Schrifttum:
Goydke, LSt-Haftung des Entleihers bei ArbN-Überlassung nach dem StBereinG 1986, DStZ 1986, 68;
Klöckner, Ausgewählte Fragen zum StBereinG 1986, StW 1986, 62;
Reinhart, Haftung bei ArbN-Überlassung für LSt der Leih-ArbN, BB 1986, 500;
Stahl, Entleiherhaftung für LSt, KÖSDI 1986, 6227;
Mösbauer, Zur Haftung des Entleihers von ArbN für deren LSt, FR 1996, 281;
Schubert, Haftung für überlassene Mitarbeiter, AuA 2007, 680;
Bruschke, Die Haftung des Entleihers bei ArbN-Überlassung, StB 2014, 389.
Verwaltungsanweisungen:
R 42d.2 LStR 2015; H 42d.2 LStH 2021.
1. Allgemeines
Rn. 98
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Die Abs 6–8 des § 42d EStG wurden durch das StBereinG 1986 v 19.12.1985 angefügt. Sie sollen die Lücken schließen, die sich aus der Rspr des BFH ergeben. Der BFH hatte – entgegen der bis dahin vertretenen Verw-Auffassung – im Urteil v 02.04.1982 (BFH BStBl II 1982, 502) entschieden, dass auch in den Fällen der unerlaubten ArbN-Überlassung der Entleiher nicht als ArbG der entliehenen ArbN anzusehen ist und deshalb auch nicht für die nicht abgeführte LSt haftungsweise in Anspruch genommen werden kann, es sei denn, der Arbeitslohn werde vom Entleiher gezahlt. Arbeitsrechtlich sind gemäß § 9 Nr 1 AÜG zwar die Verträge zwischen Verleiher, Entleiher und Leih-ArbN bei illegaler ArbN-Überlassung unwirksam mit der Folge, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leih-ArbN als zustande gekommen gilt, § 10 Abs 1 AÜG. Gemäß § 41 Abs 1 S 1 AO gilt jedoch diese arbeitsrechtliche Fiktion steuerrechtlich nicht, soweit und solange die Beteiligten den wirtschaftlichen Erfolg des unwirksamen Rechtsgeschäftes eintreten lassen (BFH BStBl II 1982, 502). Danach entfiel grundsätzlich eine Haftung des Entleihers.
Diese Entscheidung des BFH war wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch unerwünscht. Insbesondere bei illegaler ArbN-Überlassung und Verleih aus dem Ausland wurde LSt oftmals weder einbehalten noch abgeführt. Eine Vollstreckung beim Verleiher war praktisch unmöglich. Es gab insoweit überhaupt keine Haftung, da der ausländische Verleiher nicht einmal als ArbG nach § 42d Abs 1 EStG haftete, da nach § 38 Abs 1 EStG aF keine LSt einzubehalten und abzuführen war.
Durch die Neufassung des § 38 Abs 1 EStG ist auch der ausländische Verleiher dem LSt-Abzug unterworfen, sodass sowohl inländische als auch ausländische Verleiher als ArbG für die LSt ihrer Leih-ArbN gemäß § 42d Abs 1 EStG haften. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine erlaubte oder unerlaubte ArbN-Überlassung handelt. Die Haftung auf die LSt beschränkt sich allerdings auf die Zeit, für die der ArbN überlassen worden ist.
Die wesentliche Neuerung der (neuen) gesetzlichen Regelung ist die Entleiherhaftung nach § 42d Abs 6–8 EStG. Danach haftet der Entleiher als Gesamtschuldner neben dem Verleiher und dem Leih-ArbN. Trotz der gesamtschuldnerischen Haftung darf der Entleiher aber erst dann auf Zahlung in Anspruch genommen werden, wenn die Vollstreckung in das inländisch bewegliche Vermögen des Verleihers fehlgeschlagen ist oder keinen Erfolg verspricht (vgl § 42d Abs 6 S 6 Hs 1 EStG). Eine Zahlungsaufforderung an den Entleiher darf auch erst ergehen, wenn ein Vollstreckungsversuch gegen den Verleiher im Inland unternommen worden ist oder die Aussichtslosigkeit einer Vollstreckung gegen den Verleiher feststeht. Der Entleiher haftet aber gleichrangig neben dem ArbN (§ 42d Abs 6 S 6 Hs 2 EStG).
Ferner besteht für das FA die Möglichkeit, den Entleiher zu verpflichten, einen bestimmten Teil des vereinbarten Überlassungsentgelts einzubehalten und abzuführen. Bis zur Höhe von 15 % des vereinbarten Überlassungsentgelts ohne USt kann diese Sicherungsanordnung mündlich ergehen und bedarf keiner Begründung, § 42d Abs 8 EStG.
2. Haftung des Entleihers (§ 42d Abs 6 S 1 EStG)
Rn. 99
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Der Entleiher haftet nach § 42d Abs 6 EStG wie der Verleiher (ArbG), jedoch beschränkt auf die LSt für die Zeit, für die ihm der Leih-ArbN überlassen worden ist. Die Haftung des Entleihers richtet sich daher nach denselben Grundsätzen wie die Haftung des ArbG. Sie ist akzessorisch und scheidet somit aus, wenn der Verleiher als ArbG nicht haften würde (Eisgruber in Kirchhof/Seer, § 42d EStG Rz 58, 20. Aufl; R 42d.2 Abs 2 S 3 LStR 2015). Damit entfällt eine Haftung des Entleihers in den Fällen des § 40 Abs 3 EStG.
Die Haftung des Entleihers kommt nur bei einer ArbN-Überlassung nach § 1 AÜG in Betracht, wenn sie durch eine natürliche oder juristische Person erfolgt, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Auf die Gewerbsmäßigkeit der ArbN-Überlassung iSd des Gewerberechts kommt es für die Erlaubnispflicht der ArbN-Überlassung nicht mehr an (BR-Drucks 302/12, 91). Diese Neuregelung durch das AmtshilfeRLUmsG v 26.06.2013 (BGBl I 2013, 1809) gilt mit Wirkung vom 01.01.2013.
Für die Zeiträume davor gilt, dass eine Inanspruchnahme nur bei gewerbsmäßiger ArbN-Überlassung nach § 1 AÜG in Betracht kommt. Gewerbsmäßig ist die ArbN-Überlassung immer dann, wenn der Verleiher ArbN nicht nur gelegentlich von Fall zu Fall zur Arbeitsleistung in einem fremden Betrieb ...