Dr. Carl Ulrich Hildesheim
A. Objektiver Tatbestand (§ 50f Abs 1 EStG) – Rechtslage bis 25.11.2019
1. Verletzung der Pflichten nach § 22a Abs 1 S 1 EStG (bis 31.12.2017: § 22a Abs 1 S 1 und 2 EStG)
Rn. 5
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Die die Verletzung der Pflichten nach § 22a Abs 1 S 1 EStG (und bis 31.12.2017 § 22a Abs 2 S 2 EStG, s Rn 1a und 7) sanktionierende Vorschrift des § 50f Abs 1 Nr 1 EStG wurde durch das JStG 2010 (BGBl I 2010, 1768) in das EStG eingefügt und war erstmals auf Rentenbezugsmitteilungen anzuwenden, die für den VZ 2010 zu übermitteln waren (zur Anwendungsvorschrift des § 52 Abs 59b EStG aF s Rn 1). Ebenso wie die Vorschrift des § 22a Abs 5 EStG (Erhebung von Verspätungsgeld, s § 22a Rn 47bff (Hildesheim)) war § 50f Abs 1 Nr 1 EStG auf Anregung des BR in das Gesetzgebungsverfahren aufgenommen worden, um die nach § 22a Abs 1 S 1 EStG Mitteilungspflichtigen dazu anzuhalten, ihren Verpflichtungen nach § 22a EStG rechtzeitig und mit zutreffenden Datensätzen nachzukommen. Der BR begründete dies mit dem Ergebnis einer testweisen Auswertung von Rentenbezugsmitteilungen für die VZ 2005–2008, bei der festgestellt worden war, dass viele Mitteilungspflichtige ihren Mitteilungspflichten nach § 22a EStG gar nicht oder nur unzureichend nachgekommen waren. Dadurch sei die maschinelle Auswertung der Rentenbezugsmitteilungen massiv erschwert worden. Insofern erscheine es zweckmäßig, die FinVerw mit Sanktionsmöglichkeiten auszustatten, was letztlich der Sicherstellung der verfassungsmäßigen Besteuerung der Renteneinkünfte diene (BT-Drucks 17/2823, 16 und 17).
Rn. 6
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Der objektive Tatbestand des § 50f Abs 1 Nr 1 EStG ist dann erfüllt, wenn die nach § 22a Abs 1 S 1 EStG Mitteilungspflichtigen ihren in § 22a Abs 1 S 1 EStG (und bis 31.12.2017 S 2) geregelten Pflichten iRd Rentenbezugsmitteilungsverfahrens dadurch nicht nachkommen, dass sie die nach diesen Bestimmungen zu übermittelnden Daten oder Mitteilungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig an die zentrale Stelle nach § 81 EStG übermitteln. Der notwendige Inhalt des Datensatzes ist nunmehr in § 93c Abs 1 Nr 2 Buchst a–e AO festgelegt, wobei für Zwecke der Rentenbezugsmitteilungen die mitzuteilenden Daten eingeschränkt und konkretisiert werden in § 22a Abs 1 S 1 Nr 1–6 EStG (bzw Nr 7 bis 31.12.2016 und ab 01.01.2019).
Neben den persönlichen Daten der Leistungsempfänger und deren ID-Nr zählen zu den zu übermittelnden Daten insbesondere die Höhe der Leistungen sowie die entsprechenden Rechtsgrundlagen – sog Rechtsgründe –, die sich aus § 22 Nr 1 und 4 EStG (vormals Nr 5) ergeben (zu den Daten im Einzelnen s § 22a Rn 16ff (Hildesheim), vgl auch zur früheren Rechtslage Anlage zu BMF vom 07.12.2011, BStBl I 2011, 1223).
Der Tatbestand des § 50f Abs 1 Nr 1 EStG kann auch durch Unterlassen erfüllt sein, was zB dann zu bejahen ist, wenn der in der Vergangenheit für die Leistungen angegebene Rechtsgrund falsch war und eine Korrektur der betreffenden Mitteilung trotz inzwischen besserer Erkenntnis unterbleibt (vgl das Bsp in BMF vom 07.12.2011, BStBl I 2011, 1223 Rz 5; vgl auch BT-Drucks 17/3549, 21; auch s § 22a Rn 34 (Hildesheim)). In diesen Fällen ist eine Verantwortlichkeit der Mitteilungspflichtigen hinsichtlich einer Korrektur der unzutreffenden Rentenbezugsmitteilungen zu bejahen (sog Garantenstellung iSd § 377 Abs 2 AO und § 8 OWiG).
Zu beachten ist, dass nur Beträge in die Rentenbezugsmitteilungen aufzunehmen sind, die beim Leistungsempfänger der Besteuerung unterliegen und auch tatsächlich gezahlt wurden. Von der ESt befreite oder nicht steuerbare Leistungen sind nicht mitzuteilen (BMF vom 07.12.2011, BStBl I 2011, 1223 Rz 3 und 103; auch s § 22a Rn 25 (Hildesheim)). Eine Verletzung der Pflichten nach § 22a Abs 1 S 1 EStG ist insoweit nicht zu bejahen, so dass der objektive Tatbestand des § 50f Abs 1 Nr 1 EStG in solchen Fällen nicht erfüllt ist.
Rn. 7
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Bis 31.12.2017: Eine Verletzung der Pflichten nach § 22a Abs 1 S 2 EStG lag gemäß § 50f Abs 1 Nr 1 EStG aF dann vor, wenn der betreffende Mitteilungspflichtige die Datenübermittlung nicht nach dem amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Datenfernübertragung vornimmt (zu den Einzelheiten s § 22a Rn 36f (Hildesheim)).
Ab 01.01.2018: Nach dem neuen § 22a Abs 1 S 1 EStG haben die Rentenbezugsmitteilungen "nach Maßgabe des § 93c AO" zu erfolgen. Gemäß § 93c Abs 1 Nr 1 AO hat die mitteilungspflichtige Stelle die Daten "nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung über die amtlich bestimmte Schnittstelle" zu übermitteln.
Rn. 8–9
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
vorläufig frei.
2. Verletzung der Pflichten nach § 22a Abs 2 S 8 EStG (bis 31.12.2017: § 22a Abs 2 S 9)
Rn. 10
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Der Tatbestand des § 50f Abs 1 Nr 2 EStG war bis zum Inkrafttreten des JStG 2010 (BGBl I 2010, 1768) in § 50f Abs 1 EStG aF geregelt und war dann inhaltlich unverändert in § 50f Abs 1 Nr 2 EStG übernommen worden. Bis dahin war er der alleinige bußgeldbewehrte Tatbestand des § 50f EStG. § 50f Abs 1 Nr 2 EStG bezieht sich auf die Vorschrift des § 22a Abs 2 S 8 EStG (vormals S 9, s Rn 1a), die regelt, dass Mitteilungspflichtige iSd § 22a Abs 1 S 1 EStG (zB ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung) die ihnen anvertr...