Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Schrifttum:
Söffing, Gewillkürtes BV, StbJb 1980/81, 451;
Wassermeyer, Die Abgrenzung des BV vom PV, in Söhn (Hrsg), Die Abgrenzung als Betriebs- oder Berufssphäre im ESt-Recht, 315;
Flasskühler, Die Abgrenzung des BV und PV in HB und StB des Einzelkaufmanns, 1982;
Woerner, Notwendiges und gewillkürtes BV, StbJb 1989/90, 207;
Flies, Gewillkürtes BV, StBp 1998, 17;
Schoor, Abgrenzung des notwendigen und gewillkürten BV vom PV, StBp 2005, 102;
Mathäus, Beurteilung nachträglicher Vorgänge im Rest-BV, Ubg 2015, 340;
Kanzler, BV: Umfang, Arten des BV, Begriff des WG, Entnahmen und Einlagen, in Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl 2018, Rz 480ff.
A. Begriffsinhalt
1. Abgrenzung u Bedeutung im Besteuerungssystem
Rn. 49
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Trotz fehlender Legaldefinition (s Rn 8) ist der BV-Begriff für die Einkünfte aus LuF, aus Gewerbebetrieb u aus selbstständiger Arbeit von zentraler Bedeutung, da der gem § 2 Abs 2 Nr 1 EStG zur Besteuerung heranzuziehende Gewinn nach § 4 Abs 1 EStG als Unterschiedsbetrag zwischen dem BV am Schluss des Wj u dem BV am Schluss des vorangegangenen Wj, vermehrt um den Wert der Entnahmen u vermindert um den Wert der Einlagen definiert wird (s Rn 5).
Der Begriff des BV ist unabhängig von der Art der Gewinnermittlung. Insb auch die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG beruht auf der Annahme von BV (BFH v 08.09.1988, IV R 66/87, BStBl II 1989, 32), dessen Wertänderungen allerdings den laufenden Gewinn allenfalls als AfA o AfS beeinflussen (keine Teilwertabschreibung möglich). Gleichwohl muss auch hier der als laufender Gewinn angesetzte Überschuss der BE über die BA durch Entnahmen u Einlagen ergänzt werden (§ 4 Abs 3 S 4 EStG; BFH v 16.01.1975, IV R 180/71, BStBl II 1975, 526 betr die Entnahme u BFH v 31.10.1978, VIII R 196/77, BStBl II 1979, 401 betr die Einlage). Zur Gewährleistung einer Erfassung des gesamten während des Bestehens des Betriebes erzielten Gewinns (Totalgewinns BFH v 24.10.1979, VIII R 49/77, BStBl II 1980, 186) ist ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zu ermitteln. Zur insoweit erforderlichen Übergangsrechnung vgl R 4.6 EStR 2012, Anlage 1 zu R 4.6 EStR 2012 (s Rn 4).
Rn. 50
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Das BV ist in systematischer Hinsicht als Gegensatz zum PV zu verstehen: Begrifflich schlägt sich hier der Dualismus der Einkünfteermittlung nach § 2 Abs 2 EStG nieder (s § 2 Rn 156ff (Handzik)). Wertänderungen des PV haben – zumindest nach systematischer Grundidee der Quellentheorie – nur ausnahmsweise Einfluss auf die Bemessungsgrundlage. IRd Einkünfte aus KapVerm ist die Besteuerung auch realisierter Wertzuwächse des PV seit Einführung der AbgSt allerdings die Regel (§ 20 Abs 2 EStG iVm § 32d Abs 1 EStG). Gleiches gilt für Gewinne aus der Veräußerung im PV gehaltener Anteile an KapGes iSd § 17 EStG u im Übrigen nur innerhalb der Fristen des § 23 Abs 1 Nr 1 EStG (Immobilien) bzw § 23 Abs 1 Nr 2 EStG (andere WG). Dagegen führt die BV-Eigenschaft stets zur "Verstrickung" des betreffenden WG.
Rn. 51
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Das BV-Begriff umfasst als Sammelbegriff alle aktiven und passiven WG (nebst RAP, geleisteten Anzahlungen u Bilanzierungshilfen) u entspricht damit dem EK als Saldogröße in der StB. Die BV-Eigenschaft eines WG setzt voraus, dass dieses dem StPfl personell zuzurechnen ist (s Rn 39ff) und es einen sachlichen Bezug zum "Betrieb" (s Rn 55) aufweist. WG sind idR nicht ihrer Natur nach als Bestandteile eines BV charakterisierbar. Sie gewinnen die BV-Eigenschaft nach Maßgabe der jeweiligen Veranlassung (s Rn 100). Gleichwohl gibt es WG, die ihrer Art nach nur betrieblich genutzt werden können, dh stets einem BV zuzuordnen sind (Bsp Umspannstation eines E-Werkes, Warenzeichen).
Rn. 52
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Die Begründung, Aufrechterhaltung und Beendigung der BV-Eigenschaft eines WG und damit der Umfang des gesamten BV wird durch Handlungen des StPfl bestimmt. Diese sind auf ihre betriebliche Veranlassung hin zu überprüfen. Im Wesentlichen geht es dabei um folgende Handlungen des StPfl, durch die ein persönlicher u/o sachlicher Zusammenhang mit dem Betrieb hergestellt bzw gelöst wird:
- Betriebseröffnung
- Unternehmenserwerb (s § 6 Rn 185ff (Dräger/Müller/Dorn/Hoffmann))
- entgeltlicher Erwerb durch Anschaffung (s § 6 Rn 150ff (Dräger/Dorn/Hoffmann)) oder Herstellung (s § 6 Rn 255ff (Dräger/Dorn/Hoffmann))
- unentgeltlicher Erwerb (s § 6 Rn 1381ff (Dräger/Dorn/Hoffmann)
- Einlage aus dem PV (s Rn 275ff)
- Unternehmensverkauf (s § 16 Rn 14ff (Hörger/Rapp))
- Betriebsaufgabe (s § 16 Rn 63ff (Rapp))
- Veräußerung eines einzelnen WG
- Entnahme (s Rn 230ff).
Mit Loschelder in Schmidt, § 4 EStG Rz 101 (38. Aufl 2019) kann das BV (als Sammelbegriff) definiert werden als Gesamtheit der im (rechtlichen bzw wirtschaftlichen, s Rn 39) Eigentum des Unternehmers stehenden WG (s Rn 599), die in einem Förderungszusammenhang zum Betrieb des StPfl stehen. Die Voraussetzungen für die BV-Eigenschaft sind für jeden VZ erneut zu prüfen. Maßgebend sind die Verhältnisse am Bilanzstichtag.
Rn. 53–54
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
vorläufig frei
2. "Betrieb"
Rn. 55
Stand: EL 139 – E...