Jürgen Dräger, Tobias Müller
Rn. 601
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Wegen Teilwertvermutung und -widerlegung s Rn 419ff. Nach Rspr des BFH sind für die Auslegung der "voraussichtlich dauernde Wertminderung" – übernommen aus § 253 Abs 2 S 3 HGB aF – in Übereinstimmung mit BMF v 25.01.2000, BStBl I 2000, 372 – für den Fall des abnutzbaren WG "Gebäude" die handelsrechtlichen Kommentierungen zur Bestimmung des niedrigeren beizulegenden Wertes zu übernehmen (BFH v 14.03.2006, I R 22/05, BStBl II 2006, 680, bestätigt durch Urt BFH v 09.09.2010, IV R 38/08, BFH/NV 2011, 423). Danach besteht bei abnutzbaren WG des AV eine voraussichtlich dauernde Wertminderung, wenn der Teilwert zum Bilanzstichtag mindestens für die halbe Restnutzungsdauer erheblich unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt.
Es muss also eine Abschreibungsplanung für die Zukunft zur Ermittlung des jeweiligen Buchwertes für die halbe Restnutzungsdauer erfolgen, zB also bei einem 20 Jahre alten Gebäude mit einer Nutzungsdauer von 50 Jahren eine Vorausrechnung der Buchwerte für die nächsten 15 Bilanzstichtage (dh der halben Restnutzungsdauer von 30 Jahren).
Rn. 602
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Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht diese Systematik.
Beispiel:
Buchwert Gebäude am 31.12.2017 |
600 TEUR |
Abschreibung linear pa |
20 TEUR |
Restnutzungsdauer |
30 Jahre |
Teilwert am 31.12.2017 |
310 TEUR |
Buchwert am Ende der halben Restnutzungsdauer, also am 31.12.2032 (!) |
300 TEUR |
Der Stichtagswert beträgt 51,7 % des Buchwertes 15 Jahre (!) später, also ist nach BFH keine Teilwertabschreibung möglich.
Dabei fließt in dieses Bewertungsmodell die Hypothese eines 15 (!) Jahre lang unveränderten Teilwertes ein, was im Regelfall zu einer Vernachlässigung ökonomischer Realitäten führt, wenn sich der Gebäudewert in diesem Zeitablauf ändert. Fraglich ist, ob eine solche Vernachlässigung zulässig ist. Denn im Grundsatz gilt, dass der Teilwert jährlich gem § 6 Abs 1 Nr 1 S 4 EStG neu bestimmt werden muss, was konzeptionell dem Stichtagsprinzip entspricht. Demgegenüber löst sich das Kriterium der Dauerhaftigkeit einer Wertminderung v Stichtagsprinzip, wenn eine Unveränderbarkeit des Teilwerts über die halbe Restnutzungsdauer unterstellt wird.
Rn. 603
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Zur Widerlegung des Teilwertes ist für Produktions- und Verwaltungsgebäude im AV der Beschaffungsmarkt maßgeblich (Wiederbeschaffungskosten s Rn 436ff). Für zum Verkauf bestimmte Gebäude und -teile im UV ist der Absatzmarkt ebenfalls heranzuziehen (s Rn 442ff).
Beispiele aus der BFH-Rspr für die Anerkennung von Teilwertabschreibungen (Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 241f (02/2017)):
BFH BStBl III 1956, 102 |
bei gesunkenem Baukostenindex, allerdings mit Vorbehalten |
BFH BFH/NV 1986, 22 |
bei Änderung eines Bebauungsplanes mit der Folge einer eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit |
BFH BStBl II 1979, 729 |
bei technischem und wirtschaftlichem Verbrauch |
BFH HFR 1963, 58 |
bei Baumängeln |
BFH BFH/NV 1987, 442 |
bei überhöhten Baukosten für Eigenerstellung eines Bauunternehmens im Vergleich zu anderen Bauaufträgen |
Rn. 604
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Beispiele aus der BFH-Rspr für die Ablehnung von Teilwertabschreibungen (Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 241f (02/2017), ergänzt durch weitere Urt):
BFH BStBl II 1978, 335; BFH BFH/NV 1998, 1086; |
bei Übergröße und aufwendiger Bauweise |
BFH BStBl III 1958, 420 |
bei Schnellbaukosten |
BFH BStBl III 1961, 462 |
bei Nichterzielung geplanter Mieterträge (uE unzutreffend) |
BFH BStBl II 2006, 680 |
bei unterstellter nicht dauernder Wertminderung; s Rn 475 |
Rn. 605–610
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
vorläufig frei