Dr. Barbara Zuber, Stefan Ditsch
A. Anspruchsgrundlage und materielle Voraussetzungen
Rn. 50
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
§ 50c Abs 3 EStG entspricht inhaltlich dem § 50d Abs 1 S 2 und 3 EStG aF und setzt den allgemeinen Rechtsgedanken um, dass die Einbehaltung der Steuer aus Sicht des Vergütungsgläubigers ohne rechtlichen Grund erfolgt und nur durch das nachfolgende Erstattungsverfahren gerechtfertigt ist (zur Qualität als allgemeiner Rechtsgedanke BFH vom 02.02.2022, I R 22/20, BStBl II 2022, 324 Tz 63 mwN).
Materiell ergibt sich der Erstattungsanspruch des Vergütungsgläubigers aus § 37 Abs 2 AO iVm § 43b EStG, § 50g EStG oder der Regelung in einem DBA, die das deutsche Besteuerungsrecht einschränkt oder ausschließt.
Gemäß § 50c Abs 3 S 1 EStG ist für die Erstattung das BZSt zuständig, welches als Grundlage einen Freistellungsbescheid erlässt.
Rn. 51
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Materielle Voraussetzungen einer Erstattung sind gemäß § 50c Abs 3 S 1 EStG
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das Vorliegen eines Entlastungsanspruchs nach § 43b EStG, § 50g EStG oder nach DBA, der |
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nicht durch § 50d Abs 3 EStG oder § 50j EStG eingeschränkt ist, sowie |
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die Einbehaltung und Abführung der Steuer, ggf deren Entrichtung aufgrund eines Haftungs- oder Nachforderungsbescheids. |
Erforderlich ist nach dem Gesetzeswortlaut die tatsächliche Abführung bzw Entrichtung der Steuer an die zuständige FinBeh. Ist die Steuer zwar einbehalten, aber nicht abgeführt worden, kommt eine Erstattung nicht in Frage (zu § 50d Abs 1 EStG aF BFH vom 02.02.2022, I R 22/20; BStBl II 2022, 324, Tz 63; BFH vom 24.08.2011, BFH/NV 2012, 559 mwN; aA Grams, BB 1997, 70).
Materiell anspruchsberechtigt ist grundsätzlich der Vergütungsgläubiger als Schuldner der Steuer, dem die Einkünfte im Zeitpunkt des Zuflusses nach deutschem Steuerrecht zuzurechnen sind. Der Erstattungsanspruch steht unter der Bedingung, dass der Gläubiger der KapErtr keinen Anspruch auf Anrechnung der Abzugsteuer nach § 36 Abs 2 Nr 2 EStG im Rahmen einer Veranlagung geltend machen kann.
Der antragsberechtigte beschränkt stpfl Gläubiger muss nicht notwendigerweise mit dem zivilrechtlichen Gläubiger übereinstimmen; Abweichungen können sich zB ergeben, wenn die Einkünfte nach §§ 39, 42 AO einer anderen Person als dem zivilrechtlich Berechtigten zuzuordnen sind, oder im Falle von hybriden Gesellschaften, die in den jeweiligen DBA-Staaten unterschiedlich als transparent oder intransparent behandelt werden. Der Gesetzgeber hat versucht, diese Fälle durch die Regelung des § 50d Abs 11a EStG (vormals § 50d Abs 1 S 11 EStG aF zu lösen; allerdings ist die Reichweite der Norm (Zurechnung nur für die Erstattung oder auch in materiell-rechtlicher Hinsicht?) nach wie vor strittig (für eine nur verfahrensrechtliche Wirkung FG Köln v 16.11.2022, 2 K 750/19, juris, Rev I R 13/23).
B. Antragsfrist (§ 50c Abs 3 S 2 EStG)
Rn. 52
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Nach § 50c Abs 2 S 2 EStG ist der Erstattungsantrag binnen einer Frist von vier Jahren zu stellen, beginnend mit dem Ablauf des Kj des Zuflusses, aber nicht endend vor Ablauf eines Jahres (§ 50d Abs 1 S 10 EStG aF: 6 Monate) seit dem Zeitpunkt der Entrichtung der Steuer (zu § 50d Abs 1 EStG aF FG Köln EFG 2017, 842, rkr) und nicht vor Ablauf der im DBA vorgesehenen Frist.
Diese speziellen Festsetzungsfristen gehen den allgemeinen Regelungen der §§ 169ff AO vor; eine Anlaufhemmung der Frist nach § 170 Abs 2 AO kommt daher nicht in Frage (s zB Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50c EStG Rz 59, November 2021; Gosch in Kirchhof, § 50c EStG Rz 29, 21. Aufl; 2022; zu § 50d Abs 1 EStG aF BFH vom 13.04.2021, I R 31/18, BFH/NV 2021, 1349; aA Haase DStZ 2019, 240: Rückgriff auf die längeren allgemeinen Fristenregelungen für den Fall durch den Antragsteller nicht zu vertretender Umstände). Die speziellen Fristen gelten auch dann, wenn in einem DBA kürzere Erstattungsfristen (zB Art 28 DBA Schweiz, Art 25b DBA Frankreich) vorgesehen sind.
Längere Antragsfristen nach Abkommensrecht (zB Art 29 Abs 2 DBA USA, Art 29 Abs 2 DBA Großbritannien) gehen nach der gesetzlichen Regelung explizit vor. Diese Meistbegünstigung entspricht uE bereits der bisherigen Rechtslage nach § 50d Abs 1 S 9,10 EStG aF, da diese Regelungen nicht als Treaty override formuliert waren (s Kempf/Loose/Oskamp, IStR 2017, 854, 857; Gosch in Kirchhof, § 50c EStG Rz 29, 21. Aufl 2022).
C. Steuerbescheinigungen (§ 50c Abs 3 S 3 EStG)
Rn. 53
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
§ 50c Abs 3 S 3 legt fest, welche Steuerbescheinigungen als Voraussetzungen für die Erstattung bzw die Erteilung eines Freistellungsbescheids notwendig sind. Für die KapSt ist dies die Vorlage einer Bescheinigung nach § 45a Abs 2 und 3 EStG bzw die elektronische Übermittlung der entsprechenden Bescheinigungsdaten nach § 45 Abs 2a EStG; dies stellt (abweichend von § 50d Abs 4 S 1 EStG aF) eine unabdingbare Voraussetzung für die Erstattung dar und gilt nicht mehr nur für die Fälle der Sammelverwahrung iSd § 43 Abs 1 S 1 EStG, sondern für alle Fälle, in denen Bescheinigungen nach § 45a Abs 2 und 3 EStG auszustellen sind (BT-Drs 19/27632, 54).
Bei Erstattungsanträgen der nach § 50a EStG abgeführten Steuer ist die Vorlage einer Bescheinigung nach § 50a Ab...