Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 812
Stand: EL 95 – ET: 05/2012
Ob Ausgaben als Aufwand für das abgelaufene Wj o für eine (bestimmte, s Rn 816ff) Zeit nach dem Abschlussstichtag zu werten sind, ist im Allg danach zu entscheiden, ob der "wirtschaftliche Grund" für die Ausgaben in der Vergangenheit o in der Zukunft liegt, insb ob u inwieweit diese Ausgaben durch bestimmte im abgelaufenen Wj empfangene Gegenleistungen o erst durch künftig zu erwartende Gegenleistungen wirtschaftlich verursacht sind. Die Frage, ob Leistungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses mit zeitbezogenen Gegenleistungen, insb Mietzahlungen im Rahmen eines Mietvertrages, Aufwand für die Zeit nach dem Abschlussstichtag sind, muss nach dem Verhältnis der vom Mieter bisher erbrachten u künftig noch zu erbringenden Mietzinszahlungen zum Wert der v Vermieter bisher erbrachten u künftig noch zu erbringenden Nutzungsüberlassung beurteilt werden. Für diese Wertbestimmung kommt es nicht auf die betriebswirtschaftliche Kostenrechnung, sondern auf das rechtliche, insb schuldrechtliche Verhältnis von Leistung u Gegenleistung an (BFH BStBl II 1976, 622; 1982, 696; Döllerer, BB 1979, 1541, 1542; BB 1980, 1333, 1336; vgl auch BFH BStBl II 1976, 622: Mietzahlungen enthalten keine Vorleistungen des Mieters für die künftige Instandhaltung der Mietsache durch den Vermieter). Die Zahlung des Mieters vor dem Bilanzstichtag muss seinen Anspruch auf Gebrauchsüberlassung für die Zeit nach diesem Tag abgelten.
Beispiel:
(1) |
Der Unternehmer hat Räume gemietet. Er hat die jährliche Miete von 1 200 EUR jeweils am 01.10. eines Kj im Voraus zu bezahlen. Dann treffen von den 1 200 EUR entrichteter Miete, die voll über Aufwand verbucht werden, nur 300 EUR auf das Jahr der Zahlung. Nur diese 300 EUR dürfen den Gewinn des Jahres der Zahlung mindern. Es sind 900 EUR als aktiver RAP anzusetzen. Dieser ist im folgenden Wj durch die Buchung: Mietaufwand an aktiver RAP auszubuchen. |
(2) |
Der Unternehmer hat auf ein Darlehen jährlich im Voraus 600 EUR Zinsen am 01.4. eines jeden Kj zu entrichten. Von den 600 EUR belasten das Zahlungsjahr nur 3/4 = 450 EUR. Es sind 150 EUR als RAP zu aktivieren und im folgenden Jahr über Zinsaufwand aufzulösen. |
Rn. 813
Stand: EL 95 – ET: 05/2012
Da sich das Merkmal der (bestimmten) Zeit nach dem Abschlussstichtag unmittelbar aus dem Rechtsgrund für die Vorausleistung des Entgeltschuldners ergeben muss, kommen aktive RAP im Wesentlichen im Bereich der Dauerschuldverhältnisse vor (Miete, Pacht, Darlehen, Dienstverhältnis); Eigenart solcher Dauerschuldverhältnisse ist, dass das Quantum der nach ihnen geschuldeten Leistungen idR nicht nach Mengen, sondern zeitläufig, nach zeitlicher Dauer, bestimmt ist. In Ausnahmefällen soll auch die Mengenkomponente bestimmend sein, zB im Rahmen eines Ausbeutevertrages zur Mineraliengewinnung (BFH BStBl II 1995, 312). Aktive RAP sind deshalb nur in den Fällen möglich, in denen aufgrund eines gegenseitigen Dauerschuldverhältnisses der Entgeltverpflichtete fällige Vorleistungen an den anderen Vertragsteil erbringt (BFH BStBl II 1973, 565; 1977, 380; 802; 1978, 262; 1979, 625). Entgeltleistungen an einen anderen als denjenigen, der die zeitbestimmte Gegenleistung erbringen muss, rechtfertigen einen aktiven RAP nur dann, wenn auch der Dritte eine zeitbestimmte Gegenleistung zu erbringen hatte u nicht lediglich eine einmalige Gegenleistung. Deshalb kann ein aktiver RAP nicht gebildet werden, wenn an einen Dritten eine Provision für eine einmalige u nicht zeitbestimmte Vermittlungsleistung zu entrichten war (BFH BStBl II 1977, 802; 1979, 625).
Auch im Rahmen von Arbeitsverhältnissen kann sich das Problem des Ansatzes eines aktiven RAP ergeben. S zum Fall des Urlaubsgeldes bei abweichendem Wj BFH BStBl II 1993, 709.
Rn. 814
Stand: EL 95 – ET: 05/2012
Verwaltungsgebühren hingegen, die der Darlehnsnehmer im Zusammenhang mit der Aufnahme des Kredits an den Darlehensgeber zahlt, sollen bei wirtschaftlicher Betrachtung den Geldbeschaffungskosten zuzuordnen u damit als Teil des Entgelts für die Darlehensüberlassung aktiv abzugrenzen sein (BFH BStBl II 1978, 262). Das soll auch für die Bearbeitungsgebühren gelten, die der Bürgschaftsschuldner für die Übernahme der Bürgschaft an die Bank vorauszuentrichten hat (BFH BStBl II 1978, 262 unter Aufgabe der Rechtsgrundsätze in BFH BStBl III 1966, 271; vgl auch H 6.10 EStH 2009). Ein solcher Sachzusammenhang soll hingegen nach BFH BStBl II 1970, 178 bei Provisionen eines Buch- u Schallplattenunternehmers an seine Werber nicht vorliegen, so dass eine aktive Rechnungsabgrenzung nicht in Betracht komme; das Urt geht zutreffend davon aus, es gebe keinen Grundsatz, nach dem alle Aufwendungen durch aktive Rechnungsabgrenzung in dasjenige Wj verlagert werden müssten, in dem die Einnahmen fließen, aus denen die Ausgaben gedeckt werden sollen. Die aktive Rechnungsabgrenzung ist aber auch in den Fällen der Verwaltungsgebühren u der Bearbeitungsgebühren im Zusammenhang mit der Gewährung von Darlehen ausgeschlossen, soweit mit ei...