Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 663
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Objektive Zweckbestimmung:
Die maßgebende objektive Zweckbestimmung eines WG ist anhand objektiver, von außen nachvollziehbarer Merkmale zu ermitteln. Zur Beurteilung der Zweckbestimmung eines WG werden die jeweils konkreten Ausprägungen der folgenden – objektiven – Kriterien herangezogen (BFH v 30.04.1998, III R 29/93, BFH/NV 1998, 1372; BFH v 02.02.1990, III R 165/85, BStBl II 1990, 706; BFH v 05.02.1987, IV R 105/84, BStBl II 1987, 448; BFH v 13.01.1972, V R 47/71, BStBl II 1972, 744; BFH v 25.10.2001, IV R 47, 48/00, BStBl II 2002, 289; BFH v 16.12.2009, IV R 49/07, BFH/NV 2010, 945; BFH v 16.12.2009, IV R 48/07, BFH/NV 2010, 518; BFH v 19.01.2017, IV R 10/14, BStBl II 2017, 466):
- Art oder Natur des WG,
- Art/Geschäftszweig des Unternehmens,
- Art der Verwendung des WG/Funktion im Geschäftsbetrieb,
- uU Dauer der Verwendung/des Verbleibs des WG im Geschäftsbetrieb.
Rn. 664
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Subjektive Zweckbestimmung:
Um die Zweckbestimmung eines WG zutreffend bestimmen zu können, sind neben objektiven sekundär auch subjektive Kriterien heranzuziehen, insb der Wille des Kaufmanns. Die subjektive Absicht einer bestimmten Verwendung bedarf gleichwohl ebenfalls einer von außen nachvollziehbaren Fundierung. Insoweit haben
- die Art der Bilanzierung des WG sowie
- dessen tatsächliche Verwendungsmöglichkeiten
eine (widerlegbare) Indizwirkung für den subjektiven Willen des Kaufmanns. Der subjektive Wille des Kaufmanns kann den Ausschlag geben, wenn die fundiert begründete Absicht besteht, die WG etwa nicht dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen zu lassen und nicht bereits anhand objektiver Kriterien eine gesicherte Zweckbestimmung möglich ist.
Rn. 665
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Revision der Zweckbestimmung: An die einmal getroffene Verwendungsentscheidung ist der Kaufmann nicht gebunden; er kann diese ändern. Die Umwidmungsentscheidung bedarf der zeitnahen Dokumentation (BFH v 25.10.2001, IV R 47,48/00, BStBl II 2002, 289).
Umwidmung zu UV: Die Frage der Umwidmung zu UV stellt sich insb im Zusammenhang mit dem Verkauf von WG des AV. Ein WG des AV ändert seine Zugehörigkeit hierzu nicht allein dadurch, dass es verkauft werden soll (BFH v 03.09.1959, IV 119/58 U, BStBl III 1959, 423; BFH v 31.05.2001, IV R 73/00, BStBl II 2001, 673). Eine Überführung vom AV ins UV erfolgt, wenn das WG seinem bisherigen Wirkungskreis entzogen wird, um es zum Verkauf herzurichten (BFH 08.02.1972, VIII R 9/67, BStBl II 1972, 528; BFH v 26.11.1974, VIII R 61–62/73, BStBl II 1975, 352; vgl auch BFH 12.4.1994, III R 66/89, BStBl II, 576).
Solange die Verkaufsabsicht lediglich neben die fortgesetzte dauernde Nutzung tritt, hat das WG seine bisherige Zweckbestimmung im BV grundsätzlich nicht verloren und bleibt AV (vgl auch R 6.1 Abs 1 S 7, 8 EStR 2012: so lange AV, wie sich die bisherige Nutzung nicht ändert, auch wenn bereits vorbereitende Veräußerungsmaßnahmen zu seiner Veräußerung (Bsp Parzellierung) getroffen wurden). Zu einer Umwidmung zu UV trotz zunächst unveränderter Nutzung kommt es aber dann, wenn sich der Veräußerer nicht auf die bloße Verkaufstätigkeit beschränkt, sondern an der Aufbereitung und Erschließung des Baulands aktiv mitwirkt oder hierauf Einfluss nimmt (BFH v 25.10.2001, I R 47,48/00, BStBl II 2002, 289, hier Beantragung und Finanzierung des Bebauungsplans).
Umwidmung zu AV: ist insb anzunehmen, wenn originär zum Verkauf bestimmte WG einer dauernden Nutzung im Unternehmen zugeführt werden, zB ein Grundstückshändler Immobilien, die ursprünglich zur Veräußerung bestimmt waren, auf Dauer vermietet (BFH v 07.03.1996, IV R 2/92, BStBl II 1996, 369) oder ein Hersteller erzeugte Produkte nicht zum Verkauf, sondern zur Vermietung nutzt (Hersteller-Leasing, BFH v 05.02.1987, IV R 105/84, BStBl II 1984, 448). Bei einem Erwerb eines WG in Veräußerungsabsicht ändert allerdings eine nur vorübergehende Nutzung des WG die Zuordnung zum UV mangels Änderung der Zweckbestimmung grundsätzlich nicht (BFH v 05.12.2002, IV R 57/01, BStBl II 2003, 291; BFH v 28.06.2006, III B 119/05, BFH/NV 2006, 1844; BMF v 26.03.2004, IV A 6-S 2240–46/04, BStBl I 2004, 434 Rz 32).