Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach
a) Umstellungsgrundsätze
Rn. 50
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Umstellung auf Kj: Der im HR eingetragene StPfl hat die freie Wahl zur Bestimmung des Wj nicht nur im Eröffnungsfall, sondern bei Umstellung von einem abweichenden Wj auf das Ende eines Kj auch zu jedem beliebigen Zeitpunkt (Umkehrschluss aus § 4a Abs 1 Nr 2 S 2 EStG). Die Umstellung auf eine Kj-gleiches Wj ist nicht zustimmungsbedürftig.
Umstellung auf abweichendes Wj: Lediglich die Umstellung auf ein vom Kj abweichendes Wj bedarf des Einvernehmens mit dem FA. Unter "Einvernehmen" ist Zustimmung des FA zu verstehen, die Umstellung auf eine abweichendes Wj ist also zustimmungsbedürftig. Das Einvernehmen des FA kann ausdrücklich oder konkludent durch Einreichen eines entsprechenden Abschlusses beim FA beantragt werden. Die Beantragung ebenso wie die Zustimmung sind nicht fristgebunden und können auch nach Ende des Wj erfolgen.
Die Zustimmung bzw deren Versagung ist ein jeweils selbstständig anfechtbarer VA (BFH v 15.06.83, I R 76/82, BStBl II 83, 672; BFH v 23.09.1999, IV R 4/98, BStBl II 2000, 5), dieser ist Grundlagenbescheid iSv § 171 Abs 10 AO (BFH v 23.09.1999, IV R 4/98, BStBl II 2000, 5). Gegen eine Versagung der Zustimmung zur Umstellung des Wj ist als Rechtsmittel der Einspruch, gegen eine ablehnende Rechtsbehelfsentscheidung die Klage zum FG (§ 40 FGO) gegeben. Der VA kann in der Steuerfestsetzung für das betreffende Wj implizit enthalten, dh konkludent (BFH v 07.11.2013, IV R 13/10, BStBl II 2015, 226, anders noch BFH v 16.12.2003, VIII R 89/02, BFH/NV 2004, 936) oder auch explizit erteilt werden.
Veranlagung unter Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) ist wegen ausstehender abschließender Prüfung allerdings noch keine Zustimmung des FA (vgl FG Nds v 11.11.2008, 4 K 238/08, EFG 2010, 1592, Vorinstanz zu BFH v 07.11.2013, IV R 13/10, BStBl II 2015, 226; aA Schober in H/H/R, § 4a EStG Rz 26 (Juni 2021)). Das nachträglich hergestellte Einvernehmen (Genehmigung) kann zur Berichtigung nach § 175 Abs 1 Nr 1 AO führen.
Wirkung der Umstellung: Die Umstellung auf ein abweichendes Wj führt zur Bildung eines Rumpf-Wj und in der Folge zu Änderungen des Zeitpunkts der Gewinnzuordnung nach § 4a Abs 2 Nr 2 EStG (Kj in dem das Wj endet, s Rn 80) und damit ggf zu einer sog Steuerpause (bei Umstellung von Kj-gleichem auf ein abweichendes Wj, s Rn 46f) oder einer Steuerlastkumulation (bei Umstellung von abweichendem auf ein Kj-gleiches Wj, weil in diesem Fall in einem VZ Gewinne aus zwei Wj besteuert werden (s Rn 16)).
b) Abgrenzung Wirtschaftsjahr-Umstellung
Rn. 51
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Abgrenzung Betriebsfortführung – Betriebseröffnung: Eine Wj-Umstellung liegt vor, wenn der bisherige Abschlussstichtag eines Betriebs für den identischen Betrieb durch einen anderen Abschlussstichtag ersetzt wird. Die Abgrenzung zwischen Betriebsfortführung und Betriebseröffnung ist von erheblicher Bedeutung, da die Wahl eines abweichenden Wj bei Betriebsfortführung zustimmungsbedürftig, dagegen bei Betriebseröffnung zustimmungsfrei ist.
Betriebseröffnung: Von einer Betriebseröffnung und damit nicht von einer Wj-Umstellung, sondern von einem zustimmungsfreien initialen Wj-Wahlrecht ist in folgenden Fällen auszugehen (vgl auch Kanzler in Prinz/Kanzler, Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht Rz 186 (4. Aufl 2021)):
- Errichtung einer PersGes: Mit Einbringung eines Betriebs (BFH v 26.05.1994, IV R 34/92, BStBl II 1994, 891; BFH v 25.03.2004, IV R 49/02, BFH/NV 2004,1247; H 4a EStH 2021 "Umwandlung") oder Mitunternehmeranteils (zB BFH v 16.12.2003, VIII R 89/02, BFH/NV 2004, 936; BFH v 09.11.2006, IV R 21/05, BStBl II 2010, 230) in eine neu gegründete PersGes ist für diese das zustimmungsfreie Wj-Wahlrecht eröffnet (einschränkend BFH v 18.12.1991, XI R 40/89, BStBl II 1992, 486: Missbrauchskontrolle durch § 42 AO, s Rn 46);
- Betriebsaufspaltung: Bei Neugründung der Betriebs- oder der Besitzgesellschaft kann ein vom Kj abweichendes Wj zustimmungsfrei gewählt werden (BFH v 27.09.1979, IV R 89/76, BStBl II 1980, 94; BFH v 17.07.1991, I R 98/88, BStBl II 1992, 246; einschränkend BFH v 16.12.2003, VIII R 89/02, BFH/NV 2004, 936: Vorbehalt der Missbrauchskontrolle durch § 42 AO, s Rn 46);
- Betriebsverpachtung: Der Pächter kann das Wj zustimmungsfrei wählen und ist nicht an das Wj der Verpächters gebunden. Der Verpächter kann ein abweichendes Wj beibehalten, solange er nicht die Betriebsaufgabe erklärt hat (R 4a Abs 3 EStR 2012);
- Realteilung: Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile unter Gründung eines Betriebs in das jeweilige BV der einzelnen Mitunternehmer übertragen, können diese das Wj zustimmungsfrei wählen (s Rn 22);
- Formwechselnde Umwandlung (§ 191 UmwG) einer PersGes in KapGes ist Betriebseröffnung mit zustimmungsfreier Wj-Wahl; dies gilt gleichermaßen für den Formwechsel einer vermögensverwaltenden GmbH & Co GbR in eine gewerblich geprägte GmbH & Co KG unter Eintragung ins HR (BFH v 11.04.2013, IV R 11/10, BFH/NV 2013, 1569), da ein Gewerbebetrieb begründet wird (s Rn 25);
- Verschmelzung durch Neugründung...