Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach
1. Abgrenzung
Rn. 26
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Durch einen (gesetzlich nicht geregelten) Schuldbeitritt (auch kumulative Schuldübernahme, Schuldmitübernahme, Sicherungsgesamtschuld) verpflichtet sich der Übernehmer, eine Schuld als eigene neben der des Schuldners zu übernehmen. Hierzu gehören auch Fälle des Beitritts zu Dauerschuldverhältnissen (Miet-/Leasingverhältnisse etc). Der Schuldbeitritt ist ein Vertrag zu Gunsten Dritter – hier des Gläubigers. Da die Rechte des Gläubigers nicht beeinträchtigt, sondern erweitert werden, ist dessen Mitwirkung/Genehmigung beim Schuldbeitritt nicht erforderlich (vgl Grüneberg in Palandt, BGB, vor § 414 Rz 2 (80. Aufl 2021)).
Gesamtschuldnerische Außenhaftung: Mit Beitritt zum Schuldverhältnis haftet der Beitretende im Außenverhältnis neben dem Altschuldner gesamtschuldnerisch gegenüber dem Gläubiger (vgl Grüneberg in Palandt, BGB, vor § 414 Rz 2 (80. Aufl 2021)). Das bisherige Schuldverhältnis erweitert sich – ohne dass der Inhalt der geschuldeten Leistung geändert wird – zu einem Gesamtschuldverhältnis (vgl Larenz, Schuldrecht, Bd I, § 35 II (14. Aufl 1987)). Der Gläubiger kann die Leistung von jedem der Gesamtschuldner, insgesamt aber nur einmal fordern (§ 421 BGB). Die Gesamtschuldnerschaft hat im Grundsatz zur Folge, dass die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet sind; dies gilt jedoch nicht, soweit im Innenverhältnis Abweichendes bestimmt ist (§ 426 Abs 1 S 1 BGB, s Rn 28). Im Innenverhältnis zum Altschuldner kann der Beitretende die Schuld vertraglich in vollem Umfang übernehmen. Wird der ursprüngliche Schuldner von dem Gläubiger dennoch in Anspruch genommen, kann er von dem Beigetretenen Ausgleich verlangen; die Forderung des Gläubigers gegen den Beigetretenen geht in diesem Fall auf ihn über (§ 426 Abs 2 S 1 BGB). Im Hinblick auf die gesamtschuldnerische Außenhaftung unterscheidet sich der Schuldbeitritt von der bloßen Erfüllungsübernahme; durch Letztere werden Ansprüche des Gläubigers gegen den Übernehmer nicht begründet (s Rn 30).
2. Schuldzurechnung
a) Interne vollständige Erfüllungsübernahme
Rn. 27
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Tritt ein Dritter gegenüber dem Gläubiger in eine bestehende Verpflichtung neben dem bisherigen Schuldner ein und verpflichtet sich im Innenverhältnis, den bisherigen Schuldner – abweichend von der gesetzlichen Grundregel (§ 426 Abs 1 S 1 BGB) – von der Verpflichtung vollständig freizustellen, ist die Inanspruchnahme des ursprünglich Verpflichteten nicht mehr wahrscheinlich. Die Schuld ist damit (wie im Fall der befreienden Schuldübernahme, s Rn 24) nicht mehr dem bisherigen Schuldner, sondern dem Beitretenden zuzurechnen, es kommt zu einem Zurechnungswechsel der Schuld (BFH v 26.04.2012, IV R 43/09, BStBl II 2017, 1228; BMF v 30.11.2017, BStBl I 2017, 1619 Rz 24; Prinz, FR 2011, 556; Schlotter/Pinkernell, FR 2011, 697; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 246 Rz 379 (12. Aufl. 2021)).
Der Altschuldner hat die Verpflichtung unter Realisation stiller Lasten auszubuchen (zur nachfolgenden Aufwandsstreckung des entstehenden Aufwands über 15 Jahre, s Rn 59ff). Die Aktivierung eines Freistellungsanspruchs gegen den Beitretenden scheidet entsprechend aus (BFH v 26.04.2012, IV R 43/09, BStBl II 2017, 1228; BMF v 30.11.2017, BStBl I 2017, 1619 Rz 24). Infolge der fortbestehenden gesamtschuldnerischen Außenhaftung erfolgt beim Altschuldner ein Bilanzvermerk nach § 251 HGB.
Der Beitretende hat die nunmehr ihm zuzurechnende (nämliche) Verpflichtung zunächst zu AK einzubuchen, sie nach § 5 Abs 7 EStG am folgenden Bilanzstichtag aber unter Streckung des entstehenden Gewinns über 15 Jahre so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten zu bilanzieren gewesen wäre, und kann den entstehenden Gewinn ebenfalls über 15 Jahre strecken (s §§ 4, 5 Rn 1480ff (Hoffmann)).
b) Quotale Innenhaftung nach Grundregel nach § 426 Abs 1 S 1 BGB
Rn. 28
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Bei gesamtschuldnerischer Außenhaftung richtet sich der Bilanzansatz nach den im Innenverhältnis der Gesamtgläubiger getroffenen Vereinbarungen. Haben diese die gesetzlich vorgesehene quotale Innenhaftung nach § 426 Abs 1 S 1 BGB nicht abgeändert, ist sowohl für den Altschuldner als auch für den Beitretenden die Inanspruchnahme im Umfang der Innenhaftungsquote wahrscheinlich. Die Schuld ist dem Altschuldner und dem Beitretendem entsprechend quotal zuzurechnen mit Bilanzvermerk nach § 251 HGB für den nicht bilanzierten Anteil (vgl Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 246 HGB Rz 379 (12. Aufl 2021)).
Es kommt im Ergebnis zu einer quotalen Übertragung der Schuld auf den Beitretenden, damit zu einem quotalen Zurechnungswechsel (s §§ 4, 5 EStG Rz 76, 78f (Briesemeister)) und zur quotalen Realisation stiller Lasten. Beim Altschuldner ist für den übertragenen Teil der Verpflichtung § 4f EStG zur Anwendung zu bringen, beim Beitretenden § 5 Abs 7 EStG. Infolge der fortbestehenden gesamtschuldnerischen Außenhaftung erfolgt bei beiden Beteiligten für den jeweils nicht zuzurechnenden Teil der Schuld ein Bilanzvermerk nach § 251 HGB.
c) Schuldbeitritt zu Sicherungszwecken
Rn. 29
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Erfolgt der S...