1. Regelung iSd Art 82 Abs 2 GG
Rn. 21
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Nach Art 82 Abs 2 S 1 GG soll jedes Gesetz den Tag seines Inkrafttretens bestimmen. Für den Fall, dass eine solche Bestimmung fehlt, trifft Art 82 Abs 2 S 2 GG die Regelung, dass das Gesetz mit dem 14. Tag nach Ablauf des Tages in Kraft tritt, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist. Die Regelung in § 52 Abs 1 EStG, wonach diese Fassung des EStG erstmals für einen ausdrücklich benannten VZ anzuwenden ist, folgt der in Art 82 Abs 2 S 1 GG.
In der Gesetzeswirklichkeit überwiegen jedoch die Ausnahmeregelungen in § 52 Abs 2 EStG, die für einzelne Vorschriften des EStG eine von der Grundregel in § 52 Abs 1 EStG abweichende frühere oder spätere Anwendung vorsehen. Sowohl § 52 Abs 1 EStG als auch den in § 52 Abs 2ff EStG enthaltenen Ausnahmeregelungen liegt eine auf den VZ bezogene Betrachtungsweise zugrunde, BFH v 19.07.2011, IV R 53/09, BStBl II 2011, 1017; Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, § 52 EStG Rz 4 (6. Aufl 2021).
Rn. 22–25
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
vorläufig frei
2. Entfallen oder Ersetzen einzelner Absätze durch neue Vorschriften
Rn. 26
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Soweit durch Neufassungen des § 52 EStG einzelne Absätze oder Geltungsregelungen wegfallen oder durch andere Regelungen ersetzt werden, lassen sich die ursprünglichen Anwendungsregelungen, die nicht aufgehoben werden, nicht mehr aus dem EStG entnehmen. Diese ursprünglichen Anwendungsregelungen gelten jedoch weiter, soweit sich die spätere Anwendungsregelung auf eine andere Gesetzesfassung bezieht, BFH v 25.07.1991, XI R 36/89, BStBl II 1992, 26 zu § 10d EStG; Hey in H/H/R, § 52 EStG Rz 3 (07/2023).
Der aus rechtsstaatlicher Sicht naheliegenden Forderung, dass sich anhand der jeweiligen Fassung des EStG sämtliche Anwendungsfragen klären lassen müssen, vgl Hey in H/H/R, § 52 EStG Rz 3 (07/2023), steht jedoch das ebenfalls im Rechtsstaatsprinzip fußende Gebot der Übersichtlichkeit der Vorschrift des § 52 EStG entgegen. Wären in § 52 EStG sämtliche seit dem Inkrafttreten des EStG zu irgendeinem Zeitpunkt geltenden Anwendungsregelungen enthalten, wäre diese Vorschrift infolge Ihrer Unübersichtlichkeit nicht mehr handhabbar, Seiler in Kirchhof/Seer, § 52 EStG Rz 5 (23. Aufl 2024).
Rn. 27–35
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vorläufig frei
3. Delegationsverbot
Rn. 36
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Die Bestimmung der zeitlichen Geltung des EStG bzw einzelner Regelungen des EStG durch § 52 EStG ist Teil der materiellen Regelungen des EStG, die durch den Gesetzgeber zu erfolgen hat, BVerfG v 07.07.1992, 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90, BVerfGE 87, 48, 32; Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, § 52 EStG Rz 2 (6. Aufl 2021). § 51 Abs 4 Nr 2 EStG ermöglicht nur die Korrektur von redaktionellen Versehen und offensichtlichen Fehlern im Wortlaut des Gesetzes, Seiler in Kirchhof/Seer, § 52 EStG Rz 4 (23. Aufl 2024).
Rn. 37
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Dass die erstmalige Anwendung des erhöhten LSt-Einbehalts in der Seeschifffahrt sich nach § 52 Abs 40a EStG nach einer von der EU-Kommission erteilten Genehmigung richtet, stellt keinen Verfassungsverstoß dar. Nach BVerfG v 29.09.2020, 1 BvR 1550/19, BVerfGE 155, 378, Rz 36 ff, 40 ist es dem Grunde nach mit Art 82 Abs 2 S 1 GG vereinbar, das Inkrafttreten eines Gesetzes an die Bedingung beihilfenrechtlicher Maßnahmen der Europäischen Kommission zu knüpfen, wenn der Gesetzgeber das grundsätzliche Verbot staatlicher Beihilfen (vgl Art 107 Abs 1 AEUV) und das für tatbestandliche Beihilfen geltende Notifizierungserfordernis (vgl Art 108 Abs 3 AEUV) zu berücksichtigen hat.
Rn. 38
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Die Regelungen in § 52 Abs 36 und 37 EStG, die die Entscheidung über den Zeitpunkt der Bildung und erstmalige Übermittlung bestimmter LSt-Abzugsmerkmale sowie den Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des § 39a Abs 1–5 EStG an das BMF im Einvernehmen mit den obersten Länder-FinBeh delegieren, begegnen hingegen im Hinblick auf Art 82 Abs 2 S 1 GG rechtsstaatlichen Bedenken, Seiler in Kirchhof/Seer, § 52 EStG Rz 4 (23. Aufl 2024); Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, § 52 EStG Rz 2 (6. Aufl 2021); aA Heuermann in Brandis/Heuermann, § 52 EStG Rz 36, 37 (02/2023).[RZABSCHNITT#LI13047769]
Rn. 39
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Die Bestimmung der erstmaligen Anwendung der Regelungen in § 50a Abs 3 und 5 ESt betreffend die AbgSt-Vorschriften für beschränkt StPfl und den hierfür notwendigen Quellensteuerabzug erfolgt gem § 52 Abs 47 EStG durch eine Rechtsverordnung der BReG, die der Zustimmung des BR bedarf und somit nicht durch Gesetz. Somit dürfte auch insoweit ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Delegationsverbot vorliegen, das im Grundsatz der Gewaltenteilung fußt, Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, § 52 EStG Rz 2 (6. Aufl 2021); vgl auch Seiler in Kirchhof/Seer, § 52 EStG Rz 4 (23. Aufl 2024).
Rn. 40–49
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
vorläufig frei