Prof. Dr. Lutz Richter, Dr. Magdalena Kruczynski
A. Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB für die steuerliche Gewinnermittlung
Rn. 39
Stand: EL 142 – ET: 04/2020
Seit der Verabschiedung des BilMoG v 25.05.2009, BGBl I 2009, 1102 nimmt die Bedeutung einer eigenständigen StB zu, während die seither in § 5 Abs 1 S 1 Hs 1 EStG verankerte Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB für die steuerliche Gewinnermittlung unverändert Gültigkeit besitzt (s BMF v 12.03.2010, BStBl I 2010, 239 Rz 1; Richter, GmbHR 2010, 505). Mangels einer gesetzlichen Definition des Begriffs "Steuerbilanz" (s Rn 10) geht das Steuerrecht von den handelsrechtlichen Begriffen der Bilanz und der GuV (§§ 266 u 275 HGB) aus. Die dort vorausgesetzten und in Bezug genommenen handelsrechtlichen GoB sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung anzuwenden. Die Grundsätze der Bilanzklarheit und Übersichtlichkeit (§ 243 Abs 2 HGB) sowie der Ansatz- und Bewertungsstetigkeit (§ 246 Abs 3 HGB, § 252 Abs 1 Nr 6 HGB) gelten somit auch für die E-Bilanz (s BMF v 19.01.2010, BStBl I 2010, 47 Rz 1).
Die E-Bilanz und die E-GuV orientieren sich zwar an den Gliederungsvorschriften der §§ 266 u 275 HGB, jedoch weichen sie in der Gliederungstiefe erheblich von diesen ab. Die für die Übermittlung notwendigen Gliederungen weisen eine Vermischung von handelsrechtlichen und steuerlichen Elementen auf, wobei Letztere dominieren (s Hoffmann, DB 2010, Heft 38, M1).
Da die Verpflichtung nach § 5b EStG unabhängig von der Rechtsform und der Unternehmensgröße besteht, werden Kleinst-KapGes und kleine KapGes sowohl bei der Aufstellung der Bilanz als auch der GuV zur Anwendung der auf §§ 266 u 275 HGB basierenden steuerlichen Gliederungsschemata gezwungen; größenabhängige Erleichterungen gem §§ 266 Abs 1 S 3–4 u 276 HGB iVm § 267a Abs 2 HGB besitzen – unter Berufung auf den steuerlichen Mindestumfang – keine Gültigkeit.
§ 247 Abs 1 HGB, der die Bilanzgliederung für Einzelunternehmen und PersGes bestimmt (s dazu ausführlich Hütten/Lorson in HdR-E, § 247 HGB Rz 6ff), läuft ebenfalls ins Leere, denn die E-Bilanz zwingt auch Nicht-KapGes zur Anwendung des auf § 266 HGB aufbauenden steuerlichen Gliederungsschemas (aA Schumann/Arnold, DStZ 2011, 233). Der bisher für diese Unternehmen bestehende Gestaltungsspielraum (s A/D/S, § 247 HGB Rz 10, 6. Aufl) entfällt infolge der Standardisierung. Gleiches gilt für die GuV, deren Gliederung für Einzelunternehmen und PersGes nicht gesetzlich geregelt ist; bei Aufstellung der E-GuV ist das auf § 275 HGB aufbauende steuerliche Gliederungsschema zwingend anzuwenden.
B. Allg Grundsätze für die Gliederung des JA
Rn. 40
Stand: EL 142 – ET: 04/2020
In § 265 HGB sind für KapGes und ihnen gleichgestellte Gesellschaften die allg Grundsätze für die Gliederung des JA kodifiziert. Nach § 265 Abs 2 HGB ist zu jedem Bilanz- und GuV-Posten der entsprechende Betrag des Vorjahres anzugeben. Das Schreiben des BMF v 28.09.2011, BStBl I 2011, 855 macht diesbezüglich keine Angaben. Dem technischen Leitfaden zur E-Bilanz ist zu entnehmen, dass bei Übermittlung der HB und der handelsrechtlichen GuV Positionen sowohl für die berichtete als auch für die vorangegangene Periode übermittelt werden können (dies entspricht den Vorgaben des § 265 Abs 2 HGB), wohingegen sich die Positionen mit den steuerlichen Wertansätzen zwingend auf ein und denselben zeitlichen Kontext beziehen müssen (s Technischer Leitfaden zur HGB-Taxonomie 6.3 v 01.04.2019, Stand: 02.07.2019, 35). Für Vorjahres-Werte besteht somit keine Übermittlungspflicht nach § 5b EStG.
Die in § 265 Abs 5–7 HGB von den Gliederungsschemata zulässigen Abweichungen (s Dusemond/Heusinger-Lange/Knop in HdR-E, § 266 HGB Rz 4) – wie zB die Untergliederung bestimmter Bilanz- und GuV-Posten oder das Hinzufügen neuer Posten (§ 265 Abs 5 HGB), die Änderung der Gliederung und der Bezeichnung der Posten (§ 265 Abs 6 HGB) sowie die Zusammenfassung von Posten (§ 265 Abs 7 HGB) – sind bei der Einreichung nach § 5b EStG grds unzulässig. Die Gliederungen der E-Bilanz und der E-GuV müssen zwingend der Taxonomie entsprechen; individuelle Erweiterungen, wie zB die Änderung der Positionsbezeichnungen oder neue Positionen, können nicht übermittelt werden (s BMF v 28.09.2011, BStBl I 2011, 855 Rz 10; Technischer Leitfaden zur HGB-Taxonomie 6.3 v 01.04.2019, Stand: 02.07.2019, 35).
Die Standardisierung hat somit eine Einschränkung der Gliederungsflexibilität zur Folge. Die FinVerw begründet diese mit einem nicht vertretbaren technischen Aufwand, den Risiken hinsichtlich der Datenqualität und der Nichtverwendbarkeit der individuellen Positionen für das maschinelle Risikomanagement (s Technischer Leitfaden zur HGB-Taxonomie 6.3 v 01.04.2019, Stand: 02.07.2019, 47).