Dies ist etwa auch im Fall Gremienvorbehalt zugunsten eines Organs des Erwerbers der Fall (vgl Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 301 Rz 20 (14. Aufl 2022); aA ADS, § 246 HGB Rz 245f (6. Aufl 1998); DRS 19 106e)). Liegen darüber hinaus bereits weitere WG-spezifische Herrschaftsbefugnisse beim Erwerber, kann die Zurechnung bereits vor Übergang des zivilrechtlichen Eigentums wechseln (vgl zu Mitunternehmeranteil BFH vom 26.06.2009, IV R 3/07, BStBl II 2010, 182; Günther, AO-StB 2020, 266; zu Anteilen an KapGes Kleinheisterkamp/Schell, DStR 2010, 835f). Der Erwerber ist in diesem (Ausnahme-)Fall bereits in der Lage, den Veräußerer von der Einwirkung auf die Anteile auszuschließen.
Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung: Steht der zivilrechtliche Eigentumsübergang (lediglich) unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung, hindert dies einen vorzeitigen Zurechnungswechsel nicht, wenn die verbleibenden zurechnungsrelevanten Herrschaftsbefugnisse (zB bei beweglichen WG insbesondere Besitz und Nutzungsmöglichkeit, bei Anteilen an KapGes Übergang von Gewinnbezugsrecht sowie Wertsteigerungschancen) bereits übergegangen sind (vgl zu Anteilen an KapGes BFH vom 17.02.2004, VIII R 28/02, BStBl II 2005, 46; FG SAnh vom 21.05.2012, 1 K...