Rn. 17
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Der Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung gemäß § 48b Abs 1 S 1 EStG ist durch den Leistenden zu stellen (zum Begriff des Leistenden s § 48 Rn 84ff (Wienbergen)). Der Leistungsempfänger ist nicht antragsberechtigt (zum Begriff des Leistungsempfängers s § 48 Rn 66ff (Wienbergen)). Ist eine PersGes oder KapGes Leistender, ist sie selbst antragsberechtigt. Dies gilt sogar für Arbeitsgemeinschaften, für die gemäß § 180 Abs 4 AO keine gesonderten Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen erfolgen (Tz 28 BMF BStBl I 2022, 1229). Ist über das Vermögen des Leistenden das Insolvenzverfahren eröffnet worden, steht das Antragsrecht dem Insolvenzverwalter zu (BFH I B 147/02, BStBl II 2003, 716; OFD Münster v 25.02.2002, S 2303–2-St 13–31, BB 2002, 1469 Abschnitt II).
Rn. 18
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Der Antrag ist an das für den Leistenden zuständige FA zu stellen. Für Leistende, die im Inland ansässig sind, gelten die allgemeinen Grundsätze des Zuständigkeitsrechts.
- Bei einer natürlichen Person ist das sog Wohnsitz-FA (§ 19 Abs 1 AO) zuständig.
- Bei einer KapGes ist das FA der Geschäftsleitung (§ 20 Abs 1 AO) zuständig.
- Bei einer PersGes ist das sog Betriebs-FA (§ 18 Abs 1 Nr 2 AO) zuständig. Ist die PersGes ertragsteuerlich nicht zu führen (zB Arbeitsgemeinschaften), ist auf die umsatzsteuerliche Zuständigkeit abzustellen (Tz 28 BMF BStBl I 2022, 1229).
Für Leistende, die im Ausland ihren Wohnsitz, Sitz oder ihre Geschäftsleitung haben, gilt § 20a AO. § 20a AO verweist auf das FA, das für die Besteuerung der Umsätze nach § 21 Abs 1 AO zuständig ist. Die UmsatzsteuerzuständigkeitsVO – UStZustV – (StÄndG 2001 v 20.12.2002, BGBl I 2001, 3794, 3814, zuletzt geändert durch Art 24 des JStG 2020 v 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096) bestimmt nach Maßgabe der Herkunftsländer einzelne FA, die für die USt zuständig sind (§ 1 UStZustV). So wird gewährleistet, dass für Leistende, die im Ausland ansässig sind, nur ein FA zuständig ist. Wegen weiterer Einzelheiten und der Liste der zuständigen FÄ, s § 48a Rn 27ff (Wienbergen).
Rn. 19
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Der Antrag kann formlos (schriftlich, mündlich, fernmündlich oder elektronisch) gestellt werden. Ein schriftlicher Antrag kann – da in § 48b Abs 1 S 1 AO keine eigenhändige Unterschrift gefordert wird – von einer zur Vertretung des Leistenden befugten Person unterschrieben werden (Ebling, DStR 2001, Beihefter zu Heft 51/52).
Die von der FinVerw benötigten Angaben werden durch einen Fragebogen ermittelt (Tz 28 BMF BStBl I 2022, 1229). Neben den erforderlichen Daten zum Leistenden werden Angaben zum inländischen Empfangsbevollmächtigten, zu den beschäftigten ArbN, zur geplanten Bauleistung, zur steuerlichen Erfassung im Inland und zur Ansässigkeit im Ausland erfragt. Das Formular ist im Formular-Management-System (FMS) der Bundes-FinVerw unter der Internet-Adresse www.formulare-bfinv.de unter dem Ordner "Bauabzugsteuer" abrufbar (in deutscher und englischer Sprache).
Rn. 20
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Der Antrag ist unzulässig, wenn die Freistellungsbescheinigung für eine Bauleistung begehrt wird, deren Gegenleistung bereits erbracht worden ist. Da die Frage, ob eine Steuerabzugsverpflichtung besteht, im Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung zu beantworten ist, kann eine Freistellungsbescheinigung, die erst nach der Zahlung der Gegenleistung erteilt worden ist, die Abzugsverpflichtung nicht mehr suspendieren. Insbesondere liegt kein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO vor. Eine nachträglich erstellte Freistellungsbescheinigung hat nach der Regelungsmechanik des § 48 Abs 2 S 1 EStG keine steuerliche Wirkung für die Vergangenheit (aA Apitz in H/H/R, § 48b EStG Rz 6 (Juni 2019); Gosch in Kirchhof/Seer, § 48b EStG Rz 8 (21. Aufl)).
Rn. 21
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Der Antrag ist auch unzulässig, wenn die Freistellungsbescheinigung nicht für eine Bauleistung, sondern für eine andersartige Leistung (zB ArbN-Überlassung) begehrt wird (zum Begriff der Bauleistung s § 48 Rn 94ff (Wienbergen)). Es reicht aber aus, dass der Leistende geltend macht, Bauleistungen ausführen zu wollen, unerheblich davon, ob er später tatsächlich Bauleistungen erbringt (FG Münster v 27.03.2007, 1 K 3553/06 S, EFG 2007, 1575, Rev unbegründet, BFH v 24.02.2010, II R 64/07, nv; auch: FG Bln v 21.12.2001, 8 B 8408/01, DStRE 2 002 435). Stellt sich nachträglich heraus, dass keine Bauleistungen erbracht werden, ist dies kein Grund, die Freistellungsbescheinigung aufzuheben.
Rn. 22–23
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
vorläufig frei