Dipl.-Finanzwirt Hans-Jürgen Weiland
Rn. 32
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Die Bereederung umfasst die strategische und wirtschaftliche Verwaltung des Schiffes (zur Vertretungsbefugnis des Korrespondentreeders vgl § 493 HGB). Um zu gewährleisten, dass die strategische und wirtschaftliche Verwaltung tatsächlich (und im Wesentlichen) auf dem deutschen Hoheitsgebiet erfolgt, ist das Erfordernis der Bereederung der begünstigten Handelsschiffe im Inland als eine zusätzliche und eigenständige Voraussetzung mit der Konjunktion des zweiten Halbsatzes "..., wenn..." aufgenommen worden. Sie dient dem Zweck der Erschaffung und Erhaltung hochwertiger Arbeitsplätze an Land, wie das Schiffsmanagement oder die damit verbundenen Tätigkeiten und ist die wesentliche Rechtfertigung für die Steuerbegünstigung (Leitlinie der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr vom 05.07.1997, 97 C 205/05).
Rn. 33
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Nach BMF vom 10.07.2023, BStBl I 2023, 1486 Rz 2 müssen die dort zu Rz 1 aufgelisteten wesentlichen Tätigkeiten zumindest fast ausschließlich tatsächlich im Inland durchgeführt werden. Dies gilt auch bei Delegation einzelner (oder sämtlicher) Aufgaben der Bereederung auf andere Unternehmen. Die Grenze für den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung (mehr als 50 %) kann hier keine Anwendung finden (aA Bartholl in Hansa 10/1998, 14).
Um die Verlagerung von Schifffahrtsunternehmen nach Deutschland zu erleichtern, sei es nach Auffassung der FinVerw zweckmäßig, einen Kompromiss zwischen der Formulierung "überwiegend" (BFH vom 03.07.1997, BStBl II 1998, 86) und "ausschließlicher" Durchführung der wesentlichen Tätigkeiten der Bereederung zu wählen. Wegen des klaren Gesetzeswortlautes, der bereits bestehenden Beschränkungen auf die wesentlichen Tätigkeiten und der Einschränkung "fast" ausschließlich ist eine weitergehende Aufweichung abzulehnen. Im Übrigen ist auch die aktuelle Fassung des BMF vom 10.07.2023, BStBl I 2023, 1486 Rz 1 und 2 ausreichend flexibel, um den tatsächlichen Abläufen des Bereederungsgeschäftes Rechnung zu tragen.
Der Katalog in Rz 1 beschreibt das Bereederungsgeschäft. Es genügt, wenn bei einer quantifizierten Betrachtung der Gesamttätigkeit der Bereederung im Wj diese fast ausschließlich im Inland durchgeführt wurde, wobei das Schwergewicht auf der Befrachtung und Bemannung des Schiffes liegt.
Die in BMF vom 10.07.2023, BStBl I 2023, 1486 Rz 1 aufgelisteten Tätigkeiten sind nicht gleich zu gewichten und auch nicht kumulativ zu erfüllen. Auch bei Delegation einzelner Tätigkeiten der Bereederung auf Dritte gilt, dass nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse fast ausschließlich sämtliche Tätigkeiten im Inland ausgeübt werden. In diesen Fällen erscheint eine kontinuierliche Kommunikation, ggf vertragliche Verpflichtungen der Dritten zur Sicherstellung der Ausübung der ihnen übertragenen Tätigkeiten im Inland, unabdingbar.
Rn. 34
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Zu der Bereederung gehören auch die Aufgaben, die durch die Einführung der Sicherheitscodes "International Safety Management" (ISM, ab dem 01.07.2002) und "International Ship and Port Security Code" (ISPS, ab dem 01.07.2004) wahrgenommen werden müssen. Es besteht neben vielem Weiteren auch die Pflicht zur Bestellung eines Durchführungsbeauftragten an Land (Sicherheitsinspektor, "designated person") als Bindeglied zwischen dem landseitigen Betriebsteil der Reederei und den dazugehörigen Schiffen.
Rn. 35
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Die Rahmenbedingungen beider Sicherheitscodes sind sehr unterschiedlich:
- Der ISM gesteht 7 Jahre bis zur Zertifizierungsfrist zu. Das Thema der Unfallverhütung und Unfallerfassung ist bereits langjährig bekannt, und die Sicherheitsvorschriften werden überwiegend praktiziert. Das zur Anwendung erforderliche Fachwissen ist weitestgehend schon durch die seemännische Ausbildung abgedeckt.
- Der ISPS gesteht nur 1,5 Jahre bis zur Zertifizierungsfrist zu. Das Thema der Sicherheit im Hinblick auf terroristische Angriffe, inkriminierte Ladungen sowie blinde Passagiere etc ist weitestgehend neu. Der ISPS gliedert sich sehr umfangreich in Teil A (verbindliche Vorschriften) und Teil B (Leitfaden). Auch wenn Teil B des Codes nicht verbindlich vorgeschrieben ist, wird eine Umsetzung dringend empfohlen, da ansonsten US-amerikanische Gewässer bzw Häfen nicht angelaufen werden dürfen. Der Aufbau und die fortlaufende Betreuung (Dokumentationen, Schulungen und Übungen) des ISPS erfordert ein spezielles Expertenwissen in der Anti-Terror-Bekämpfung und einen nicht unerheblichen Personal- und Kostenaufwand.
Die landseitigen Sicherheitsinspektoren sind verantwortlich dafür zu benennen, dass die Risikobewertung für das Schiff durchgeführt, ein Plan zur Gefahrenabwehr für das betreffende Schiff ausgearbeitet, zur Genehmigung vorgelegt sowie danach umgesetzt und fortgeschrieben wird. Zu ihren Aufgaben gehört die Pflege von Kontakten mit den Beauftragten zur Gefahrenabwehr in der Hafenanlage und auf dem Schiff.
Die Tätigkeiten der Sicherheitsinspektoren sind den wesentl...