Rn. 50
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
§ 68 Abs 4 S 1 EStG regelt eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses und erlaubt es den Familienkassen, den die Bezüge im öffentlichen Dienst anweisenden Stellen Auskunft über den für die jeweilige Kindergeldfestsetzung maßgebenden Sachverhalt zu erteilen. Die Regelung beinhaltet eine Erlaubnis zur Offenbarung der erlangten Kenntnisse iSd § 30 Abs 4 Nr 2 AO (O 4.4 Abs 1 S 1 DA-KG 2021).
Nach der durch das Gesetz zur Beendigung der Sonderzuständigkeit der Familienkassen des öffentlichen Dienstes im Bereich des Bundes v 08.12.2016 (BGBl I 2016, 2835) erfolgten Gesetzesänderung sind die Familienkassen mit Wirkung v 14.12.2016 nunmehr dazu befugt, den für die jeweilige Kindergeldzahlung maßgebenden Sachverhalt durch automatisierte Abrufverfahren zu übermitteln. Damit enthält die Regelung zugleich für die die Bezüge im öffentlichen Dienst anweisenden Stellen die Ermächtigung zum automatisierten Datenabruf. Nach O 4.4 Abs 1 S 3 DA-KG 2021 darf eine Auskunft nur erteilt werden, wenn die Bezüge anweisende Stelle die Familienkasse um Auskunft ersucht hat, damit dürfen die Familienkassen nicht von sich aus tätig werden. Die die Bezüge im öffentlichen Dienst anweisenden Stellen wären ohne eine entsprechende Möglichkeit zum automatisierten Datenabruf nicht dazu in der Lage, die Bezüge derjenigen Bediensteten, bei denen Kinder zu berücksichtigen sind, zutreffend festzusetzen, BT-Drucks 13/3084, 21; BT-Drucks 18/9441, 16. Der Kommunikation zwischen den Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit bzw dem Bundesverwaltungsamt (dazu s § 72 Rn 5 (Pust)) und den Stellen, die die Bezüge im öffentlichen Dienst anweisen, kommt zukünftig hohe praktische Bedeutung zu, da Besoldungsbestandteile wie der Familienzuschlag nach den §§ 39, 40 BBesG, aber auch andere Leistungen, direkt an den Kindergeldbezug anknüpfen (BT-Drucks 18/9441, 16).
Rn. 51
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
§ 68 Abs 4 S 1 EStG idF 2. DSAnpUG v 20.11.2019, BGBl I 2019, 1626 berechtigt die Familienkassen nach seinem Wortlaut dazu, den für die jeweilige Kindergeldzahlung maßgebenden Sachverhalt bereitzustellen oder darüber Auskunft zu erteilen. Bis zur genannten Gesetzesänderung lautete die Formulierung "den maßgebenden Sachverhalt … zu übermitteln".
Sinnvollerweise kann mit dem Begriff der Zahlung nicht die Auszahlung des Kindergeldes, sondern die Festsetzung des Kindergeldes verstanden werden, Wendl in H/H/R, § 68 EStG Rz 17 (April 2020). Nach O 4.4. Abs 1 S 5 DA-KG 2021 umfasst der für die Kindergeldzahlung maßgebende Sachverhalt iSd § 68 Abs 4 EStG nur Angaben zur Festsetzungslage, jedoch weder den der Entscheidung der Familienkasse zu Grunde liegenden Sachverhalt noch die ID-Nr des Berechtigten oder des Kindes. Da nach § 40 Abs 1 Nr 4 BBesG Bedienstete beim Familienzuschlag auch dann berücksichtigt werden sollen, wenn ihnen Kindergeld ohne Berücksichtigung der §§ 64 u 65 EStG zustehen würde, erscheint allerdings in diesen Fällen ein weitergehender Informationsaustausch sinnvoll, Wendl in H/H/R, § 68 EStG Rz 17 (April 2020).
Rn. 52
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Neben der Übermittlung von Daten im Rahmen des automatisierten Abrufverfahrens bleiben die Familienkassen weiterhin dazu befugt, auch entsprechende Einzelauskünfte an die Bezüge im öffentlichen Dienst anweisenden Stellen zu erteilen.
Rn. 53
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Die Erteilung einer Auskunft durch die Familienkasse setzt ein entsprechendes Auskunftsersuchen einer die Bezüge im öffentlichen Dienst anweisenden Stelle. O 4.4. Abs 1 S 4 DA-KG 2021 bestimmt, dass die Familienkasse auf Bitte der Bezüge anweisenden Stelle berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, dieser Auskunft über Änderungen der Festsetzungslage zu erteilen. In der mit dem Auskunftsersuchen verbundenen, an die Familienkasse gerichteten Bitte, Änderungen der Festsetzungslage nach erfolgter Auskunftserteilung mitzuteilen, ist ein neuerliches bedingtes Auskunftsersuchen der Bezüge anweisenden Stelle zu sehen.
Rn. 54–59
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
vorläufig frei