A. Ermächtigung der Familienkassen zur automatisierten Datenbereitstellung an öffentliche Stellen der anderen EU-Mitgliedsstaaten, die Träger von Familienleistungen sind (§ 68 Abs 6 S 1 EStG)
Rn. 80
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
§ 68 Abs 1 EStG dient dazu, für Familienleistungen iSv Art 3 Abs 1 Buchst j, Art 1 Buchst 7 VO (EG) Nr 883/2004 einen automatisierten elektronischen Datenaustausch zwischen den Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit sowie den von § 72 EStG erfassten Familienkassen und den zuständigen öffentlichen Stellen anderer EU-Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Die Regelung enthält insoweit eine Offenlegungsbefugnis (§ 30 Abs 6 AO) der dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten (BT-Drucks 19/8691, 67). Rechtsgrundlage dieses unmittelbar zwischen den Mitgliedsstaaten durchzuführenden Verfahrens, das eine beschleunigte Bearbeitung ermöglichen soll (BT-Drucks 19/8691, 67), ist Art 9 Abs 1 VO (EG) Nr 987/2009. Danach können zwei oder mehrere Mitgliedsstaaten oder deren zuständige Behörden auch andere Verfahren als die in dieser DurchführungVO (Art 4 VO (EG) Nr 987/2009 vorgesehenen vereinbaren, sofern durch diese Verfahren die Ansprüche oder Verpflichtungen der betreffenden Personen nicht beeinträchtigt werden. Für Familienleistungen iSv Art 3 Abs 1 Buchst j, Art 1 Buchst 7 VO (EG) Nr 883/2004 bestimmt § 68 Abs 6 S 1 EStG, dass ein automatisierter Datenabruf durch die für Familienleistungen zuständigen öffentlichen Stellen der anderen EU-Mitgliedsstaaten möglich ist. Der automatisierte Datenaustausch erfolgt zur Prüfung und Bemessung der Familienleistungen iSv Art 3 Abs 1 Buchst j, Art 1 Buchst 7 VO (EG) Nr 883/2004.
Entgegen dem Wortlaut des § 68 Abs 1 S 1 EStG umfasst der automatisierte Datenaustausch nicht den für die jeweilige Kindergeldzahlung maßgebenden Sachverhalt, sondern nur die Festsetzungslage. Dies folgt aus der Begründung zum Gesetzentwurf. Danach soll sich die Mitteilung auf die Bereitstellung der
Zitat
"für die Koordinierung der Familienleistungen erforderlichen Informationen, zum Beispiel über einen laufenden Kindergeldbezug oder die Tatsache, dass der Bezug eingestellt wurde oder nicht besteht",
beschränken (BT-Drucks 19/8691, 67) und mithin nicht den der Festsetzung zugrundeliegenden Sachverhalt umfassen.
Rn. 81
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Die automatisierte Datenbereitstellung an die für Familienleistungen iSv Art 3 Abs 1 Buchst j, Art 1 Buchst 7 VO (EG) Nr 883/2004 zuständigen öffentlichen Stellen anderer EU-Mitgliedstaaten nach § 68 Abs 1 EStG iVm Art 9 Abs 1 VO (EG) Nr 987/2009 ergänzt den durch Art 4 VO (EG) Nr 987/2009 europarechtlich geregelten grenzüberschreitenden Informationsaustausch zur Bestimmung der Zuständigkeit und zur Bemessung der Leistung in den Fällen, in denen in mehreren Mitgliedsstaaten ein Anspruch auf Familienleistungen in Betracht kommt (Anspruchskonkurrenz). Art 4 VO (EG) Nr 987/2009 sieht einen elektronischen Austausch von Informationen der sozialen Sicherheit ("Electronic Exchange of Social Security Information – EESSI") vor, der durch strukturierte elektronische Dokumente erfolgt. Diese füllt der Träger der Familienleistungen personell aus und übermittelt sie an den anfragenden Träger der Familienleistungen bzw stellt sie über EESSI Letzterem zur Verfügung (BT-Drucks 19/9691, 66f).
Rn. 82–84
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
vorläufig frei
B. Verordnungsermächtigung (§ 68 Abs 6 S 2 EStG)
Rn. 85
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Die Regelung ermächtigt das BFM, durch RechtsVO ohne Zustimmung des Bundesrats zur Durchführung von automatisierten Abrufen nach § 68 Abs 6 S 1 EStG die Voraussetzungen festzulegen, unter denen ein Abruf erfolgen kann. Dies betrifft insbesondere die technischen Anforderungen für den automatisierten Datenabruf (BT-Drucks 19/8691, 67).