A. Grundsätzliche Abgeltungswirkung (§ 50 Abs 2 S 1 EStG)
Rn. 26
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Im Regelfall gilt die ESt für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn (§§ 38ff EStG), dem Steuerabzug vom KapErtr (§§ 43ff EStG) oder dem Steuerabzug nach § 50a EStG unterworfen sind, bei beschränkt StPfl durch den Steuerabzug (Quellensteuer) als abgegolten. Eine Veranlagung zur ESt erfolgt demnach nicht, was etwa eine Steueranrechnung, einen Verlustausgleich- und -abzug sowie die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen grds ausschließt. Die Abgeltungswirkung dient der Verfahrensökonomie, da ein nur abzugstpfl Einkünfte erzielender beschränkt StPfl regelmäßig keine materielle Präsenz im Inland hat; zudem verhindert der abgeltende Steuerabzug an der inländischen Quelle das Erfordernis einer späteren Durchsetzung von Steuerforderungen im Ausland.
Rn. 27
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Die Abgeltungswirkung greift auch, wenn der Steuerabzug vom Arbeitslohn, von den KapErtr oder den Vergütungen iSd § 50a EStG durch Haftungs- oder Nachforderungsbescheid (nach §§ 42d, 44 Abs 5, 50a Abs 5 EStG) geltend gemacht wird.
Rn. 28
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In Bezug auf § 50a EStG ist zu beachten, dass für den Steuerabzug aufgrund Sicherungsanordnung iSd § 50a Abs 7 EStG keine Abgeltungswirkung erfolgt, da § 50a Abs 7 S 4 EStG die Anwendbarkeit von § 50 Abs 2 S 1 EStG explizit ausschließt (dazu s § 50a Rn 76ff (Loose)).
Rn. 29
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Der Steuerabzug bei Bauleistungen gemäß §§ 48ff EStG wird von § 50 Abs 2 S 1 EStG nicht erfasst.
B. Ausnahmen (§ 50 Abs 2 S 2 EStG)
Rn. 30
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Durchbrochen wird die abgeltende Wirkung in den Fällen des § 50 Abs 2 S 2 EStG (s Rn 13ff). Es ist daher einzelfallspezifisch für den Zeitpunkt der steuerlichen Erfassung der Einkünfte zu analysieren, ob es bei der grds greifenden Abgeltungswirkung bleibt.
1. Einkünfte eines inländischen Betriebs (§ 50 Abs 2 S 2 Nr 1 EStG)
Rn. 31
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Die Abgeltungswirkung der Abzugsteuer tritt nach § 50 Abs 2 S 2 Nr 1 EStG nicht ein, wenn die Einkünfte – besser Einnahmen, die dem Steuerabzug unterliegen – in einem inländischen Betrieb anfallen. IRd dann erfolgenden Veranlagung werden die nach wie vor einzubehaltenden Steuerabzugsbeträge nach § 36 Abs 2 Nr 2 EStG auf die ESt angerechnet.
Rn. 32
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Es muss demnach ein inländischer Betrieb und damit idR auch eine inländische Betriebsstätte iSd § 12 AO oder ein inländischer Vertreter iSd § 13 AO vorliegen (vgl BFH v 23.10.1991, BStBl II 1992, 185). Ein inländischer Betrieb ist bei allen Gewinneinkünften möglich, sodass Einkünfte aus luf, gewerblichen und selbstständigen Betrieben erfasst werden. Maßgebend für die Auslegung der Begrifflichkeit des "inländischen Betriebs" iSd § 50 Abs 2 S 2 Nr 1 EStG ist mE nur das nationale Steuerrecht; irrelevant sollten daher insb abkommensrechtliche Regelungen sein. Als inländischer Betrieb sollten mithin bspw auch gewerblich infizierte bzw geprägte PersGes qualifizieren, da diese gemäß § 15 Abs 3 Nr 1 u 2 EStG als Gewerbebetrieb gelten; unerheblich sollte diesbezüglich etwa sein, wenn die durch die PersGes vermittelten Einkünfte nach einem anwendbaren DBA (partiell) nicht als Unternehmensgewinne iSd Art 7 OECD-MA qualifizieren und aus abkommensrechtlicher Perspektive auch keine Betriebsstätte iSd Art 5 OECD vorliegt (s BFH v 29.11.2017 BFH/NV 2017, 684).
Rn. 33
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Nicht abschließend geklärt ist ferner, welcher Zusammenhang zwischen den Einkünften und dem inländischen Betrieb gegeben sein muss, damit tatbestandsseitig "Einkünfte eines inländischen Betriebs" vorliegen. Mangels spezifischer gesetzlicher Regelung kann mE sowohl ein wirtschaftlicher Zusammenhang – etwa Veranlassung durch eine inländische Betriebsstätte (s Herkenroth/Striegel in H/H/R, § 50 Rz 222 (Februar 2021)) bzw Prüfung gemäß der BetriebsstättengewinnaufteilungsVO v 17.10.2014 (BGBl I 2014, 1603) – als auch ein rechtlicher Zusammenhang (bspw Anteile an einer KapGes im Gesamthandsvermögen einer PersGes; s Bsp unten) maßgebend sein. Insb nicht erforderlich sollte eine abkommensrechtliche funktionale/tatsächliche Zuordnung sein.
Beispiel:
Eine natürliche Person ist in einem ausländischen DBA-Staat ansässig. Sie ist 100 %ige Kommanditistin einer iSd § 15 Abs 2 EStG gewerblich tätigen PersGes mit ausschließlicher Betriebsstätte iSd § 12 AO im Inland. Im Gesamthandsvermögen der PersGes befindet sich eine 100 %ige Beteiligung an einer im Inland ansässigen KapGes.
Eine Gewinnausschüttung der KapGes führt zu einer beschränkten EStPfl der natürlichen Person im Inland. Die Gewinnausschüttung unterliegt der KapSt. Die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs greift aufgrund der Ausnahmeregelung des § 50 Abs 2 S 2 Nr 1 EStG nicht.
Kein anderes Ergebnis stellt sich ein, wenn die PersGes nicht originär gewerblich tätig ist, sondern gewerblich geprägt iSd § 15 Abs 3 Nr 2 EStG. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass die über die PersGes erzielte Gewinnausschüttung aus Sicht des anzuwendenden DBA nicht als Unternehmensgewinn iSd Art 7 OECD-MA nachgebildeten Vorschrift einzustufen ist und potenziell auc...