Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
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Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Durch den Betrieb veranlasste Aufwendungen können auch Aufwendungen sein, bevor BE überhaupt zufließen. Auch im Rahmen von Vorbereitungsmaßnahmen entstehen Aufwendungen. Diese sog vorab entstandenen, vorweggenommenen oder vorausgezahlten Aufwendungen sind BA (zur Kritik an dieser Begriffsbezeichnung aus der Sicht der Rspr s Stapperfend in H/H/R, § 4 EStG Rz 816 (Oktober 2022)). Es ist in der Rspr des BFH daher anerkannt, dass BA anfallen können, bevor im Rahmen einer Einkunftsart Einnahmen erzielt werden (BFH BStBl III 1962, 123; BStBl II 1984, 307; 1988, 992; BFH/NV 1996, 461; 2005, 202). Da derartige Aufwendungen in besonderem Maße durch die subjektiven Vorstellungen der StPfl geprägt sind, kann die Feststellung des objektiv wirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem geplanten Betrieb schwierig sein. Es gelten im Prinzip die gleichen Regeln wie bei den vorab entstandenen WK.
Die subjektiven Vorstellungen, Gewinn zu erzielen, sind an Hand von objektiven Umständen festzustellen, damit eine eindeutige Abgrenzung zu privat veranlassten Aufwendungen möglich ist (BFH BStBl II 1985, 424; 1992, 819; BFH/NV 1993, 16; Stapperfend in H/H/R, § 4 EStG Rz 817 (Oktober 2022)). Von einer Gewinnerzielungsabsicht ist nicht auszugehen, wenn von vornherein aufgrund objektiv feststellbarer Umstände feststeht, dass kein Gewinn erzielt werden kann. Auch fehlt es an einer Gewinnerzielungsabsicht, wenn die Aufwendungen erst später, zB nach Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit, dieser Tätigkeit zugeordnet werden (s Stapperfend in H/H/R, § 4 EStG Rz 817 (Oktober 2022)).
Der StPfl muss die Aufwendungen in der klar erkennbar auf die zukünftige betriebliche Tätigkeit ausgerichteten Vorstellung gemacht haben (FG Nbg vom 02.05.2016, 4 K 15/14, NZB eingelegt Az BFH X B 68/16). Die Aufwendungen müssen daher in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen stehen (BFH BFH/NV 2006, 1654). Eine bloße Aussicht auf eine spätere betriebliche Tätigkeit reicht nicht aus (BFH BFH/NV 1991, 25; Stapperfend in H/H/R, § 4 EStG Rz 817 (Oktober 2022)). Der Zusammenhang muss nach Auffassung der Rspr nicht nur zu einer betrieblichen Tätigkeit bestehen, sondern zu einer konkreten Einkunftsart (BFH BStBl II 1991, 761; 1992, 819; 2004, 597; 2016, 335; BFH/NV 1996, 461; 2005, 202; 2015, 397). Diese Rspr ist überholt. Es muss reichen, wenn der StPfl die Aufwendungen im Zusammenhang mit einer konkreten betrieblichen Beschäftigung, aus der er Gewinne erzielen will, getätigt hat (glA Stapperfend in H/H/R, § 4 EStG Rz 817 (Oktober 2022); Loschelder in Schmidt, § 4 EStG Rz 484 (42. Aufl 2023)). Stehen die Aufwendungen zu mehreren Einkunftsarten in einem Zusammenhang, so sind sie grds notfalls im Wege einer Schätzung aufzuteilen. Ist dies nicht möglich, so sind die gesamten Aufwendungen der Einkunftsart zuzuordnen, zu der bei Würdigung der objektiven Umstände nach Anlass und Wesen die engere sachliche Beziehung besteht (BFH BFH/NV 1994, 157; 2005, 2174).
Der Zusammenhang muss betriebsbezogen bzw einkunftsbezogen sein. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit muss nicht bestehen (BFH BStBl II 1983, 554 zur vergleichbaren Situation bei WK; FG Bln EFG 2003, 1764). Je länger der Zeitraum zwischen der getätigten Aufwendung und der Aufnahme des Betriebs ist, umso schwieriger ist aber der Nachweis, dass noch ein konkreter Zusammenhang zur betrieblichen Tätigkeit bestand (ebenso Stapperfend in H/H/R, § 4 EStG Rz 817 (Oktober 2022)). Vorweg entstandene BA können auch vor der Gründung einer Mitunternehmerschaft entstehen (BFH BFH/NV 1996, 461).
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Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Die Feststellungslast liegt hier grds beim StPfl, da es sich um einen steuermindernden Umstand (BA) handelt (BFH BStBl II 1992, 819 mwN; zu WK BFH BStBl II 2005, 349 mwN). An den Nachweis des Zusammenhangs zwischen Aufwendungen und einer bestimmten Einkunftsart und die klar erkennbare Beziehung zu einer bestimmten Erwerbstätigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen, wenn die Pläne später nicht verwirklicht werden (FG D'dorf EFG 2001, 1023).
In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach dem Verlustausgleich. Grundsätzlich sind die BA, die vorab entstanden sind, in dem VZ abziehbar, in dem sie entstanden sind, unabhängig davon, ob der StPfl die betreffende Tätigkeit bereits in diesem VZ aufgenommen hat. Dabei ist zu beachten, dass bis VZ 1998 uneingeschränkt ein sog horizontaler und sog vertikaler Verlustausgleich möglich war. Durch die Einführung der sog Mindestbesteuerung nach § 2 Abs 3 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 ist der sog vertikale Verlustausgleich in den VZ 1999 bis VZ 2003 eingeschränkt. Ab VZ 2004 ist aufgrund der Streichung der sog Mindestbesteuerung in § 2 Abs 3 S 2ff EStG wieder die Rechtslage vor dem StEntlG geschaffen worden. Dies bedeutet wieder einen uneingeschränkten Verlustausgleich (: die Vorlage der Mindeststeuerregelung an das ...