Jürgen Dräger, Tobias Müller
Rn. 1415
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Auch bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils gilt der Grundsatz, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen zu übertragen sind. Damit ist für die Anwendung des § 6 Abs 3 EStG Voraussetzung, dass auch das Sonder-BV mitübertragen wird, soweit dieses nach der funktionalen Betrachtungsweise wesentliche Betriebsgrundlagen umfasst. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ermöglicht die Ausnahmeregelung des S 2. Sollte das zurückbehaltene WG vom bisherigen Mitunternehmer jedoch zB entnommen oder zu Buchwerten einem anderen BV des Übertragenden zugewiesen werden (vgl zu allem Beschluss des BFH v 31.08.1995, VIII B 21/93, BFHE 178, 379), scheidet eine steuerneutrale Übertragung aus.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nach neuerer Rspr des BFH jedoch, wenn das zurückbehaltene WG steuerneutral nach § 6 Abs 5 EStG ebenfalls zu Buchwerten übertragen werden kann (vgl BFH v 02.08.2012, IV R 41/11, BFHE 238, 135; aA BMF v 12.09.2013, BStBl I 2013, 1164; s Rn 1422).
a) Umfang und Begriff das Mitunternehmeranteils (Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen)
Rn. 1416
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Zur Auslegung des Begriffs und Umfangs des Mitunternehmeranteils können § 16 Abs 1 Nr 2 EStG und § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG entsprechend herangezogen werden. Eine einheitliche Auslegung scheint geboten, so dass auf die Kommentierung unter s § 15 Rn 7ff (Bitz) verwiesen werden kann.
Eine Abweichung besteht insoweit, als die Auslegung des Begriffs der wesentlichen Betriebsgrundlage nach der funktionalen Betrachtungsweise zu erfolgen hat, auf das Vorhandensein wesentlicher stillen Reserven kommt es nicht an (BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rz 6). In der neueren Rspr besteht nunmehr die Tendenz, auch den Umfang des Mitunternehmeranteils normspezifisch auszulegen (s Uhl-Ludäscher in H/H/R, § 6 EStG Rz 1220 (08/2021)).
Rn. 1417
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Steuersystematisch gibt es kein WG "Beteiligung an einer PersGes"; der Mitunternehmeranteil ist so gesehen ein Sammelbegriff für einzelne WG. Der Mitunternehmerbegriff umfasst dabei neben dem Anteil an der Gesellschaft iSd Zivilrechts bzw einer vergleichbaren Gemeinschaft (sog Gesamthandsvermögen) auch das Sonder-BV (s § 15 Rn 72ff (Bitz) sowie BFH BStBl II 1995, 890; 1998, 104; 2001, 26). Deshalb muss zur Erfüllung der Tatbestandsmäßigkeit nach § 6 Abs 3 EStG bei einer (unentgeltlichen) Übertragung des gesamten Mitunternehmeranteils auch das wesentliche Sonder-BV mit übertragen werden (s Rn 1421).
Kritik an dieser Rechtslage: Die Zwangsehe von Sonder-BV und Gesamthandsvermögen erschwert unnötig die Unternehmensnachfolgeplanung. Wenn der Senior mit 60 Jahren dem Junior den Gesellschaftsanteil (oder den Betrieb), also das operative Geschäft, überlässt, hat er oft ein legitimes Interesse an der Zurückbehaltung des wertvollen Grundstücks zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Dem versucht der Gesetzgeber ab VZ 2001 durch das UntStFG und die Einfügung von § 6 Abs 3 S 2 EStG Abhilfe zu verschaffen (s Rn 1439).
Rn. 1418–1420
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
vorläufig frei
b) Übertragung und Zurückbehaltung von Sonderbetriebsvermögen
Rn. 1421
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Das funktional wesentliche (s Rn 1404) Sonder-BV stellt einen untrennbaren Bestandteil des Mitunternehmeranteils dar (BFH BStBl II 2001, 26). Zur (uneingeschränkten) Anwendung von § 6 Abs 3 S 1 EStG muss deshalb der Transfer des PersGes-Anteils begleitet werden v Sonder-BV.
Wird nur Sonder-BV übertragen, liegt kein Anwendungsfall des § 6 Abs 3 EStG vor, wohl aber uU ein Fall des § 6 Abs 5 EStG (s Rn 1510ff).
Rn. 1421a
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Zurückbehaltung von Sonder-BV führt grds zu keinen steuerlichen Konsequenzen, soweit dieses nicht zum wesentlichen BV gehört (funktionale Betrachtungsweise, zustimmend BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rz 17). Wird also im Zeitpunkt der Übertragung des Anteils am Gesamthandsvermögen funktional nicht wesentliches Sonder-BV entnommen oder nach § 6 Abs 5 EStG zum Buchwert in ein anderes BV überführt oder übertragen, steht dies der Übertragung des Mitunternehmeranteils zu Buchwerten nach § 6 Abs 3 S 1 EStG ebenfalls nicht entgegen.
Wird dieses Sonder-BV entnommen, entsteht insoweit grundsätzlich ein laufender Gewinn (BFH v 29.10.1987, IV R 93/85, BStBl II 1988, 374).
Rn. 1421b
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Sollte wesentliches Sonder-BV zurückbehalten werden, steht dies grds einer steuerneutralen Übertragung des Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs 3 EStG entgegen. Von diesem Grundsatz ermöglicht § 6 Abs 3 S 2 EStG bei Übertragung eines Teils an einem Mitunternehmeranteil eine Ausnahme (s Rn 1424, 1439). Darüber hinaus sieht der BFH es als unschädlich an, wenn das Sonder-BV steuerneutral nach § 6 Abs 5 EStG übertragen wird (BFH v 21.06.2012, IV R 1/08, BFHE 237, 503; BFH v 19.09.2012, IV R 11/12, BStBl II 2019, 715).
Nach der neueren Rspr des BFH kommt § 6 Abs 3 EStG auch dann zur Anwendung, wenn der Übertragende ein wesentliches WG des Sonder-BV steuerneutral nach § 6 Abs 5 S 3 EStG auf eine andere Pers Ges überträgt, an welcher er allein beteiligt. Nach Urt v 30.06.2016 gilt dies selbst dann, wenn das überführte WG anschließ...