Jürgen Dräger, Tobias Müller
Rn. 425
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die von der Rspr entwickelten Teilwertvermutungen können widerlegt werden. Zur Beweislast s Rn 426. Dafür geeignet sind insb der Nachweis einer Fehlmaßnahme (s Rn 429ff) sowie für die Tatsache, dass der Teilwert des WG den Buchwert unterschreitet, der Nachweis über das Sinken der Wiederbeschaffungskosten (s Rn 436) oder der Veräußerungserlöse (Rn 442ff).
Die Rentabilität erlangt dabei keine Bedeutung. Sie wirkt sich lediglich auf den Geschäfts- und Firmenwert aus (s Rn 459ff).
ia) Beweislast, Nachweisvorsorge
Rn. 426
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Wie andere Vermutungsregeln kann auch die Teilwertvermutung sowohl v StPfl als auch von der FinVerw widerlegt werden. Die Teilwertschätzung unterliegt dabei der freien Beweiswürdigung aufgrund tatsächlicher Feststellungen (so Verweis auf BFH BStBl III 1962, 510). Dabei ist die Darlegungslast ("Nachweispflicht") allerdings durch die gegebene Interessenlage einseitig auf die Schultern des StPfl gelegt. In aller Regel hat der StPfl ein Interesse an der Darlegung eines gegenüber dem Buchwert niedrigeren Teilwertes.
Daraus könnte geschlossen werden, dass im umgekehrten Fall einer v FA als erforderlich angesehenen Wertaufholungszuschreibung (Teilwertzuschreibung bei wiedergewonnener Werthaltigkeit nach vorangegangener Teilwertabschreibung, s Rn 505ff) das FA die entsprechende Feststellungslast trägt.
Infolge der Gesetzesformulierung in § 6 Abs 1 Nr 1 S 4 EStG trifft auch für die Wertaufholungszuschreibung den StPfl das Obligo der Widerlegung einer Teilwertvermutung. Es gilt nämlich auch nach vorangegangener Teilwertabschreibung die Gesetzesregel ("Vermutung"), dass der Teilwert dem fortgeführten AK/HK entspricht. MaW: Für die (erstmalige) Teilwertabschreibung und für das Nichterfordernis der Rückgängigmachung zu einem späteren Bilanzstichtag hat immer der StPfl eine entsprechende Beweisvorsorge zu treffen (s Rn 507).
Gleiche Beweislastregeln – was die Ermittlung des Teilwerts und die Darlegung der Berechnungsgrößen anbetrifft – gelten für den StPfl und die FinVerw also nur in solchen Fällen, bei denen der Teilwert ohne vorliegenden Buchwert zu bestimmen ist (Einlagen, Entnahmen uÄ s Rn 1052ff). Im Urt BFH v 21.09.2016, X R 58/14, BFH/NV 2017, 275 hat der BFH jedoch darauf hingewiesen, dass die Feststellungslast für den Eintritt und die voraussichtliche Dauerhaftigkeit einer Wertminderung beim StPfl liegen, gleichwohl die Anforderungen an diesen Nachweis nicht überspannt werden dürfen, zumal Fehlprognosen zu jedem nachfolgenden Bilanzstichtag über das Wertaufholungsgebot korrigiert werden können und der StPfl zu den Folgestichtagen auch die Feststellungslast für ein Andauern der Wertminderung und ihrer weiteren Dauerhaftigkeit trägt.
Rn. 427
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Entkräftung der Teilwertvermutung für den StPfl wird erheblich durch die Zukunftsbezogenheit beeinflusst. Der (ökonomische) Wert eines WG hängt ausschließlich von den zukünftigen Ertragsmöglichkeiten ab (s Rn 418). Über zukünftige Ereignisse ist indes ein Beweis im eigentlichen Sinn nicht möglich. Die missverständliche Vokabel "Nachweis" sollte deshalb in vergleichbaren Fällen vermieden werden, auch wenn der Gesetzgeber gerade das Gegenteil tut. Jedenfalls ist bei einer engen (zivilrechtlichen) Auslegung von "Nachweispflicht" diese dem StPfl schon rein begrifflich nicht möglich. Diese Nachweispflicht kann deshalb sinnvoll nur als Darlegungslast verstanden werden (in vielen Fällen für den StPfl schon problematisch genug).
Rn. 428
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
vorläufig frei
ib) Speziell Fehlmaßnahmen
Rn. 429
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Eine Widerlegung der Teilwertvermutung für den Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung eines WG bzw den darauf folgenden Bilanzstichtag gelingt in erster Linie für den Fall einer Fehlmaßnahme. Im grundlegenden Beschluss GrS 6/71 (BFH BStBl II 1973, 79) wird die "Fehlmaßnahme" begrifflich noch um die "Fehlkalkulation" erweitert. Danach soll die Teilwertvermutung
Zitat
"auf einen Zeitpunkt, der unmittelbar nach Leistung der Aufwendungen … liegt"
nur unter diesen Voraussetzungen möglich sein. Diese Fehlmaßnahmen beschreibt der BFH: mit "Irrtum unterlaufen" und "von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen".
Anderen Gründen für eine Widerlegung der Teilwertvermutung zu Zeitpunkten unmittelbar nach dem Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang gibt die Rspr keinen Raum.
Zu Fehlmaßnahmen bei Unternehmenserwerb s Rn 626.
Rn. 430
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Aber auch Investitionen (zB), die zunächst die Erwartungen erfüllt haben, können aufgrund veränderter technischer oder ökonomischer Umweltbedingungen sich später als Fehlmaßnahme herausstellen. Die durch die BFH-Rspr weiter ausdifferenzierte Begrifflichkeit hinsichtlich der Fehlmaßnahme umfasst jedenfalls auch eine sich erst im Nachhinein herausstellende Fehlmaßnahme. In den Urt BFH BStBl II 1991, 595; BFH BFH/NV 1998, 1086 ist die Rede von der Anschaffung oder Herstellung eines WG des AV (Firmenwert, s Rn 626), dessen wirtschaftlicher Nutzen hinter dem getätigten Aufwand zurü...