A. Rechtsentwicklung
Rn. 1
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Anlässlich der ESt-Reform 1975 wurde § 42d EStG als umfassende Vorschrift über die Haftung des ArbG für die Einbehaltung und Abführung der LSt in das EStG eingeführt. Die Vorschrift gilt mit Wirkung vom Kj 1975 an, § 52 Abs 1 EStG 1975.
Durch das StBereinG 1986 v 19.12.1985 (BGBl I 1985, 2436) wurde § 42d EStG erweitert. Es wurden die Abs 6–8 angefügt, die die Haftung bei gewerbsmäßiger ArbN-Überlassung regeln. Die Vorschriften gehen zurück auf den Regierungsentwurf eines G zur Einführung einer Entleiherhaftung für LSt der Leih-ArbN (BT-Drucks 10/4119), der gemeinsam mit anderen Gesetzesvorlagen im StBereinG 1986 zusammengefasst wurde. § 42d EStG in der Form des StBereinG 1986 enthält Bestimmungen über die Haftung des ArbG, zur Nachforderung gegenüber dem ArbN und zur Entleiherhaftung.
Durch das StReformG 1990 vom 08.07.1988 (BGBl I 1988, 1093) ist in § 42d Abs 2 Nr 3 EStG festgelegt, dass der ArbG nicht für Nachforderungen haftet, soweit aufgrund des § 19a Abs 2 S 2 EStG eine Nachversteuerung in den von ArbG oder Kreditinstituten angezeigten Fällen durchzuführen ist. Deswegen erfolgten redaktionelle Änderungen.
Durch das StÄndG 2003 v 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645) wurde § 42d Abs 1 EStG um eine Nr 4 ergänzt, die eine Haftung für LSt vorsieht, die ein Dritter zu übernehmen hat. Weiterhin wurde ein Abs 9 angefügt, der eine gesamtschuldnerische Haftung in den Fällen des § 38 Abs 3a EStG vorsieht.
Aufgrund des JStG 2007 v 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878) erfolgte eine Anpassung von § 42d Abs 6 S 2 EStG an eine Änderung des AÜG.
Mit dem BeitrRLUmsG v 07.12.2011 (BGBl I 2011, 2592) wurde in § 42d Abs 2 EStG eine Folgeänderung aufgrund der Neufassung des § 39 EStG vorgenommen.
Mit dem AmtshilfeRLUmsG v 26.06.2013 (BGBl I 2013, 1809) wurde der Anwendungsbereich des § 42d Abs 6 EStG erweitert. Er erfasst nun natürliche und juristische Personen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht. Daher stellt § 1 Abs 1 S 1 AÜG nunmehr darauf ab, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird. Auf die Gewerbsmäßigkeit der ArbN-Überlassung iSd des Gewerberechts kommt es für die Erlaubnispflicht der ArbN-Überlassung nicht mehr an. Aus Gründen der Gleichbehandlung soll der erweiterte Verleiherkreis in die steuerlichen Regelungen einbezogen werden (BR-Drucks 302/12, 91).
B. Bedeutung des § 42d EStG
Rn. 2
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Der ArbN ist beim LSt-Abzug, weil es sich hier im Ergebnis um seine ESt handelt, der eigentliche Steuerschuldner, § 38 Abs 2 EStG. Der ArbG ist im LSt-Verfahren jedoch Haftungsschuldner, da anderenfalls die ihm im LSt-Verfahren auferlegten Pflichten wirkungslos wären. Der ArbG steht gemäß §§ 38ff EStG gegenüber dem Fiskus in einem öffentlich-rechtlichen Auftrags- und Treuhandverhältnis (vgl Offerhaus, BB 1982, 793; Schick, BB 1983, 1041, 1044). Die LSt-Haftung bezweckt das Funktionieren des LSt-Abzugsverfahrens (vgl BVerfG v 17.02.1977, 1 BvR 33/76, BVerfGE 44, 103) und die Sicherung der Steuerforderung gegenüber den ArbN zur Vermeidung von Steuerausfällen (Krüger in Schmidt, § 42d EStG Rz 1, 40. Aufl).
Die Haftung hat Schadensersatz- und keinen Strafcharakter. Aus diesem Grunde kann nur für gesetzlich geschuldete LSt und nicht für gesetzwidrig zu hoch einbehaltene LSt gehaftet werden (BFH BStBl II 1993, 775; FG BBg v 23.2.2017 4 K 4109/15).
Die LSt-Haftung des ArbG nach § 42d EStG ist nicht das einzige Mittel der Inanspruchnahme für LSt-Schulden. Das FA hat mehrere Möglichkeiten, die Steuerschulden einzufordern. Sie kann den Steuerschuldner selbst in Anspruch nehmen. Dies erfolgt durch einen Steuerbescheid gegen den ArbN. Entweder erfolgt dies iRd Veranlagung, oder das FA erlässt einen Nachforderungsbescheid nach § 167 Abs 1 S 1 AO. Daneben kann das FA des Weiteren ebenfalls einen Nachforderungsbescheid gegen den ArbG nach § 167 Abs 1 S 1 AO erlassen (s BFH BStBl II 2004, 1087; auch s Schulze-Osterloh in Gedächtnisschrift für Trzaskalik, 2005, 151). Als weiteres Instrumentarium kommt für das FA ein Pauschalierungsbescheid nach den §§ 40ff EStG in Betracht. Auch mit dieser Form kann die LSt vom ArbG erlangt werden. Darüber hinaus kommt als weitere Möglichkeit neben einer Haftung nach § 42d EStG ggf auch eine Haftung für die LSt nach §§ 34, 69 AO in Betracht.
Die Wahl der Inanspruchnahmeform des ArbG hat weitreichende Konsequenzen. Während es sich bei dem Nachforderungsbescheid um eine Steuerfestsetzung handelt, die nach § 167 Abs 1 S 1 AO ohne Ermessensausübung erfolgt (vgl zB BFH BStBl II 2004, 1087; BFH/NV 2009, 1237; 2012, 695; zur Kritik s Drüen, DB 2005, 299; DStR-Beilage 41/2012, 87 f; Heuermann, StuW 2006, 332; Cöster in Koenig, AO, 3. Aufl 2014, § 167 AO Rz 13 ff; Nacke, DStR 2013, 335; Drüen, FR 2019, 1024), kommt eine Haftung nach §§ 34, 69 AO nur in Betracht, wenn die Behörde ihr Ermessen ordnungsgemäß ausübt und der Geschäftsführer auch schuldhaft gehandelt hat. Auch die Haftung nach § 42d EStG ist eine Haftungsnorm, deren Anwendung die...