A. Allgemeines
1. Überblick über die fünf Sondervoraussetzungen
Rn. 65
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Gemäß § 6a Abs 1 Nr 1–3 EStG darf eine Pensionsrückstellung nur gebildet werden, wenn und soweit
- der Pensionsberechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen hat
und die Pensionszusage
- keine Pensionsleistungen in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen vorsieht,
- keine steuerschädlichen Vorbehalte enthält,
- eindeutig und
- schriftlich erteilt ist.
Rn. 66
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Mit der durch das JStG 1997 (BGBl I 1996, 2049) in § 6a Abs 1 EStG eingefügten Formulierung "und soweit" ist klargestellt worden, dass für denjenigen Teil einer Pensionszusage eine Rückstellung gebildet werden kann, für den die Sondervoraussetzungen erfüllt sind.
2. Zeitpunkt für die Erfüllung der Sondervoraussetzungen
Rn. 67
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Die Sondervoraussetzungen für die Bildung einer Pensionsrückstellung in der StB brauchen nicht bereits zu dem Zeitpunkt, in dem eine Pensionsverpflichtung entsteht, erfüllt zu sein, sondern erst am jeweiligen Bilanzstichtag, zu dem die steuerliche Anerkennung der Pensionsrückstellung begehrt wird (Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG Bd II Kap 2 Rz 181 (Januar 2023); Rau, § 6a EStG Rz 38 und 129).
Rn. 68
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Wenn im Verlauf des Wj die noch fehlenden Voraussetzungen zur Rückstellungsbildung geschaffen werden, zB durch die schriftliche Bestätigung einer bisher nur mündlich erteilten Zusage, kann ohne Verstoß gegen das Nachholverbot (s Rn 240ff) zum Schluss des Wj die volle Pensionsrückstellung gebildet werden.
Eine "Nachholung" der steuerlichen Sondervoraussetzungen ist also "ex nunc" zulässig. Eine Rückwirkung auf frühere Bilanzstichtage erfolgt jedoch nicht.
3. Keine Maßgeblichkeit der Sondervoraussetzungen für die Bemessungsgrundlagen
Rn. 69
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Vier der in § 6a Abs 1 Nr 1–3 EStG genannten Sondervoraussetzungen – Rechtsanspruch (s Rn 71ff), unschädlicher Vorbehalt (s Rn 87ff), Eindeutigkeit (s Rn 95ff) und Schriftform (s Rn 99ff) – beziehen sich nur auf die Pensionszusage selbst, nicht aber auf die Bemessungsgrundlage, von der die Höhe der Pension abhängen kann. So sind zB die Bemessungsgrundlagen Weihnachts- und Urlaubsgeld bei der Berechnung der Pensionsrückstellung auch dann zu beachten, wenn der ArbG sie aufgrund eines Freiwilligkeitsvorbehaltes einstellen oder kürzen darf (BFH vom 09.11.1995, BStBl II 1996, 589).
Rn. 70
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Seit der Neuregelung durch das JStG 1997 ist die Bezugnahme auf künftige gewinnabhängige Gehaltsbestandsteile auch kraft Gesetzes rückstellungsschädlich (s Rn 84ff). Insoweit bezieht sich die in § 6a Abs 1 Nr 2 EStG (erster Teil) genannte steuerliche Sondervoraussetzung nicht nur auf die Pensionszusage selbst, sondern auch auf die Bemessungsgrundlage. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass sich seit dem In-Kraft-Treten des JStG 1997 die anderen vier Sondervoraussetzungen ebenfalls auf die Bemessungsgrundlagen erstrecken (Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG Bd II Kap 2 Rz 184ff (Januar 2023); aA Pinkos, BetrAV 1996, 297).
B. Erste Sondervoraussetzung: Rechtsanspruch auf Pensionsleistungen (§ 6a Abs 1 Nr 1 EStG)
1. Allgemeines
Rn. 71
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
§ 6a Abs 1 Nr 1 EStG verlangt, dass
Zitat
"der Pensionsberechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen hat".
Wann ein solcher Rechtsanspruch besteht, bestimmt sich nach den allgemeinen zivil- und arbeitsrechtlichen Grundsätzen (R 6a Abs 2 S 3 EStR 2012). Nach § 194 BGB besteht ein (Rechts-)Anspruch, wenn der Gläubiger gegenüber dem Schuldner einen von Rechts wegen mittels Klage und Zwangsvollstreckung durchsetzbaren Anspruch auf Leistung hat (Rau, § 6a EStG Rz 34 und 35).
Rn. 72
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Für die Beurteilung, ob dem Pensionsberechtigten ein Rechtsanspruch iSv § 6a Abs 1 Nr 1 EStG zusteht, ist unerheblich, ob die Pensionszusage ausdrücklich den Begriff des (Rechts-)Anspruchs verwendet. Es ist dann im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob ein solcher Rechtsanspruch gewährt wird. IdR wird dies der Fall sein. Das folgt einerseits aus dem ArbN-Schutzprinzip, das Auslegungszweifel zugunsten der ArbN löst, andererseits aus einem "Erst-recht-Schluss": Da nach der Rspr des BAG bereits der Ausschluss des Rechtsanspruchs nur zu einem Widerruf aus sachlichen Gründen berechtigt (BAG vom 17.05.1973, 3AZR 381/72, BB 1973, 1308; DB 1973, 1704), muss bei Pensionszusagen, die den Rechtsanspruch nicht ausdrücklich erwähnen, von seiner stillschweigenden Vereinbarung ausgegangen werden.
Rn. 73
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
In der StB können Rückstellungen bereits für Zusagen gebildet werden, die dem Wortlaut nach einen Rechtsanspruch nicht ausschließen, also keine anspruchsverneinenden Formulierungen enthalten. Der schriftliche Ausschluss eines Rechtsanspruchs verhindert zwar im Hinblick auf das Arbeitsrecht nicht das wirksame Entstehen eines einklagbaren Anspruchs (erneut bestätigend BAG vom 11.12.2001, 3AZR 128/01, DB 2003, 214), wohl aber die Passivierbarkeit der Pensionsverpflichtung.
Rn. 74
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Unschädlich ist es, wenn dem Pensionsberechtigten nach der Zusageerteilung erst eine Pensionsanwartschaft und noch kein (Pensions-)Anspruch zusteht. § 6a Abs 1 Nr 1 EStG verlangt ...