A. Inanspruchnahme des Leistungsempfängers
Rn. 63
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Gemäß § 48a Abs 3 S 1 EStG haftet der Leistungsempfänger für einen nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag (kritisch: Diebold, DStR 2002, 1336). Zum Begriff des Leistungsempfängers s § 48 Rn 66ff (Wienbergen). Der Abzugsbetrag ist "nicht" oder "zu niedrig" abgeführt, wenn er nicht dem gesetzlich angeordneten Einbehalt gemäß § 48 Abs 1 S 1 EStG entspricht (s § 48 Rn 142ff (Wienbergen)).
Die Formulierung, dass der Leistungsempfänger für den zu niedrig abgeführten Betrag haftet, ist ungenau. Zutreffender ist die Aussage, dass der Leistungsempfänger für die Differenz zwischen dem abzuführenden und dem tatsächlich abgeführten Betrag haftet (vgl Schroen, NWB Fach 3, 11 683). Über den so umschriebenen Haftungsumfang hinaus haftet der Leistungsempfänger nicht. Insbesondere kann er nicht für darüber hinausgehende Steuerausfälle auf Seiten des Leistenden herangezogen werden. Ob der Betrag ordnungsgemäß angemeldet wurde, ist für den Haftungstatbestand unerheblich. Es kommt auf den abgeführten Betrag an.
Rn. 64
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Die Haftung entsteht zeitlich, wenn der Abzugsbetrag nicht bis zum 10. Tag nach Ablauf des Anmeldungszeitraums abgeführt worden ist.
Führt der Leistungsempfänger den (zutreffenden) Abzugsbetrag nicht an das örtlich zuständige FA (das für den Leistenden zuständige FA), sondern an ein anderes FA ab, löst dies den Haftungstatbestand nicht aus (ebenso: Kaeser in K/S/M, § 48a EStG Rz D2 (Februar 2004); Ebling in Brandis/Heuermann, § 48a EStG Rz 90 (Mai 2021)).
Rn. 65
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Der Haftungstatbestand ist erfüllt, wenn die Voraussetzungen des § 48a Abs 3 EStG und die der allgemeinen Haftungsvorschrift in § 191 AO gegeben sind. § 48a Abs 3 EStG ist als Verweisung auf das allgemeine Haftungsrecht zu verstehen (vgl FG D´dorf v 23.06.2014, 12 K 748/13 H; FG Münster v 12.07.2012, 13 K 2592/08, EFG 2012, 1938). Zu den Besonderheiten bzgl der Akzessorietät gemäß § 191 Abs 5 AO s Rn 68.
Rn. 66
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Die Haftung ist grds von einem Verschulden des Leistungsempfängers unabhängig, jedenfalls wenn ihm keine Freistellungsbescheinigung vorgelegen hat (BFH I R 46/17, BStBl II 2020, 552, Verfassungsbeschwerde eingelegt, Az des BVerfG: 2 BvR 1392/20; Tz 70 BMF BStBl I 2022, 1229; Bruschke, StB 2002, 130; Apitz, StBp 2002, 322). Wenn dem Leistungsempfänger von dem Leistenden eine Freistellungsbescheinigung vorgelegt wurde, greift der Haftungsausschluss gemäß § 48a Abs 3 S 2 EStG ein, wenn der Leistungsempfänger auf die Freistellungsbescheinigung vertrauen durfte.
Rn. 67
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Auch wenn die Gegenleistung durch einen Dritten erbracht wird, haftet der Leistungsempfänger für den nicht ordnungsgemäßen Steuerabzug (Tz 70 BMF BStBl I 2022, 1229).
Beispiel:
Der Mieter A verursacht Schäden an dem Gebäude des Eigentümers B. Der von B beauftragte Bauunternehmer C repariert die Schäden. Die Versicherung des A bezahlt den C, ohne den Steuereinbehalt vorzunehmen.
Da der Eigentümer B der Leistungsempfänger ist, haftet er für den fehlenden Steuereinbehalt.
Rn. 68
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Für der Verwirklichung des Haftungstatbestands ist es unerheblich, ob für den Leistenden im Inland zu sichernde Steueransprüche bestehen (Tz 70 BMF BStBl I 2022, 1229). Zum einen kann sich der Leistungsempfänger gemäß § 48d Abs 1 S 1 und S 6 EStG nicht darauf berufen, dass die Gegenleistung beim Leistenden aufgrund eines DBA im Inland nicht besteuert wird. Zum anderen greift der Einwand nicht durch, dass schon nach innerstaatlichem Recht kein Steueranspruch gegen den Leistenden besteht. Zwar ist nach § 191 Abs 5 AO für den Erlass eines Haftungsbescheids erforderlich, dass der Steueranspruch gegenüber dem Steuerschuldner besteht. Die Akzessorietät gemäß § 191 Abs 5 AO ist aber nicht im Hinblick auf eventuelle gegenüber dem Leistenden bestehende Steueransprüche zu prüfen, da es an einer ausreichenden Verknüpfung zwischen dem Haftungstatbestand und einem bestimmten Steuertatbestand auf Seiten des Leistenden fehlt. Der Steuerabzug dient als Sicherungsinstrument für verschiedene Abgaben, die der Leistende aufgrund der Bauleistung ggf zu entrichten hat.
Die Akzessorietät bezieht sich nicht auf diese divergenten Steueransprüche, sondern auf den der Haftung unmittelbar zu Grunde liegenden Steuerabzugsanspruch gemäß § 48 EStG (BFH I R 46/17, BStBl II 2020, 552, Verfassungsbeschwerde eingelegt, Az des BVerfG: 2 BvR 1392/20; FG D´dorf v 23.06.2014, 12 K 748/13 H; FG Mchn v 24.09.2009, 7 K 1238/08, EFG 2010, 147; Kaeser in K/S/M, § 48a EStG Rz D 16 (Februar 2004); ebenso für die KapSt: BFH VIII R 59/14, BStBl II 2018, 163; ebenso für die LSt: BFH VI R 5/05, BStBl II 2008, 597; früher zweifelnd: BFH I B 160/08, BFH/NV 2009, 377; aA Lieber, DStR 2001, 1470; Naujok in Lademann, § 48a EStG Rz 61 (November 2017); gänzlich ablehnend: Diebold, DStR 2002, 1336).
Rn. 69
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Für die Haftungsinanspruchnahme ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Per...