Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Schrifttum:
Giloy, Zum Begriff der BE, FR 1975, 157;
Tipke, Zur Abgrenzung zwischen Betriebs- oder Berufssphäre von der Privatsphäre im ESt-Recht, StuW 1979, 183;
Prinz, Veranlassungsprinzip, StuW 1996, 267;
Schneider, Die BE bei der Einnahme-Überschussrechnung, BuW 2004, 365;
Happe, Die Einnahme-Überschussrechnung, Herne 2023.
Verwaltungsanweisungen:
R 4.5 Abs 2 EStR 2012;
H 4.5 Abs 2 EStH 2021;
OFD Magdeburg, DStR 2002, 1046 (Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die ehrenamtlichen Mitgliedern der sog verkammerten Berufe für die Mitarbeit in den Kammern gewährt werden);
BMF BStBl I 2003, 240 (Ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen);
BMF BStBl I 2004, 526 (Steuerliche Behandlung der Praxisgebühr bei der Gewinnermittlung);
OFD Han, StEd 2004, 236 (Ertragsteuerliche Behandlung der Entschädigungen für die Inanspruchnahme von luf Grundbesitz);
OFD Han vom 31.01.2006, S 2240–186-StO 221/S 7104–141-StO 171 (Steuerliche Behandlung von Blockheizkraftwerken);
OFD Han vom 26.11.2008, S 2190–160-StO 221/StO 22 (Einkommensteuerliche Beurteilung von Photovoltaikanlagen);
OFD Ffm vom 14.05.2014, S 2120 A-2-St 210 (ESt-rechtliche Behandlung von Preisgeldern);
LfSt Bayern vom 30.07.2014, S 2240.1.1–4St 32 (Leitfaden Fotovoltaik im Steuerrecht);
LfSt Bayern vom 04.06.2021, ohne Az (Liebhabereiwahlrecht bei kleinen Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerken, Merkblatt);
BMF vom 29.10.2021, BStBl I 2021, 2202 (Gewinnerzielungsabsicht bei kleinen Photovoltaikanlagen und vergleichbaren Blockheizkraftwerken).
A. Einführung
Rn. 1560
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Im Gesetz findet sich keine Begriffsbestimmung für die BE (BFH BFH/NV 2015, 486). Der Begriff BE wird nur an einigen Stellen erwähnt (zB § 4 Abs 3 S 1, § 9b Abs 2 EStG). Im Gegensatz zB zum Begriff Einkünfte im ESt-Recht, der im Gesetz mit unterschiedlichen Inhalten belegt ist, wird der Begriff BE im ESt-Recht von der Rspr einheitlich verwandt.
B. Begriffsbestimmung
Rn. 1561
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Die Rspr bestimmt in Anlehnung an die Begriffsbestimmung für BA in § 4 Abs 4 EStG die BE als Wertzugang in Geld und Geldeswert, der durch den Betrieb veranlasst ist und keine Einlage iSd § 4 Abs 1 S 5 EStG darstellt (mittlerweile st Rspr zB BFH BStBl III 1964, 183; BStBl II 1974, 210; 1996, 273; 1998, 621; 2006, 650; 2008, 356; 2010, 548; 2010, 550; 2012, 498; 2019, 311; 2023, 319; BFH/NV 1998, 1476; 2003, 43; 2015, 486).
Diese Begriffsbestimmung gilt einheitlich für alle Gewinnermittlungsarten (BFH BStBl II 2008, 356). In ihr kommt zum Ausdruck, dass nur diejenigen Einnahmen dem Ertrag zugerechnet werden können, die auf betrieblich veranlassten Zugängen beruhen. Zwar lehnt sich diese Begriffsdefinition an die der Einnahme in § 8 Abs 1 EStG an; jedoch wird auf den Zufluss der Einnahme – der in § 8 Abs 1 EStG von Bedeutung ist – iRd Definition der BE verzichtet. Dies geschieht zu Recht, da iRd Bestandsvergleichs der Zufluss nicht maßgeblich ist, jedoch die BE einheitlich für alle Gewinnermittlungsarten gilt.
Rn. 1562
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Wertzugänge in Geldeswert sind alle nach objektiven Merkmalen in Geld ausdrückbaren Vorteile, die einen wirtschaftlichen und nicht nur einen ideellen Wert besitzen und damit eine objektive Bereicherung des Zuwendungsempfängers zur Folge haben (vgl BFH BStBl II 1983, 39; 1988, 995). Geldwerte Güter sind somit zumindest solche Vorteile, die Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein können.
Rn. 1563
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Es kommt nicht darauf an, dass die Einnahme auf einem konkreten Leistungsbeitrag des StPfl beruht oder sonst wie eine zivilrechtliche Qualifikation der Leistung voraussetzt. Sog Eigenprovisionen eines Versicherungsvertreters sind daher als BE zu erfassen (BFH BStBl II 1998, 618).
Rn. 1564
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Die oben genannte von der Rspr vertretene Begriffsbestimmung ist jedoch mit Schwächen behaftet. Sie geht – wie folgende Argumente zeigen – zu weit:
- So wird nicht jeder Wertzugang in Geldeswert als BE erfasst. Dies gilt iRd Überschussrechnung für die Gegenleistung bei einer BA (zB Kauf einer Maschine für den Betrieb). Die Maschine, obwohl ein Wertzugang in Geldeswert, wird nicht als BE erfasst. Dies liegt zwar an der einfachen Erfassung des Geschäftsvorfalles; gleichwohl müsste es sich nach der Definition um eine BE handeln (Bode in Kirchhof/Seer, § 4 EStG Rz 139 (22. Aufl 2023)).
- Nicht jeder Wertzugang in Geld, der betrieblich veranlasst ist, stellt eine BE dar. Nur erfolgswirksame Wertzugänge sind BE. Dies wird deutlich bei der Aufnahme eines betrieblichen Darlehens. Der Betrieb erhält zwar den Darlehensbetrag. Trotzdem ist der Wertzugang nicht erfolgswirksam. Wie beim Bestandsvergleich deutlich wird, werden durch die Darlehensaufnahme nur die Aktiva und Passiva im gleichen Umfang erhöht, ohne dass sich der Erfolg dabei verändert (vgl BFH BStBl II 1970, 44; 1991, 228; Bode in Kirchhof/Seer, § 4 EStG Rz 139 (22. Aufl 2023)).
- Auch Forderungen stellen Wertzugänge dar. Aber auch sie werden grds nicht als BE iRd Überschussrechnung erfasst (s Rn 1547). Es handelt ...