Jürgen Dräger, Tobias Müller
ba) Überblick
Rn. 888
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Teilwertvermutung (s Rn 419ff) gilt auch für Forderungen (BFH BStBl II 1990, 117). Ausgangspunkt der Bewertung ist dabei der Nennwert, einerlei ob AK oder HK oder ein sonstiger Wert vorliegt (s Rn 876ff). Der eventuell niedrigere Teilwert iSd EStG reflektiert das gemilderte (Forderungen im AV gem § 253 Abs 3 S 5 HGB) bzw strenge Niederstwertprinzip für UV gem § 253 Abs 4 S 2 HGB ("niedriger beizulegender Wert", s Rn 475).
Gründe für Wertminderungen bei Forderungen können sein:
- generelles Ausfallwagnis, Zahlungsunfähigkeit oder -willigkeit des Schuldners, Unverzinslichkeit bzw niedrige Verzinsung bei Forderungen im UV
- Einzugs- und Realisationskosten (Skonti, Warenrückgaben, Inkassokosten, Zinsverluste).
Die BFH-Rspr verlangt allerdings uU eine Gegenrechnung von mit den genannten Nachteilen verbundenen Vorteilen. Typisches Bsp sind die unverzinslichen ArbN-Darlehen, denen innerbetriebliche Vorteile (günstiges Betriebsklima, Bindung an den Betrieb etc) gegenüberstehen sollen.
Im Sinne einer Bewertungseinheit (s Rn 74) sind bei der Teilwertbestimmung Gegenpositionen zu berücksichtigen, wie zB: Sicherungs- oder Rückgriffsrechte, Delcredere-Versicherungen, Umsatzsteuerschulden.
Rn. 889
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Besondere Bedeutung kommt für die Teilwertermittlung von Forderungen wegen latenten Ausfallrisiken der Wertaufhellungstheorie zu (s §§ 4,5 Rn 402 (Briesemeister)). Danach hat der Kaufmann die objektive Beurteilung der Verhältnisse am Bilanzstichtag walten zu lassen. Dabei ist zwischen wertaufhellenden und wertbeeinflussenden Tatsachen zu unterscheiden.
Rn. 890
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
In der Praxis hat sich die Bildung von sog Wertberichtigungen (steuerlich Teilwertabschreibung) herausgebildet, und zwar in der Ausprägung von Pauschalwertberichtigungen für sog latente Risiken und Einzelwertberichtigungen aufgrund konkreter Schuldnerprobleme. Die Bemessung der Abschreibung (Wertberichtigung) ist weitgehend eine Sache der Konvention und der Vergangenheitserfahrung. Nach einer internen Verwaltungsverfügung gilt für die Pauschalwertberichtigung eine Nichtaufgriffsgrenze von 1 % des Nennwertes der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen nach Abzug der USt und der einzelwertberichtigten Forderungen. Diese Grenze gilt nach Auffassung von Hoffmann auch noch ab 1999 (aA Günkel/Fenzl, DStR 1999, 649); jedenfalls lässt sich die Pauschalwertberichtigung auch als "dauernd" iSd durch das StEntlG 1999/2000/2002 normierte Erfordernis der "dauernden Wertminderung" verstehen, s Rn 475. Die FinVerw hat jedenfalls im Schreiben des BMF v 25.02.2000, BStBl I 2000, 372 nichts dazu verlauten lassen (s Rn 901ff).
Am Erfordernis der Wertberichtigung (Teilwertabschreibung) für problembehaftete Einzelfälle von Forderungen hat sich durch die genannte Gesetzesneufassung keine Änderung ergeben (so auch Günkel/Fenzl, DStR 1999, 649; Groh, DB 1999, 978; Stobbe/Loose, FR 1999, 405, 407; s Rn 888 ff, s Rn 906ff).
Bei Unverzinslichkeit kann nach dem Rechtsgedanken des § 6 Abs 1 Nr 3 EStG bei Laufzeiten bis zu einem Jahr von einer Abzinsung abgesehen werden. Ansonsten ist auch in Übereinstimmung mit der Praxis von einem Zinsfuß von 5,5 % zur Ermittlung des Barwertes auszugehen (s Rn 881ff).
Wegen weiterer Einzelheiten zur Teilwertbestimmung für Forderungen s Rn 876, 888 ff, bei Unverzinslichkeit s Rn 882, 883.
Rn. 891
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Es gilt das Wertaufholungsgebot. Die Zuschreibung ist zum Bilanzstichtag verpflichtend, wenn sich der Teilwert der Forderung wieder erhöht. Entsprechendes gilt, wenn der StPfl den niedrigeren Teilwert nicht nachweist. Bewertungsobergrenze sind die AK, dh im Grundsatz der Nennwert der Forderung (s Rn 878).
bb) Teilwertabschreibung auf Forderungen im Einzelnen
Rn. 892
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Teilwertabschreibung auf eine Forderung, einerlei ob im AV oder im UV befindlich, setzt eine "voraussichtlich dauernde Wertminderung" voraus (s Rn 475). Diese kann zB bei fehlender oder eingeschränkter Bonität des Schuldners gegeben sein, wenn der Teilwert der Rückzahlungsforderung unter den Nennwert sinkt. In diesen Fällen ist eine Teilwertabschreibung gerechtfertigt, wenn es sich dabei um einen voraussichtlich dauernden Zustand handelt. Etwaige Darlehenssicherheiten, wie zB Hypotheken, sind bei der Teilwertbemessung zu berücksichtigen (BFH v 24.10.2006, I R 2/06, BStBl II 2007, 469).
Beispiel: Dauernde Wertminderung bei Forderungen des AV (BMF BStBl I 2016, 995 Rz 14)
Der StPfl hat eine Forderung aus einem Kredit im Nennwert von 100 an die Y-KG. Wegen unerwarteter Zahlungsausfälle ist die Z-KG im Laufe des Wj notleidend geworden. Am Bilanzstichtag kann die Forderung des StPfl deshalb nur iHv 20 % bedient werden. Bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung stellt die Y-KG wider Erwarten eine Sicherheit iHv 30 % der Forderung.
Nach Auffassung der FinVerw ist am Bilanzstichtag eine Teilwertabschreibung auf die Forderung iHv 80 % zulässig, da mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nur mit einem Zahlungseingang von 20 % gerechnet werden ka...