Jürgen Dräger, Tobias Müller
a) Definition, Ermittlung
Rn. 620
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Dem Grunde nach bilanzierbar ist nur der derivativ erworbene Geschäftswert (synonym: Firmenwert, Goodwill). Es muss also eine Gegenleistung iSd § 246 Abs 1 S 4 HGB iVm § 253 Abs 5 S 2 HGB für den Erwerb dieses Wertes erfolgt sein. Ansonsten kommt eine Aktivierung in der HB und StB nicht in Betracht. Wegen Einzelheiten s §§ 4,5 Rn 720ff (Hoffmann) und Krumm in Brandis/Heuermann, § 6 EStG Rz 933ff (05/2023).
Als Ausgangsgröße für die Bewertung (s Rn 145ff) kommen deshalb bei dieser Bilanzposition nur die AK (s Rn 150ff) in Betracht, in Einzelfällen "der an deren Stelle tretende Wert", zB bei unentgeltlicher Betriebsnachfolge gem § 6 Abs 3 EStG (s Rn 1404ff). HK scheiden aus, weil ansonsten das Verbot der Bilanzierung eines originären Geschäfts- oder Firmenwertes durchbrochen würde.
Rn. 621
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Praxiswert ist eine Spezialbezeichnung für den Firmenwert freiberuflicher Praxen, der seine Sonderstellung im Steuerrecht insb der kürzeren Nutzungs- und Abschreibungsdauer (s die Regeln nach § 7 EStG) verdankt. Dem wirtschaftlichen Gehalt nach entspricht ein Praxiswert demjenigen des "normalen" Geschäfts- oder Firmenwerts, soll sich allerdings dem BFH zufolge schneller verflüchtigen (s Rn 631).
Rn. 622
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Ermittlung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts erfolgt immer im Rahmen eines Unternehmenskaufes oder des Kaufs eines (Teil-)Betriebes. Dann stellt sich die Frage, wie der Gesamtkaufpreis auf die einzelnen WG – insb auch die immateriellen – aufzuteilen ist (s Rn 185 ff mit Rspr-Hinweisen, speziell zur Ermittlung des Geschäftswertes innerhalb der Sachgesamtheit unter s Rn 192). Maßgeblich ist der ständigen BFH-Rspr zufolge die sog Teilwertmethode, nach der für jedes einzelne erworbene WG der Teilwert zu ermitteln (schätzen) und ein etwa verbleibender Mehrwert des Kaufpreises gegenüber dem so ermittelten Vermögen (EK) den Geschäftswert bildet. Die materielle Bedeutung dieser Aufteilung liegt in der Folgebewertung durch Vornahme von Abschreibungen. Wegen "geschäftswertähnlichen WG" s §§ 4,5 Rn 723 (Hoffmann). Den wirtschaftlichen Gehalt des Geschäftswertes kann man als "gekauften zukünftigen Gewinn" bezeichnen.
Rn. 623
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
vorläufig frei
b) Teilwertabschreibung und Teilwertzuschreibung
Rn. 624
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Über die Regelabschreibung nach Maßgabe einer 15-jährigen Nutzungsdauer (für Praxiswert s § 7 Rn 97ff (Handzik)) hinaus kann eine Teilwertabschreibung "bei voraussichtlich dauernder Wertminderung" und in Folgejahren auch wieder eine Teilwertzuschreibung (hierzu s Rn 505ff) in Betracht kommen. Dies gilt auch nach IAS (IAS 22.55ff), allerdings ist IAS 22 gegenwärtig in Überarbeitung, doch führt der Appendix B zu IAS 36 unter B 114 ein "Impairment" (Verschlechterung) gegenüber dem fortgeführten Buchwert zum vergleichbaren Ergebnis (Erfordernis der Teilwertabschreibung). Umstritten ist allerdings die Frage einer Wertaufholung (s ebenda).
Rn. 625
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Für die Frage der Teilwertabschreibung und Wertaufholungszuschreibung beim Bilanzierungsobjekt "Firmenwert" gelten die allg Regeln (s Rn 400ff), dh ua für die Teilwertzuschreibung: Der Höchstbetrag ist durch die fortgeführten AK unter Berücksichtigung der Regelabschreibung "gedeckelt" (s Rn 508). Besonderheiten ergeben sich andererseits bei der Bestimmung des Teilwertes durch die erforderliche Definition des Bilanzpostens "Firmenwert" (s Rn 620ff). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich um ein eigentliches WG (handelsrechtlich Vermögensgegenstand), eine Bilanzierungshilfe oder um einen Bilanzposten eigener Art handelt.
Entscheidend kommt es auf den materiellen Gehalt dieses Bilanzpostens an. Entstanden als solcher kann er nur im Rahmen eines derivativen Erwerbes sein (s Rn 562). Die darin zum Ausdruck kommende Zukunftsertragserwartung des Erwerbers eines Unternehmens, Betriebes etc verändert sich im Zeitablauf. Eine Gewinnchance oder die zugrunde liegenden produktiven Möglichkeiten eines Unternehmens, das Know-how der Mitarbeiter etc kann sich in einem Bereich verflüchtigen und in einem anderen Bereich wieder aufleben bzw neu entstehen.
Diesen Überlegungen verdankt die sog Einheitstheorie ihre Entstehung. Sie besagt: Es kann nur einen einheitlichen Firmenwert geben; der nach derivativer "Aufdeckung" dargelegte Firmenwert mag sich zwar verflüchtigen, aber der an dessen Stelle tretende originäre lässt sich v erworbenen nicht abtrennen. Folgerichtig wurde und wird eine Teilwertabschreibung nur für den Gesamtkomplex "Firmenwert" als zulässig erachtet. Insoweit ist die vor der Einführung der Regelabschreibung auf den Firmenwert (15 Jahre) durch das BiRiLiG begründete Einheitstheorie nicht überholt. Bis 1986 "diente" die Einheitstheorie primär der Ablehnung einer Regelabschreibung; dieses Thema hat sich durch Gesetzesänderung erledigt. Für Zwecke der Teilwertbestimmung eines (derivativen) Firmenwertes gilt indes unverändert die "Theorie", dass eine Separierung des entgeltlich erworbene...