Jürgen Dräger, Tobias Müller
Rn. 1561
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
§ 6 Abs 5 S 1 EStG regelt die Überführung (s Rn 1515) eines Einzel-WG aus einem BV in ein anderes BV desselben StPfl. Diese Überführung hat zwingend zu Buchwerten zu erfolgen, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist (s Rn 1565ff). Eine Änderung der Rechtslage hat sich durch die Gesetzesentwicklung seit 01.01.1999 (s Rn 1530) insoweit nicht ergeben. Wegen der Billigkeitsregel (Wahlrecht) vor dem 01.01.1999 s Rn 1514. In der Skizze unter Rn 1512 ist dieser WG-Übergang unter S 1 dargestellt. Sie führt nicht zu einer Verlagerung der stillen Reserven zwischen verschiedenen Steuersubjekten.
Rn. 1562
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Regelung findet auf alle StPfl Anwendung, die zwei BV haben können. So kommt als überführendes Rechtssubjekt jede beschränkt oder unbeschränkt stpfl Person in Betracht, auch in Verbundenheit als Erbengemeinschaft oder Gütergemeinschaft mit mehreren BV, nicht dagegen Mitunternehmerschaften, da PersGes nur einen Betrieb führen können. Dies gilt für KapGes entsprechend, wohl aber nicht Körperschaften des öffentlichen Rechts (Betrieb gewerblicher Art).
Rn. 1563
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Bei der Überführung von einem BV des StPfl zum anderen kommt der Inhalt der finalen Entnahmetheorie (s Rn 1514) am deutlichsten zum Ausdruck. Dabei stellt diese Überführung (wie auch die Überführung nach S 2) steuersystematisch eine Entnahme aus den abgebenden und eine Einlage in das aufnehmende BV dar. Allerdings kommen die allg Bewertungsregeln in § 6 Abs 1 S 1 Nr 4 und 5 EStG hier nicht (s Rn 1055) zur Anwendung. § 6 Abs 5 S 1 EStG schreibt zwingend den Buchwertansatz vor. Ein Wahlrecht wird nicht gewährt. Das betreffende Einzel-WG oder mehrere Einzel-WG können AV oder UV und auch wesentliches BV darstellen. Die mit der Überführung verbundene Übernahme von Verbindlichkeiten ist bezüglich des Buchwertzwangs unschädlich.
Rn. 1564
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Überführung muss nicht in ein bereits bestehendes BV erfolgen, sie kann vielmehr dessen Entstehen bewirken; das gilt auch für Sonder-BV. Vgl zu vorigem BMF v 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279 Tz 5. Die Sicherstellung der Besteuerung stiller Reserven muss auch für die nach der Überführung entstehenden stillen Reserven gewährleistet sein (BMF aaO Tz 7).
Wegen des BV-Begriffs allg s §§ 4,5 Rn 49ff (Briesemeister).
Rn. 1565
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Der Buchwertansatz kommt nur zum Zuge, wenn die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Andernfalls wäre § 6 Abs 5 EStG nicht erfüllt, so dass die Entnahme mit dem Teilwert nach § 6 Abs 1 Nr 4 EStG und die Einlage nach § 6 Abs 1 Nr 5 EStG zu bewerten wäre. Diese Voraussetzung kann sowohl bei inländischen als auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten fraglich sein. Str ist, ob auch die Besteuerung der noch entstehenden stillen Reserven sichergestellt sein muss (vgl Niehus/Wilke in H/H/R, § 6 EStG Rz 1535 (08/2021)), die FinVerw geht davon aus (s Rn 1564). Dabei ist allein die einkommensteuerliche und nicht die gewerbesteuerliche Sicht entscheidend. Nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drs 14/23,173) sollte mit dem expliziten Hinweis auf die Sicherstellung der Besteuerung stiller Reserven gerade die Überführung eines WG in eine ausländische Betriebsstätte erfasst werden, weil dann dem deutschen Fiskus die Besteuerungshoheit über die stillen Reserven uU verlorengeht (hierzu s §§ 4,5 Rn 244ff (Briesemeister)).
Rn. 1566
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Bei reinen Inlandssachverhalten ist dieses Kriterium auch dann erfüllt, wenn ein WG aus einem BV in einen Betrieb der LuF überführt wird, dessen Gewinnermittlung nach § 13a EStG (Durchschnittssätzen) erfolgt. Für diese Auslegung spricht § 4 Abs 1 S 6 EStG, der eine Entnahme in diesen Fällen verneint, sowie die Erfassung von Veräußerungsgewinnen nach § 13a EStG. Entsprechend gilt auch dann, wenn WG in ein BV überführt werden, welches der Tonnagebesteuerung unterliegt. Die in den überführten WG enthalten stillen Reserven werden nach § 5a Abs 4 S 4 EStG zunächst festgehalten und bei Eintreten einer der in § 5a Abs 4 S 3 EStG genannten Tatbestände besteuert. Bei Übertragung aus einem tonnagebesteuerten BV geht § 5a Abs 6 EStG der Anwendung von § 6 Abs 5 EStG vor. Eine Ausnahme sollte gelten, wenn für das WG zunächst ein Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs 4 S 1 festgestellt worden ist. Niehus/Wilke plädieren in diesem Fall für eine teleologische Reduktion von § 5a Abs 4 S 3 und Abs 6 EStG dahingehend, dass einerseits eine Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags unterbleibt, andererseits jedoch der Teilwertansatz nach Abs 6 um den Unterschiedsbetrag zu vermindern ist (Niehus/Wilke in H/H/R, § 6 EStG Rz 1536).
Nicht erfüllt ist das Kriterium, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft ein WG aus dem BV ihres stpfl wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in das BV ihres steuerbegünstigten Zweckbetriebs überträgt. Entsprechendes gilt bei Übertragung in den ideellen oder vermögensverwaltenden Bereich. Unabhängig davon, ob eine Kö...