Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach
A. Selektive Verweisung auf § 4f Abs 1 EStG
Rn. 85
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
§ 4f Abs 2 EStG ordnet an, dass im Fall des Schuldbeitritts und der Erfüllungsübernahme mit ganzer oder teilweiser Schuldfreistellung für die vom Freistellungsberechtigten an den Freistellungsverpflichteten erbrachten Leistungen § 4f Abs 1 S 1, 2 u 7 EStG entsprechend gelten. Für einen resultierenden Aufwand ist damit ebenfalls eine Verteilung auf 15 Jahre intendiert. Die Entwurfsbegründung zum AIFM-StAnpG (BT-Drucks 17/13562, 9) führt dazu aus, Schuldbeitritt und Erfüllungsübernahme bedürften einer gesonderten Regelung, da die Schuld abweichend von den Fällen des Abs 1 nicht direkt übernommen werde.
Anwendbarkeit der Ausnahmetatbestände: § 4f Abs 2 EStG verweist nicht auf Abs 1 S 3–6. Einer anhaltenden Diskussion unterliegt daher die Frage, ob die in § 4f Abs 2 S 3 EStG formulierten Ausnahmen von der Aufwandsstreckung (Ausschluss für kleine, mittlere Unternehmen etc, s Rn 71ff) nur im Fall einer Schuldübernahme (§ 414 BGB) oder auch in den Fällen des Schuldbeitritts sowie der Erfüllungsübernahme zur Anwendung kommen. Die FinVerw lehnt dies ab (BMF v 30.11.2017, BStBl I 2017, 1619 Rz 25; OFD Magdeburg v 02.06.2014, S 2133–27-St 21, DStR 2014, 1546), das Schrifttum unter Hinweis auf den Wortlaut des Verweises des § 4f Abs 2 EStG, der die entsprechende Anwendung lediglich des § 4f Abs 1 S 1, 2 u 7 EStG, nicht aber des S 3–6 vorsieht, zT ebenfalls (zB Korn/Strahl, KÖSDI 2014, 18 749; Hörhammer/Schumann in Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, Rz 2624 (3. Aufl 2018); Förster/Werthebach, BB 2019, 302). Der fehlende Verweis auf die Ausnahmetatbestände, der trotz Initiative des BR im Zuge des ZollkodexAnpG, diesen zu erweitern, Bestand hat (s Rn 6), wird ua unter Hinweis auf Gleichbehandlungsaspekte kritisiert (zB Fuhrmann, DB 2014, 12 f; Bolik/Selig-Kraft, DStR 2017, 171; Schober in H/H/R, § 4f EStG Rz 31 (August 2019); Hörner in Frotscher/Geurts, § 4f EStG Rz 50 (Oktober 2018)).
Die Diskussion um die Reichweite der Ausnahmetatbestände setzt auf der Prämisse auf, dass sowohl der entgeltliche Schuldbeitritt als auch die entgeltliche Erfüllungsübernahme zu einem bilanziellen Abgang der Verpflichtung beim (Originär-)Schuldner und damit zu einer aufwandswirksamen Realisation stiller Lasten führen. Diese Prämisse ist für die Erfüllungsübernahme unzutreffend (s Rn 32ff), für den Schuldbeitritt nur zutreffend, insoweit der ursprünglich Verpflichtete im Außen- und Innenverhältnis entlastet wird (s Rn 28ff). Zu den Folgen für den Schuldbeitritt s Rn 86, zu den Folgen im Fall der Erfüllungsübernahme s Rn 90.
B. Folgen für Schuldbeitritt
Rn. 86
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Der Schuldbeitritt ist aufgrund der bilanziell bewirkten "Übertragung" der Verpflichtung (bei vollständiger interner Erfüllungsübernahme vollständiger Zurechnungswechsel, s Rn 27; bei quotaler interner Erfüllungsübernahme quotaler Zurechnungswechsel, s Rn 28) bereits tatbestandlich von § 4f Abs 1 EStG erfasst (s Rn 52). Demgemäß gelten bei Übertragung einer Verpflichtung im Wege des Schuldbeitritts auch die durch § 4f Abs 1 S 3–6 EStG formulierten Ausnahmen unmittelbar. Die in § 4f Abs 2 EStG angeordnete entsprechende Geltung des Abs 1 S 1, 2, 7 für den Schuldbeitritt hat lediglich deklaratorischen Charakter (ebenso Krumm in Blümich, § 4f EStG Rz 36 (Juli 2019)) und steht der Anwendung der Ausnahmeregeln damit nicht entgegen.
Rn. 87–89
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
vorläufig frei
C. Folgen für Erfüllungsübernahme
Rn. 90
Stand: EL 151 – ET: 06/2021
Da mangels Zurechnungswechsel der Verpflichtung eine "Übertragung" iS des § 4f Abs 1 EStG nicht vorliegt, läuft § 4f EStG im Fall der Erfüllungsübernahme leer. Die Anordnung der entsprechenden Anwendung des § 4f Abs 1 S 1, 2, 7 EStG auf "für die vom Freistellungsberechtigten an den Freistellungsverpflichteten erbrachten Leistungen" durch § 4f Abs 2 EStG geht ebenfalls ins Leere, da der Vorgang des Erwerbs der Freistellungsforderung erfolgsneutral ist (Aktivierung Freistellungsforderung zu AK, s Rn 34), ein verteilungsfähiger Aufwand mithin nicht zur Disposition steht. Infolge der beim Originärschuldner nicht erfolgenden Aufdeckung stiller Reserven, sondern unverändert zur Anwendung kommender Passvierungsbeschränkungen, scheidet eine durch § 4f EStG iVm § 5 Abs 7 EStG intendierte zeitliche Streckung eines (hier nicht vorhandenen) Aufwands aus einer (nicht erfolgenden) Übertragung einer Verpflichtung und damit eine Prolongation von Passvierungsbeschränkungen bei einem Dritten aus.
Damit erübrigt sich auch die Diskussion, ob die durch § 4f Abs 1 S 3–6 EStG formulierten Ausnahmen auch im Fall der Erfüllungsübernahme eingreifen (s Rn 85). Dies gilt gleichermaßen für die Diskussion bzgl eines etwaigen rückwirkenden Eingreifens der Ausnahmen im Fall einer nachträglichen Gläubigerzustimmung nach zunächst fehlgeschlagener befreiender Schuldübernahme (zB Benz/Placke, DStR 2013, 2658). § 4f EStG kommt erst bei wirksamer befreiender Schuldübernahme (Zeitpunkt der Gläubigerzustimmung) aufgrund des damit eintretenden Zurechnungswechsel der Schuld zur Anwendung. ...