Rn. 42
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Wird nach der Erbringung der Bauleistung über das Vermögen des Leistenden das Insolvenzverfahren eröffnet, ist von Bedeutung, ob der Steuerabzugsbetrag von dem Leistungsempfänger vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an das FA abgeführt worden ist. Da der Steuergläubiger mit Forderungen, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch bestehen, idR Insolvenzgläubiger ist (§ 38 InsO), kommt es darauf an, ob der Anspruch des FA auf den Steuerabzugsbetrag im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für Rechnung des Leistenden bereits erfüllt war. Ist das der Fall, kann das Anrechnungsverfahren gemäß § 48c Abs 1 EStG grds noch durchgeführt werden.
War der Anspruch des FA auf die Bauabzugsteuer im Zeitpunkt der Insolvenzverfahrenseröffnung dagegen noch nicht erfüllt, darf der Leistungsempfänger den Steuerabzugsbetrag nicht mehr für Rechnung des Insolvenzschuldners an das FA abführen. Das FA hat seine Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden. Sie werden nach Maßgabe der Verteilungsquote aus der Insolvenzmasse befriedigt (BFH I B 147/02, BStBl II 2003, 716; Gundlach/Frenzel/Schirrmeister, DStR 2003, 823; ergänzend zur Frage der Freistellungsbescheinigung s § 48b Rn 49f (Wienbergen)).
Rn. 43
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
Für den Fall, dass der Steuerabzugsbetrag vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an das FA abgeführt worden ist, ergeben sich folgende Konsequenzen:
- Der Insolvenzverwalter wird prüfen, ob die Abführung der Bauabzugsteuer an das FA gemäß §§ 129ff InsO angefochten werden kann (vgl OLG Sa v 10.07.2012, 4 U 212/11, ZInsO 2012, 1724). Ein solcher Anspruch ist auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen.
- Findet keine insolvenzrechtliche Anfechtung statt, kann der Steuerabzugsbetrag auf die Steueransprüche des FA gegenüber dem Leistenden angerechnet werden.
- Die Anrechnung erfolgt in der Reihenfolge gemäß § 48c Abs 1 S 1 EStG auf Steuern, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurden (Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO).
- Sind nach der Anrechnung noch Insolvenzforderungen des FA übrig, sind diese zur Insolvenztabelle anzumelden.
- Verbleibt nach der Anrechnung gemäß § 48c Abs 1 S 1 EStG ein Restguthaben, kann dieses nach § 94 InsO mit anderen Insolvenzforderungen aufgerechnet werden. Ansonsten erfolgt eine Auszahlung an den Insolvenzverwalter (zum Ganzen: Tz 86 BMF BStBl I 2022, 1229; Ebling, DStR 2003, 402).
Rn. 44
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Ist der Steuerabzugsbetrag nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an das FA abgeführt worden, hat dies folgende Konsequenzen:
- Die Abführung des Steuerabzugsbetrags an das FA ist unwirksam (§§ 81 Abs 1 S 1, 91 Abs 1 InsO, vgl BFH I B 147/02, BStBl II 2003, 716).
- Das Anrechnungsverfahren gemäß § 48c Abs 1 EStG wird nicht durchgeführt. Der Steuerabzugsbetrag ist an die Insolvenzmasse zu erstatten (BMF BStBl I 2003, 431). Für den Rückerstattungsanspruch des Insolvenzverwalters ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben (OLG Ffm v 29.10.2003, 19 W 45/03, ZInsO 2004, 399; Naujok, EWiR 2004, 915).
Rn. 45
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In der Wohlverhaltensphase darf das FA seine früheren Insolvenzforderungen mit einem Erstattungsanspruch gemäß § 48c EStG iVm § 37 Abs 2 AO aus einem neu eröffneten Betrieb aufrechnen (FG BBg v 25.08.2010, 12 K 12 109/09). Bei der Restschuldbefreiung gilt – im Gegensatz zum laufenden Insolvenzverfahren – das umfassende Aufrechnungsverbot des § 96 Nr 1 InsO nicht. Das Zwangsvollstreckungsverbot gemäß § 294 Abs 1 InsO lässt eine Befriedigung gegen Aufgabe des eigenen Forderungsrechts zu.
Rn. 46
Stand: EL 160 – ET: 10/2022
vorläufig frei