Rn. 140
Stand: EL 141 – ET:
Der § 44a Abs 10 EStG regelt in den S 1–3, unter welchen Bedingungen ein Steuerabzug bei der Auszahlung von KapErtr iSv § 43 Abs 1 S 1 Nr 1a EStG unterbleiben kann. Dies ist der Fall, wenn entweder
Im letzteren Fall beschränkt sich die Abstandnahme auf zwei Fünftel der KapErtr.
Eine Bescheinigung nach § 44a Abs 5 EStG berechtigt nicht mehr zur Abstandnahme vom Steuerabzug (Frey/Schober, DStR 2021, 2675).
Es handelt sich hier um die Fälle, in denen eine Sammelverwahrung nach § 5 DepotG oder eine Sonderverwahrung nach § 2 DepotG erfolgt, oder um Erträge, die auf vorgelegte Dividendenscheine ausgezahlt werden.
§ 44a Abs 10 EStG, der durch das OGAW-IV-UmsG v 22.06.2011, BGBl I 2011, 1126 eingefügt wurde, zieht die verfahrenstechnischen Folgen aus der gleichzeitigen Einführung des § 43 Abs 1 S 1 Nr 1a EStG. Durch Art 3 des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v 11.12.2018, BGBl I 2018, 2338 wurde § 44a Abs 10 S 1 Nr 3 EStG (jetzt: § 44a Abs 10 S 1 Nr 2 EStG) um eine Regelung ergänzt, die abweichend vom ersten Halbsatz der Vorschrift trotz Vorlage einer Bescheinigung der auszahlenden Stelle keine vollständige Abstandnahme vom Steuerabzug mehr vorsieht, wenn die KapErtr höher als EUR 20 000 sind, es sei denn dass der Gläubiger der KapErtr zum Zeitpunkt des Zuflusses der Erträge seit mindestens einem Jahr ununterbrochen wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien oder Genussscheine ist. Ist Letzteres nicht der Fall, so ist ein Steuerabzug in Höhe von drei Fünfteln des KapSt-Satzes vorzunehmen.
Aus der gesetzlichen Formulierung "soweit" ergibt sich der Schluss, dass die Grenze von EUR 20 000 einen Freibetrag darstellt, so dass der KapSt-Abzug nur für die Erträge jenseits der EUR 20 000 greift.
Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass steuerbegünstigte Anleger offenbar in großem Umfang Aktien vor dem Dividendenstichtag von beschränkt StPfl erworben haben, die man nach Erhalt der Dividende wieder zurückgab. Auf Grund der bisherigen Regelung wurde dabei keine KapSt einbehalten. Dabei sind offenbar auch die Anzeigepflichten nach § 36a Abs 4 EStG nicht beachtet worden. Ob ein Rückgriff der FinVerw auf die steuerbegünstigte Körperschaft erfolgreich sein kann, hängt von deren Vermögenssituation ab. Die ohne Steuerabzug erhaltenen Dividenden dürften jedenfalls in vollem Umfang an die beschränkt StPfl weitergleitet worden sein.
Durch die Neuregelung wird eine solche Vorgehensweise ab dem 01.01.2019 nicht mehr möglich sein.
Wird im Veranlagungsverfahren nachgewiesen, dass der Gläubiger der KapErtr die Voraussetzungen des § 36a Abs 1–3 EStG erfüllt, wird die einbehaltene KapSt erstattet; vgl § 44b Abs 2 idF ab 01.01.2019.
Zudem wird bis zum 31.12.2019 nicht beanstandet, wenn bei Gläubigern nach § 44a Abs 7 S 1 Nr 1 EStG mit KapErtr iSd § 43 Abs 1 S 1 Nr 1a EStG ein Steuerabzug von 15 % auch dann vorgenommen wird, wenn die KapErtr einen Betrag von EUR 20 000 nicht übersteigen; vgl BMF v 17.12.2018, BStBl I 2018, 1399. Auf das Erstattungsverfahren nach § 44b Abs 5 EStG wird verwiesen.
Die gleiche Problematik tritt auf in den Fällen einer entsprechenden Anwendung der Abstandnahme vom KapSt-Abzug bei Vorliegen eines Feststellungsbescheides nach § 60a AO; vgl BMF v 03.04.2019, IV C 1 – S 2405/0:008, BStBl I 2018, 1399. Auch in diesen Fällen ist nach der Verwaltungsregelung ein Abzug von 15 % nur vorzunehmen, soweit die KapErtr iSd § 43 Abs 1 S 1 Nr 1a EStG EUR 20 000 übersteigen und der Gläubiger der KapErtr nicht seit mindestens einem Jahr wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien oder Genussscheine ist.
Die Aufhebung der Regelung des bisherigen § 44a Abs 10 S 1 Nr 2 (alt) EStG ist die gesetzgeberische Abwehr spezieller Cum/Cum-Gestaltungen, mit denen durch die gezielte Nutzung von Dauerüberzahlungsbescheinigungen eine Dividendenbesteuerung vermieden wurde. Dazu reichte es, die Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag auf einen inländischen Inhaber einer Dauerüberzahlerbescheinigung zu übertragen und den Vorgang nach Dividendenzahlung rückabzuwickeln (Hörster, NWB 2021, 1586 [1587]). Mit der Neuregelung entfaltet die Dauerüberzahlerbescheinigung ihre Wirkung nur noch im Veranlagungsverfahren.
Rn. 141
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Bei der Auszahlung von KapErtr nach § 43 Abs 1 S 1 Nr 1a EStG an einen ausländischen Zwischenverwahrer sind von der für den Steuerabzug zuständigen auszahlenden Stelle auf Antrag der letzten inländischen Stelle, der Hausbank des Gläubigers der KapErtr, Sammelsteuerbescheinigungen nach amtlichem Muster auszustellen; damit wird die Steuerbescheinigung nur noch von demjenigen ausgestellt, der auch die KapSt abgeführt hat; Ronig, NWB 2012, 835 Abs 3a (837); zu den Problemen einer Anforderung der Beschein...