A. Überblick über die Vorschrift
Rn. 1
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
§ 64 Abs 1 EStG bestimmt, dass Kindergeld für jedes Kind nur einmal und nur einem Berechtigten gezahlt wird.
§ 64 Abs 2 S 1 EStG regelt den Fall, dass das Kind nach Maßgabe der §§ 62, 63 EStG bei mehreren Berechtigten berücksichtigungsfähig ist. In diesem Fall erhält derjenige Berechtigte das Kindergeld, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.
§ 64 Abs 2 S 2 EStG betrifft den Fall der Haushaltsaufnahme in einen gemeinsamen Haushalt gleichrangig Berechtigter, bei der die Berechtigtenbestimmung durch übereinstimmende Willenserklärung erfolgt.
§ 64 Abs 2 S 3 EStG betrifft die Berechtigtenbestimmung durch das Vormundschaftsgericht auf Antrag eines Berechtigten in den Fällen, in denen keine übereinstimmende Berechtigtenbestimmung erfolgt.
§ 64 Abs 2 S 4 EStG regelt die Antragsberechtigung in den Fällen des § 64 Abs 2 S 3 EStG.
§ 64 Abs 2 S 5 EStG betrifft die Haushaltsaufnahme in einen gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern und bestimmt in diesem Fall die vorrangige Berechtigung der Eltern, mit der Möglichkeit des Verzichts zugunsten der Großeltern.
§ 64 Abs 3 S 1 und 2 EStG regelt die Berechtigtenbestimmung bei einem nicht haushaltszugehörigen Kind danach, wer dem Kind eine bzw die höchste Unterhaltsrente (bei mehreren Berechtigten) zahlt.
§ 64 Abs 3 S 3 EStG betrifft den Fall der Berechtigtenbestimmung durch übereinstimmende Willenserklärungen, falls gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt werden oder keiner der Berechtigten Unterhalt leistet.
§ 64 Abs 3 S 4 EStG regelt mit der Verweisung auf § 63 Abs 2 S 3 und 4 EStG die Berechtigtenbestimmung durch das Familiengericht in den Fällen, in denen keine übereinstimmenden Willenserklärungen nach § 64 Abs 2 S 3 EStG vorliegen.
B. Entstehungsgeschichte und Rechtsentwicklung
Rn. 2
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
§ 64 EStG ist durch das JStG 1996 eingefügt worden. Das FamFördG (BGBl I 1999, 2552, 2557) hat § 64 Abs 3 S 3 und 4 EStG dahin geändert, dass eine übereinstimmende Berechtigtenbestimmung auch in den Fällen möglich ist, in denen einem nicht haushaltszugehörigen Kind keiner der Berechtigten Unterhalt leistet. Nur für den Fall, dass die Berechtigten keine Bestimmung treffen, bedarf es weiterhin der Berechtigtenbestimmung durch das Vormundschaftsgericht (vgl BT-Drucks 14/1513, 16). Nach der vormaligen Gesetzesfassung musste in den Fällen, in denen bei einem nicht haushaltszugehörigen Kind keiner der Berechtigten Unterhalt leistete, immer das Vormundschaftsgericht die Berechtigtenbestimmung treffen.
Rn. 3
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Das FGG-ReformG vom 17.12.2008, BGBl I 2008, 2586 hat mit Wirkung vom 01.09.2008 in § 64 Abs 2 S 3 EStG in Anpassung an die durch das FGG geänderte Rechtslage den Aufgabenübergang vom Vormundschaftsgericht auf das Familiengericht berücksichtigt.
Die Gesetzesneufassung des EStG vom 08.10.2009 (BGBl I 2009, 3366) war zu § 64 EStG jedoch fehlerhaft: Die oa Änderung war nicht enthalten, sondern noch das Wort "Vormundschaftsgericht", so dass durch eine Berichtigung der Bekanntmachung der Neufassung des EStG vom 08.12.2009 (BGBl I 2009, 3862) das Wort "Familiengericht" wieder eingefügt werden musste.
Rn. 4–9
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vorläufig frei
C. Anwendungsbereich der Vorschrift
1. Sachlicher Anwendungsbereich
Rn. 10
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Aus der Vorschrift, die die Fälle der Anspruchskonkurrenz betrifft, ergibt sich der Grundsatz, dass für jedes Kind nur einmal Kindergeld gewährt wird (Einmalgewährung) und diese Gewährung an nur einen Berechtigten erfolgt. Eine Aufteilung des Kindergeldes an mehrere Berechtigte ist somit ausgeschlossen (Aufteilungsverbot), vgl BFH vom 14.12.2004, VIII R 106/03, BStBl II 2008, 762.
Ferner normiert die Vorschrift das sog Obhutsprinzip, dh, bei mehreren Berechtigten ist derjenige vorrangig berechtigt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, BFH vom 14.12.2004, VIII R 106/03, BStBl II 2008, 752; Selder in Brandis/Heuermann, § 64 EStG Rz 3 (Oktober 2021); allerdings ist auch eine Haushaltsaufnahme bei beiden Eltern möglich, BFH vom 23.03.2005, III R 91/03, BStBl II 2008, 752.
2. Zeitlicher Anwendungsbereich
Rn. 11
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
§ 64 EStG ist durch das JStG 1996 in das EStG eingefügt worden. § 64 Abs 3 S 3 und 4 EStG sind nach der Änderung durch das FamFördG ab dem VZ 2000 anzuwenden. Die Zuständigkeit des Familiengerichts anstelle des Vormundschaftsgerichts gilt seit dem 01.09.2008.
Rn. 12–19
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vorläufig frei