Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 434
Stand: EL 80 – ET: 08
Abgrenzung: Beim Kauf auf Probe/auf Besichtigung steht der Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Billigung durch den Käufer (§ 454 Abs 1 BGB). Bis zur Billigung besteht ein Schwebezustand, währenddessen der Verkäufer, nicht aber der Käufer bereits gebunden ist. Der Verkauf auf Probe löst schon während des Schwebezustands Rechte/Pflichten aus: Der Verkäufer hat die Sache an den Käufer zu übergeben (nicht zu übereignen), um diesen zur Prüfung zu befähigen (§ 454 Abs 2 BGB); der Käufer hat die Prüfung unter sorgfältiger Behandlung der Sache und Tragung der Kosten der Untersuchung vorzunehmen (Westermann in Münchener Kommentar BGB, § 454 BGB Rz 6f (8. Aufl 2019)).
Durch die Billigung des Kaufgegenstandes wird die aufschiebende Bedingung der Gültigkeit des Kaufvertrages herbeigeführt. Die Dauer Billigungsfrist kann vereinbart werden, fehlt eine Vereinbarung, kann der Verkäufer eine angemessene Billigungsfrist setzen (§ 455 BGB). Dadurch wird er davor geschützt, dass der Käufer den Vertrag zu Lasten des Verkäufers unangemessen lange in der Schwebe hält.
Zur Abgrenzung des Kaufs auf Probe vom Mietvertrag mit Kaufoption s BFH vom 16.01.1986, III R 116/83, BStBl II 1986, 467.
Rn. 434a
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Zurechnungswechsel: Mit dem Kauf auf Probe liegt ein Fall des Kaufs unter einer aufschiebenden Bedingung vor, die lediglich vom Willen des (potenziellen) Erwerbers (s Rn 432) sowie der Beschaffenheit der Sache abhängig ist. Der (potenzielle) Erwerber ist zwar bereits im Besitz der Sache und darf sie probeweise nutzen, trägt aber noch nicht die Preisgefahr und die Lasten der Sache.
Beim Kauf auf Probe/auf Besichtigung geht es gerade darum, einen noch unentschlossenen potenziellen Käufer vom Produkt zu überzeugen. Anders als etwa beim Verkauf unter Eigentumsvorbehalt ist der (potenzielle) Erwerber vor Billigung auch noch nicht zur Gegenleistung (Zahlung) verpflichtet. Billigung, Zahlung und Eigentumserwerb (und damit Ausschluss des Verkäufers von der Einwirkung auf die Sache) stellen beim Kauf auf Probe nicht den typischen, für die Zurechnungsfrage zu unterstellenden Geschehensablauf dar. Es ist vielmehr objektiv unsicher, ob es zur Billigung kommt. Wie im Grundfall des Verkaufs unter aufschiebender Bedingung geht auch beim Kauf auf Probe wirtschaftliches Eigentum in der Regel nicht vor Bedingungseintritt (Billigung) auf den Erwerber über.
Rn. 434b
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Gewinnrealisation: Der Übergang der Preisgefahr auf den Käufer ist davon abhängig, ob die aufschiebende Bedingung eintritt, dh hier Billigung durch den Käufer erfolgt; bis dahin verbleibt die Preisgefahr – entsprechend der allgemeinen Grundsätze des Gefahrenübergangs bei aufschiebend bedingten Rechtsgeschäften, s Rn 433 – beim Verkäufer (BGH vom 17.03.2004, VIII ZR 265/03, NJW-RR 2004, 1058; Westermann in Münchener Kommentar BGB, § 454 BGB Rz 7 (8. Aufl 2019)). Die Kaufpreisforderung ist demgemäß erst mit Billigung durch den Käufer zu aktivieren, erst dann ist der Anspruch auf die Gegenleistung "so gut wie sicher" (OFD Münster vom 12.06.1989, S 2132–156-St 11–31, StEK EStG § 4 GewVerw Nr 57; Baetge/Ziesemer/Schmidt in Baetge/Kirsch/Thiele, § 252 HGB Rz 195 (Oktober 2011); Schubert/Berberich in Beck'scher Bilanzkommentar, § 247 HGB Rz 94 (13. Aufl 2022); Tiedchen in H/H/R, § 5 EStG Rz 398 (Dezember 2021); Krumm in Brandis/Heuermann, § 5 EStG Rz 960 "Kaufvertrag" (Mai 2023); explizit auf den Gefahrenübergang stellt Weber-Grellet in Schmidt, § 5 EStG Rz 270 "Kauf auf Probe" 42. Aufl 2023 ab; Gefahrenübergang erfolgt wie dargelegt mit Billigung; auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums stellt ab Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Rz E 92 (5. Aufl 2015); da Übergang der Preisgefahr und wirtschaftliches Eigentum im gleichen Zeitpunkt übergehen, führen alle Lösungen letztlich zum gleichen Ergebnis).
Rn. 435–436
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
vorläufig frei