Rn. 71
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
§ 6a Abs 1 Nr 1 EStG verlangt, dass
Zitat
"der Pensionsberechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen hat".
Wann ein solcher Rechtsanspruch besteht, bestimmt sich nach den allgemeinen zivil- und arbeitsrechtlichen Grundsätzen (R 6a Abs 2 S 3 EStR 2012). Nach § 194 BGB besteht ein (Rechts-)Anspruch, wenn der Gläubiger gegenüber dem Schuldner einen von Rechts wegen mittels Klage und Zwangsvollstreckung durchsetzbaren Anspruch auf Leistung hat (Rau, § 6a EStG Rz 34 und 35).
Rn. 72
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Für die Beurteilung, ob dem Pensionsberechtigten ein Rechtsanspruch iSv § 6a Abs 1 Nr 1 EStG zusteht, ist unerheblich, ob die Pensionszusage ausdrücklich den Begriff des (Rechts-)Anspruchs verwendet. Es ist dann im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob ein solcher Rechtsanspruch gewährt wird. IdR wird dies der Fall sein. Das folgt einerseits aus dem ArbN-Schutzprinzip, das Auslegungszweifel zugunsten der ArbN löst, andererseits aus einem "Erst-recht-Schluss": Da nach der Rspr des BAG bereits der Ausschluss des Rechtsanspruchs nur zu einem Widerruf aus sachlichen Gründen berechtigt (BAG vom 17.05.1973, 3AZR 381/72, BB 1973, 1308; DB 1973, 1704), muss bei Pensionszusagen, die den Rechtsanspruch nicht ausdrücklich erwähnen, von seiner stillschweigenden Vereinbarung ausgegangen werden.
Rn. 73
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
In der StB können Rückstellungen bereits für Zusagen gebildet werden, die dem Wortlaut nach einen Rechtsanspruch nicht ausschließen, also keine anspruchsverneinenden Formulierungen enthalten. Der schriftliche Ausschluss eines Rechtsanspruchs verhindert zwar im Hinblick auf das Arbeitsrecht nicht das wirksame Entstehen eines einklagbaren Anspruchs (erneut bestätigend BAG vom 11.12.2001, 3AZR 128/01, DB 2003, 214), wohl aber die Passivierbarkeit der Pensionsverpflichtung.
Rn. 74
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Unschädlich ist es, wenn dem Pensionsberechtigten nach der Zusageerteilung erst eine Pensionsanwartschaft und noch kein (Pensions-)Anspruch zusteht. § 6a Abs 1 Nr 1 EStG verlangt zwar einen "Anspruch" auf Pensionsleistungen, doch ist damit nur gemeint, dass eine rechtsverbindliche Verpflichtung bestehen muss, dass der Pensionsberechtigte mit Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen einen Rechtsanspruch auf die Pensionsleistungen erwirbt. Bis dahin muss ihm aufgrund der rechtsverbindlichen Verpflichtung eine Pensionsanwartschaft zustehen, die zu einem Pensionsanspruch erstarken kann.
Aus § 6a Abs 1 Nr 1 EStG folgt somit für die Anwartschaftsphase, dass eine Rückstellungsbildung nur dann zulässig ist, wenn rechtsverbindlich geregelt wurde, dass bei Eintritt des Versorgungsfalles ein Pensionsanspruch entsteht. Die Rückstellungsfähigkeit von Verpflichtungen aus Pensionsanwartschaften ergibt sich direkt auch aus § 6a Abs 2 Nr 1 und Abs 3 Nr 1 EStG, weil dort explizit die Voraussetzungen für die Bildung der Rückstellung für die Anwartschaft bzw ihre Bemessung der Höhe nach angesprochen werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Pensionsanwartschaft bereits unverfallbar ist und ob bereits eine Wartezeit oder eine Vorschaltzeit erfüllt sind.
Wenn allerdings der explizite Ausschluss des Rechtsanspruchs auf den Fall beschränkt ist, dass die Versorgungsleistung von einer Unterstützungskasse an den Berechtigten geleistet werden muss, und ein Anspruch auf deren Dotierung in der Höhe des Barwertes beim Eintritt des Versorgungsfalls besteht, ist lt BFH die Pensionsrückstellungsbildung zu bilden (BFH vom 19.08.1998, I R 92/95, BStBl II 1999, 387 Rz 34ff), obwohl die Kasse den Rechtsanspruch auf die Versorgungsleistung ausdrücklich ausschließt (s § 4d Rn 16 (Höfer)).
Rn. 75
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Als Rechtsbegründungsakte für einen Pensionsanspruch kommen
- eine Einzelzusage (Höfer/de Groot/Küpper, BetrAVG Bd I Arbeitsrecht, Kap 4 Rz 4ff (März 2023)),
- eine Gesamtzusage oder eine ausdrückliche vertragliche Einheitsregelung (Höfer/de Groot/Küpper, BetrAVG Bd I Arbeitsrecht, Kap 4 Rz 21ff (März 2023)),
- eine betriebliche Übung (Höfer/de Groot/Küpper, BetrAVG Bd I Arbeitsrecht, Kap 4 Rz 28ff (März 2023)),
- der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz (Höfer/de Groot/Küpper, BetrAVG Bd I Arbeitsrecht, Kap 4 Rz 47ff (März 2023)),
- eine Betriebsvereinbarung (Höfer/de Groot/Küpper, BetrAVG Bd I Arbeitsrecht, Kap 4 Rz 57ff (März 2023)),
- eine Richtlinie oder Vereinbarung nach dem Sprecherausschussgesetz (SprAuG, Band I Kap 4 Rz 74ff) oder
- ein Tarifvertrag (Höfer/de Groot/Küpper, BetrAVG Bd I Arbeitsrecht, Kap 4 Rz 84ff (März 2023))
in Betracht. Pensionsverpflichtungen, die auf mündlich erteilten Zusagen, auf einer betrieblichen Übung oder dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beruhen, berechtigten jedoch wegen des Schriftformerfordernisses des § 6a Abs 1 Nr 3 Hs 1 EStG nicht zur Rückstellungsbildung (s Rn 101).
Rn. 76
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Wirksam begründet ist der Rechtsanspruch nicht schon beim formalen Vorliegen eines der benannten Rechtsbegründungs...