Rn. 46
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Neben dem in § 62 EStG (s Erläut zu § 62 (Pust)) definierten Anspruchsberechtigten, der nach § 67 S 2 EStG Alt 1 antragsberechtigt ist, räumt § 67 S 2 EStG Alt 2 auch demjenigen ein Antragsrecht ein, der ein berechtigtes Interesse an der Leistung auf Kindergeld hat, ohne selbst anspruchsberechtigt zu sein. Durch dieses Antragsrecht wird keine eigene Anspruchsberechtigung dieser anderen Person begründet, sondern lediglich das Recht, auf Zahlung von Kindergeld gerichtete Verfahrenshandlungen wahrzunehmen.
Der Antrag im berechtigten Interesse ersetzt den Antrag des Berechtigten, V 5.3 Abs 2 S 1 DA-KG 2023; BFH vom 26.11.2009, III R 67/07, BStBl II 2010, 476. Der Antrag eines Dritten, der den Kindergeldanspruch nach § 67 S 2 EStG im berechtigten Interesse geltend macht, richtet sich immer nach dem Anspruch des Kindergeldberechtigten. Das ist in der Regel der Anspruch in Höhe der vollen gesetzlichen Kindergeldsätze nach § 66 Abs 1 EStG und ausnahmsweise der Anspruch in Höhe eines Teilkindergelds (zB § 65 Abs 2 EStG), BFH vom 27.11.2019, III R 28/17, BStBl II 2021, 807.
Gemäß § 74 Abs 1 S 1 und 3 EStG kann auch ein Kind iSd § 67 S 2 Alt 2 EStG berechtigt sein, das Kindergeld zu beantragen, es kann jedoch mit einem Antrag auf Kindergeld keine erneute Entscheidung über den vom Kindergeldberechtigten selbst geltend gemachten Kindergeldanspruch erreichen, falls dieser bestandskräftig abgelehnt worden ist, BFH vom 26.11.2009, III R 67/07, BStBl II 2010, 476. Der nach § 67 S 2 EStG Alt 2 Antragsberechtigte hat kein Recht darauf, dass ihn die zuständige Familienkasse von der Einleitung eines Festsetzungsverfahrens aufgrund eines fremden Antrags benachrichtigt, BFH vom 26.11.2009, III R 67/07, BStBl II 2010, 476.
Der Kindergeldberechtigte kann den Kindergeldantrag, den der Antragsberechtigte nach § 67 S 2 EStG gestellt hat, nicht zurücknehmen. Eine Entscheidung der Familienkasse über den vom Antragsberechtigten nach § 67 S 2 EStG gestellten Kindergeldantrag ist dem Berechtigten gemäß § 122 Abs 1 AO zuzustellen.
Rn. 47
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Zuständige Familienkasse ist auch im Falle der Antragstellung durch eine Person, die ein berechtigtes Interesse an der Leistung des Kindergelds hat, nicht die für den Antragsteller, sondern die für den Berechtigten örtlich (§ 19 AO) bzw aufgrund besonderer gesetzlicher Zuweisung (§ 72 EStG) zuständige Familienkasse, so auch V 2 Abs 1 S 2 DA-KG 2023.
Rn. 48
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Ein berechtigtes Interesse einer anderen Person scheidet regelmäßig aus, wenn der Anspruchsberechtigte iSd § 62 EStG seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind nachkommt. Kommt der Anspruchsberechtigte jedoch seiner Unterhaltspflicht nicht nach, haben auch die Personen und Institutionen ein Antragsrecht, die entweder dem Kind gegenüber – ohne selbst anspruchsberechtigt zu sein – ebenfalls unterhaltsverpflichtet sind oder zu deren Gunsten das Kindergeld ausgezahlt werden könnte, V 5.3 Abs 1 S 2 DA-KG 2023. Dies sind insbesondere
- Personen, die einem zu berücksichtigenden Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet sind (vgl FG Nds vom 06.07.2000, 14 K 349/98 Ki, EFG 2000, 1342),
- Personen, die nicht dem Kreis der Anspruchsberechtigten nach § 62 EStG angehören und dem Kind Unterhalt gewähren,
- das Kind selbst (§ 74 Abs 1 EStG, vgl BFH vom 26.01.2001, VI B 310/00, BFH/NV 2001, 896; BFH vom 26.11.2009, III R 67/07, BStBl II 2010, 476; BFH vom 08.08.2013, III R 3/13, BStBl II 2014, 576),
- der Träger der Jugend- und Sozialhilfe (§ 74 Abs 5 EStG, vgl BFH vom 12.01.2001, VI R 181/97, BStBl II 2001, 443),
- ein Pfändungsgläubiger (§ 76 EStG),
- ein Abtretungsempfänger (§ 46 AO) und
- ein dem Kind Unterhalt gewährender Sozialleistungsträger (BFH vom 26.11.2003, VIII R 32/02, BStBl II 2004, 588; BFH vom 12.01.2001, BStBl II 2001, 443 zu § 74 Abs 1 S 4 EStG; BFH vom 27.11.2019, III R 28/17, BFH/NV 2020, 1135).
Auch ein Zählkind konnte bis zum 01.01.2023 ein berechtigtes Interesse haben, Wendl in H/H/R, § 67 Rz 9 (Juni 2021).
Rn. 49
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Ein berechtigtes Interesse kann gemäß § 74 Abs 1 S 1 EStG auch ein Kind haben, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt, BFH vom 30.10.2008, III R 105/07, BFH/NV 2009, 193. Steht dem Kind eine eigene Antragsbefugnis auf Festsetzung des Kindergeldes zu, besteht zugleich auch seine Befugnis zur Klage auf Festsetzung des Kindergeldes. Ist die Ablehnung des Kindergeldanspruchs gegenüber einem unterhaltsverpflichteten Elternteil noch nicht bestandskräftig erfolgt und klagt das Kind auf Festsetzung des Kindergeldes, so hat die notwendige Beiladung des Elternteils zu erfolgen, BFH vom 12.01.2001, VI R 49/98, BStBl II 2001, 246; BFH vom 30.10.2008, III R 105/07, BFH/NV 2009, 193.
Ist das Kind nach § 67 S 2 EStG antragsbefugt, folgt daraus zugleich die Klagebefugnis in einem finanzgerichtlichen Verfahren, in dem die Rechtmäßigkeit eines Kindergeld-Ablehnungsbescheides streitig ist, BFH vom 05.02....