Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Schrifttum:
Tipke, Das Nettoprinzip – Angriff und Abwehr, dargestellt am Bsp des Werktorprinzips, BB 2007, 1525;
Fehling, Die GewSt nach der Unternehmensteuerreform 2008, NWB F 5, 1617;
Herzig/Lochmann, Unternehmensteuerreform 2008 – Wirkung des neuen Systems zur Entlastung gewerblicher Personenunternehmen von der GewSt, DB 2007, 1037;
Kollruss, Abzug ausländischer GewSt ab BA in Deutschland trotz Nichtabzugsfähigkeit deutscher GewSt nach § 4 Abs 5b EStG, BB 2008, 1373;
Quinten/Anton, Nichtabzugsfähigkeit der GewSt als BA – Analyse der Verfassungsmäßigkeit, NWB 2012, 4227;
Nöcker, Gewerbesteuerabzugsverbot – als Steuervereinfachung verfassungsgemäß?, FR 2016, 73.
Verwaltungsanweisungen:
OFD Ffm vom 18.03.2011, S 2137 A-63-St 210 (GewSt-Rückstellungen, Auswirkungen des § 4 Abs 5b EStG);
OFD Han vom 18.05.2009, S 2137–135-StO 221/222 (Bildung von GewSt-Rückstellungen/-forderungen in der StB, Größenmerkmal BV, Auswirkungen des § 4 Abs 5b EStG);
OFD Münster vom 10.06.2009, Kurzinfo ESt Nr 018/2009, DStR 2009, 1312 (Bildung einer GewSt-Rückstellung in der StB; Auswirkungen des § 4 Abs 5b EStG idF UntStRefG 2008; maßgebliches iSd § 7g Abs 1 S 2 Nr 1 Buchst a EStG);
BMF vom 10.12.2012, BStBl I 2012, 1174 (Vorläufigkeitsvermerk);
BMF vom 11.12.2014, BStBl I 2014, 1571 (Vorläufigkeitsvermerk).
A. Rechtsentwicklung und Allgemeines
Rn. 2075
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Die Vorschrift des § 4 Abs 5b EStG wurde aufgrund des UntStRefG 2008 (BGBl I 2007, 1912) eingefügt. Sie sieht die Abschaffung des Abzugs der GewSt als BA vor. Sie stellt eine Sonderregelung zu § 4 Abs 4 EStG dar. Als Gewinnermittlungsvorschrift ist sie auch von den StPfl zu beachten, die ihren Gewinn nach §§ 4 Abs 1, 5 EStG ermitteln (BT-Drucks 16/4841, 47). § 12 Nr 3 EStG und § 10 Nr 2 KStG werden nicht berührt (BT-Drucks 16/4841, 47). Sie ist verstößt zwar gegen das objektive Nettoprinzip; gleichwohl ist sie verfassungsgemäß (BFH BStBl II 2014, 531; 2015, 1046; Müller-Gatermann FR 2018, 389, 400).
Die handelsrechtlich zu bildenden GewSt-Rückstellungen sind nach Auffassung der Verwaltung auch in der StB zu berücksichtigen. Nur werden sie dann außerbilanziell wieder hinzugerechnet. Dies soll nicht nur für die StPfl gelten, für die § 5 Abs 1 S 1 EStG gilt, sondern auch für StPfl, die ihren Gewinn nach § 4 Abs 1 EStG ermitteln und für die § 5 Abs 1 S 1 EStG nicht gilt (OFD Ffm vom 18.03.2011, S 2137 A-63-St 210; OFD Han vom 18.05.2009, S 2137–135-StO 221/222). Diese Ansicht der Verwaltung kann trotz der außerbilanziellen Korrektur steuerliche Folgen haben. So dürften bei Vorschriften, die auf das Größenmerkmal des BV abstellen, die GewSt-Rückstellungen zu berücksichtigen sein (zB bei § 7g Abs 1 S 2 Nr 1 Buchst a EStG; OFD Han vom 18.05.2009, S 2137–135-StO 221/222).
Nach der Gesetzesbegründung soll die Abschaffung des Abzugs der Verbesserung der Steuerbelastungstransparenz dienen (BT-Drucks 16/4841, 47). Nach der bisher geltenden Rechtslage vermindert die GewSt ihre eigene Bemessungsgrundlage. Weiterhin wird sie nach geltendem Recht auch von der Bemessungsgrundlage für die ESt und für die KSt abgezogen. Dies erforderte bisher einen erheblichen Berechnungsaufwand und erschwerte es den Beteiligten, die wirkliche steuerliche Belastung zutreffend zu ermitteln. Mit der Neuregelung entfällt der GewSt-Abzug bei der ESt (§ 4 Abs 5b EStG), bei der KSt (§ 8 Abs 1 KStG iVm § 4 Abs 5b EStG) und bei der GewSt (§ 7 S 1 GewStG iVm § 4 Abs 5b EStG).
Weiterhin wird nach der Gesetzesbegründung durch die Neuregelung auch die Beeinflussung des ESt- und KSt-Aufkommens durch die GewSt vermindert. Dies trage zu einer klareren Abgrenzung der Ertragshoheiten bei der ESt, der KSt und der GewSt bei (BT-Drucks 16/4841, 47).
Die Regelung des § 4 Abs 5b EStG ist im Zusammenhang mit der Reduzierung des GewSt-Messbetrages durch das UntStRefG 2008 zu sehen. Als gewinnerhöhende Maßnahme wirkt die Neuregelung auf den Gewerbeertrag, so dass der Einnahmeausfall teilweise kompensiert wird.
B. Keine Betriebsausgabe
Rn. 2076
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Nach der Systematik der Neuregelung soll es sich bei der GewSt nicht um eine BA handeln (§ 4 Abs 5b EStG). Diese systematische Einordnung durch den Gesetzgeber wurde bereits iRd Sachverständigenanhörung im Finanzausschuss stark kritisiert. Den Kritikern ist zuzustimmen. Es handelt sich bei der GewSt um betrieblich veranlasste Aufwendungen iSv § 4 Abs 4 EStG. Schon seit dem 19. Jahrhundert wird daher der Abzug der GewSt als BA anerkannt. Auch der BFH geht stets davon aus, dass es sich um BA handelt (so schon BFH BStBl III 1961, 63; BStBl II 1980, 692).
Die Vorschrift hätte daher systematisch in § 4 Abs 5 EStG aufgenommen werden müssen.
§ 4 Abs 5b EStG steht dem Abzug der GewSt als BA nur bei dem Schuldner der GewSt entgegen, nicht auch bei demjenigen, der sich vertraglich zur Übernahme der GewSt-Belastung verpflichtet (BFH BFH/NV 2019, 619 mit Anm Nöcker, FR 2019, 614, 617).
Bei der Ermittlung von Veräußerungsgewinnen iSd § 16 Abs 1 Nr 2 EStG ist das Abzugsverbot des § 4 Abs 5b EStG anzuwenden (so FG Münster EFG 2017, 42, aus anderen Gründen a...