1. Wirtschaftliche Nutzung des Versicherungsanspruchs
Rn. 49
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Laut § 4b S 2 EStG ist der Versicherungsanspruch aus einer Direktversicherung auch dann nicht zu aktivieren, wenn ihn der ArbG an einen Dritten abtritt oder beleiht und sich dabei in einer schriftlichen Erklärung (s Rn 54ff) gegenüber dem bezugsberechtigten ArbN verpflichtet, ihn bei Eintritt des Versicherungsfalles so zu stellen, als ob die Abtretung oder Beleihung nicht erfolgt wäre.
Rn. 50
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Für den Begriff der Abtretung ist die Legaldefinition in § 398 BGB maßgeblich. Danach kann eine Forderung – der Anspruch aus der Direktversicherung – durch Vertrag auf einen Dritten übertragen werden, der danach an die Stelle des bisherigen Gläubigers tritt. Durch die Abtretung kann der ArbG die Direktversicherung wirtschaftlich nutzen, indem sie einen Kredit eines Dritten absichert, den der ArbG empfängt.
Die Abtretung des Versicherungsanspruchs kollidiert nicht mit dem dem ArbN oder seinen Hinterbliebenen eingeräumten Bezugsrecht. Die wirtschaftliche Nutzung führt andererseits auch nicht zwingend dazu, dass eine (widerrufliche) Bezugsberechtigung widerrufen wird. So beinhaltet allein die Anzeige einer Abtretung keinen stillschweigenden Widerruf des Bezugsrechts (BGH vom 18.10.1989, BB 1989, 2433).
Rn. 51
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Der Begriff der Beleihung wird auch in § 1b Abs 2 S 3 BetrAVG verwendet. Gesetzlich definiert ist er nicht. Er umfasst alle Formen von Vorauszahlungen auf künftig fällig werdende Versicherungsleistungen. Die Beleihung des Versicherungsanspruchs hebt ebenso wie seine Abtretung nicht das dem ArbN oder seinen Hinterbliebenen erteilte Bezugsrecht auf (s Rn 50).
Rn. 52
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
§ 4b S 2 EStG ist auch dann anzuwenden, wenn der ArbG ein sog Policendarlehen in Anspruch genommen hat. Bei einem Policendarlehen handelt es sich um eine verzinsliche Vorauszahlung auf die spätere Versicherungsleistung (vgl H 4b EStH 2021 "Beleihung von Versicherungsansprüchen"). Es handelt sich nicht um eine vorzeitige Erfüllung des Versicherungsanspruchs (BFH vom 29.04.1966, BStBl III 1966, 421; BFH vom 19.12.1973, BStBl II 1974, 237).
Entsprechendes gilt für die Verpfändung der Versicherungsansprüche durch den ArbG (Gosch in Kirchhof/Seer, § 4b EStG Rz 16 (22. Aufl 2023)).
Rn. 53
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Die wirtschaftliche Nutzung kann arbeitsrechtlich unzulässig sein. So muss bei mittels Entgeltumwandlung finanzierten Direktversicherungen gemäß § 1b Abs 5 S 1 Nr 3 BetrAVG das Recht des ArbG zur Verpfändung, Abtretung und Beleihung ausgeschlossen sein.
2. Haftungsversprechen des StPfl
Rn. 54
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Das Aktivierungsverbot gilt im Fall einer wirtschaftlichen Nutzung des Versicherungsanspruchs (s Rn 49ff) nur dann, wenn sich der ArbG gegenüber dem Bezugsberechtigten schriftlich verpflichtet, ihn bei Eintritt des Versicherungsfalles so zu stellen, als ob die wirtschaftliche Nutzung nicht erfolgt wäre.
Die Regelung des § 4b S 2 EStG korrespondiert mit der des § 1b Abs 2 S 3 BetrAVG. Nach dieser Vorschrift hat der ArbG im Fall der wirtschaftlichen Nutzung des Versicherungsanspruchs den ArbN, dessen Arbeitsverhältnis nach Erfüllung der gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen geendet hat, bei Eintritt des Versorgungsfalles so zu stellen, als ob die wirtschaftliche Nutzung nicht erfolgt wäre. Abw von § 4b S 2 EStG sieht § 1b Abs 2 S 3 BetrAVG jedoch nicht vor, dass der ArbG zusätzlich ein schriftliches Haftungsversprechen gegenüber dem Bezugsberechtigten abgeben muss. Nach dem Gesetzeswortlaut dient § 1b Abs 2 S 3 BetrAVG allerdings nur dem Schutz von Begünstigten, die mit gesetzlich aufrechterhaltener Anwartschaft aus den Diensten des ArbG ausgeschieden sind. Entsprechendes hat aber auch dann zu gelten, wenn der ArbN nicht vorzeitig ausgeschieden ist, der Versorgungsfall also im bestehenden Arbeitsverhältnis eintritt (Höfer/de Groot/Küpper, BetrAVG Bd I, § 1b Rz 357 (März 2023)).
Rn. 55
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Der ArbG muss das Haftungsversprechen nach § 4b S 2 EStG schriftlich abgeben. Das Schriftformerfordernis hat Beweisfunktion zu Gunsten des ArbN und seiner Hinterbliebenen. Es findet seine Entsprechung in § 6a Abs 1 Nr 3 Hs 1 EStG. Das Haftungsversprechen muss daher nicht in Form einer individualvertraglichen Vereinbarung abgegeben werden, es kann auch im Rahmen eines Kollektivvertrages, zB in einer Betriebsvereinbarung, erteilt worden sein. Daher genügt auch die Textform des § 126b BGB (s § 6a Rn 104 (Höfer)).
Rn. 56
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Maßgeblicher Stichtag für das Vorliegen des schriftlichen Haftungsversprechens ist ebenso wie für das Vorliegen der Bezugsberechtigung (s Rn 48) der jeweilige Bilanzstichtag. Das Haftungsversprechen kann daher auch erst dann abgegeben werden, nachdem der ArbG den Versicherungsanspruch abgetreten, beliehen oder verpfändet hat.