1. Regelung iSd Art 82 Abs 2 GG
Rn. 21
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Nach Art 82 Abs 2 S 1 GG soll jedes Gesetz den Tag seines Inkrafttretens bestimmen. Für den Fall, dass eine solche Bestimmung fehlt, trifft Art 82 Abs 2 S 2 GG die Regelung, dass das Gesetz mit dem 14. Tag nach Ablauf des Tages in Kraft tritt, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist. Die Regelung in § 52 Abs 1 EStG, wonach diese Fassung des EStG erstmals für einen ausdrücklich benannten VZ anzuwenden ist, folgt der in Art 82 Abs 2 S 1 GG.
In der Gesetzeswirklichkeit überwiegen jedoch die Ausnahmeregelungen in § 52 Abs 2 EStG, die für einzelne Vorschriften des EStG eine von der Grundregel in § 52 Abs 1 EStG abweichende frühere oder spätere Anwendung vorsehen. Sowohl § 52 Abs 1 EStG als auch den in § 52 Abs 2ff EStG enthaltenen Ausnahmeregelungen liegt eine auf den VZ bezogene Betrachtungsweise zugrunde, BFH v 19.07.2011, IV R 53/09, BStBl II 2011, 1017; Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, § 52 EStG Rz 4 (6. Aufl).
Rn. 22–25
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
vorläufig frei
2. Entfallen oder Ersetzen einzelner Absätze durch neue Vorschriften
Rn. 26
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Soweit durch Neufassungen des § 52 EStG einzelne Absätze oder Geltungsregelungen wegfallen oder durch andere Regelungen ersetzt werden, lassen sich die ursprünglichen Anwendungsregelungen, die nicht aufgehoben werden, nicht mehr aus dem EStG entnehmen. Diese ursprünglichen Anwendungsregelungen gelten jedoch weiter, soweit sich die spätere Anwendungsregelung auf eine andere Gesetzesfassung bezieht, BFH v 25.07.1991, XI R 36/89, BStBl II 1992, 26 zu § 10d EStG; Hey in H/H/R, § 52 EStG Rz 3 (April 2021); aA Seiler in Kirchhof/Seer, § 52 EStG Rz 5 (20. Aufl), wonach in solchen Fällen im Hinblick auf Art 82 Abs 2 GG wieder die Grundregel des § 52 Abs 1 EStG gilt; kritisch auch Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, § 52 EStG Rz 1 (6. Aufl) unter Hinweis auf das Vorabentscheidungsersuchen des FG Köln v 19.02.2014, 13 K 3906/09, IStR 2014, 733 zu dem seinerzeit nicht mehr im EStG abgedruckten § 52 Abs 3 EStG 2002, der die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 2a EStG aF betraf und nicht den (nunmehr ebenfalls abgeschafften) § 2b EStG.
Der aus rechtsstaatlicher Sicht naheliegenden Forderung, dass sich anhand der jeweiligen Fassung des EStG sämtliche Anwendungsfragen klären lassen müssen, steht jedoch das ebenfalls im Rechtsstaatsprinzip fußende Gebot der Übersichtlichkeit der Vorschrift des § 52 EStG entgegen. Wären in § 52 EStG sämtliche seit dem Inkrafttreten des EStG zu irgendeinem Zeitpunkt geltenden Anwendungsregelungen enthalten, wäre diese Vorschrift infolge Ihrer Unübersichtlichkeit nicht mehr handhabbar.
Rn. 27–35
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vorläufig frei
3. Delegationsverbot
Rn. 36
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Die Bestimmung der zeitlichen Geltung des EStG bzw einzelner Regelungen des EStG durch § 52 EStG ist Teil der materiellen Regelungen des EStG, die durch den Gesetzgeber zu erfolgen hat, BVerfG v 07.07.1992, 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90, BVerfGE 87, 48, 32; Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, § 52 EStG Rz 2 (6. Aufl). § 51 Abs 4 Nr 2 EStG ermöglicht nur die Korrektur von redaktionellen Versehen und offensichtlichen Fehlern im Wortlaut des Gesetzes.
Die Regelungen in § 52 Abs 36 u 37 EStG, die die Entscheidung über den Zeitpunkt der Bildung und erstmalige Übermittlung bestimmter LSt-Abzugsmerkmale sowie den Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des § 39a Abs 1–5 EStG an das BMF im Einvernehmen mit den obersten Länder-FinBeh delegieren, beinhalten somit einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Delegationsverbot, Seiler in Kirchhof/Seer, § 52 EStG Rz 4 (20. Aufl); Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, § 52 EStG Rz 2 (6. Aufl).
Rn. 37
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Dass die erstmalige Anwendung des erhöhten LSt-Einbehalts in der Seeschifffahrt sich nach § 52 Abs 40a EStG nach einer vom BMF bekanntzugebenden Genehmigung der EU-Kommission richtet, begegnet rechtsstaatlichen Bedenken, Seiler in Kirchhof, § 52 EStG Rz 4 (20. Aufl) unter Hinweis auf BVerfG v 21.09.2016, 2 BvL 1/15, BVerfGE 143, 38, 52ff.
Auch bei den Regelungen in § 52 Abs 4a, 33a u 35a EStG zur Anwendung des § 3a, des § 32c EStG sowie des § 36 Abs 2 S 3 EStG bestehen ähnliche Bedenken, vgl Seiler in Kirchhof/Seer § 52 EStG Rz 4 (20. Aufl), da es insoweit jeweils einer Genehmigung der EU-Kommission bedarf. Zwar enthalten § 52 Abs 4a, 33a EStG jeweils zwar keinen Hinweis darauf, dass §§ 3a, 32c, 36 Abs 2 Nr 3 EStG erst nach Bekanntgabe einer von der EU erteilten Freigabe durch das BMF bzw nach beihilferechtlicher Freigabe durch die EU-Kommission gelten, diese Regelungen findet sich jedoch für § 3a EStG in Art 19 SchädlStPraktG v 27.06.2017, BGBl I 2017, 2074, bzgl § 32c EStG in Art 39 Abs 8 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität …, BGBl I 2019, 2451 und bzgl des § 36 Abs 2 Nr EStG in Art 2 des Gesetzes v 20.12.2016, BGBl I 2016, 3045.
Rn. 38
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Die Bestimmung der erstmaligen Anwendung der Regelungen in § 50 Abs 2 ESt...