a) Allgemeines
Rn. 355
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Beim Abschreibungszeitraum iRd § 7 Abs 4 EStG ist zu unterscheiden:
Abschreibung nach § 7 Abs 4 EStG |
Qualifizierung |
S 1 |
Abschreibung nach fiktiver (= gesetzlich vorgegebener1) Nutzungsdauer |
S 2 |
Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer |
1 durch Angabe der Prozentsätze ergibt sich mittelbar der Abschreibungszeitraum (BFH BFH/NV 2020, 561)
b) Die gesetzliche Nutzungsdauer
Rn. 356
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
§ 7 Abs 1 S 1 u 2 EStG schreiben vor, die Nutzungsdauer jedes einzelnen Objekts gesondert zu bestimmen. Um diese Bestimmung zu erleichtern, gibt es die amtlichen AfA-Tabellen. Die AfA-Tabellen haben zwar keine Rechtsverbindlichkeit, wohl aber die Vermutung der Richtigkeit für sich (s Rn 192ff). § 7 Abs 4 S 1 EStG geht in dreierlei Hinsicht über die Wirkung der AfA-Tabellen hinaus:
(1) |
Die Nutzungsdauer wird gesetzlich festgeschrieben. |
(2) |
Die Nutzungsdauer bestimmt zugleich den maximalen AfA-Zeitraum, dh, eine höhere Nutzungsdauer als die gesetzlich bestimmte kann also auch derjenige nicht geltend machen, der die Abweichung substantiiert begründet. Ein kürzerer AfA-Zeitraum ist aber, sofern ausreichend begründet, möglich (§ 7 Abs 4 S 2 EStG). |
(3) |
Die Abschreibung nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs 4 S 2 EStG) kann der StPfl wählen, sie kann ihm aber grds (Ausnahme: s Rn 273: das WG scheidet aus dem Einkunftserzielungsvermögen aus = Zerstörungsfall) nicht vom FA aufgezwungen werden. |
Rn. 357
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Die Nutzungsdauer, von der § 7 Abs 4 EStG ausgeht,
- ist die Dauer der Nutzung durch den jeweiligen StPfl (und seine unentgeltlichen Rechtsnachfolger, zB Erben)
- und nicht die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes (BFH BStBl II 1972, 176).
Rn. 358
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Beispiele:
(1) |
Plant ein StPfl von vornherein, das von ihm errichtete Gebäude nach 10 Jahren zu veräußern, ist dennoch von der vollen Nutzungsperiode von 50 Jahren (§ 7 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a EStG) auszugehen. |
(2) |
Da jeder entgeltliche (nicht: unentgeltliche) Eigentümerwechsel wieder eine volle neue Nutzungsperiode in Gang setzt, gilt für ein Gebäude aus dem 17. Jahrhundert, das 1980 erworben wurde, eine gesetzliche Nutzungsdauer bis zum Jahre 2020. Andererseits ist für ein 1961 errichtetes Gebäude in der Hand des Bauherrn und seiner Erben die gesetzliche Nutzungsdauer bereits 2010 abgelaufen. |
Rn. 359
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Aufgrund dessen, dass die gesetzliche Nutzungsdauer mit jeder entgeltlichen Veräußerung neu läuft und ein älteres Gebäude durch grundlegende Modernisierungsarbeiten in einen vergleichsweise sehr guten baulichen Stand gebracht werden kann, ist die unterschiedliche Bemessung der Nutzungsdauer für ältere und neuere Gebäude in § 7 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a u b EStG rechtspolitisch (zum Verfassungsrecht s Rn 352) schwer verständlich. Die Unterscheidung wäre nicht mehr so bedeutsam, wenn man in grundlegenden Umbauarbeiten, die die Lebensdauer des Gebäudes deutlich verlängern, einen Neubau sehen würde, sodass mit der Zeit alle älteren Gebäude mit grundlegender Substanzverbesserung in den Kreis der in § 7 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a EStG genannten neueren Gebäude überwechseln würden.
Ein Neubau liegt nur dann vor, wenn das Gebäude durch einen grundlegenden Umbau in seinem Zustand so wesentlich verändert wird, dass es objektiv betrachtet als neues WG erscheint (BFH BStBl II 1975, 424; 1978, 280; 1978, 383; H 7.3 EStH 2020 "Nachträgliche AK oder HK"), dh bautechnisch neu ist. Ausführlich zum Thema "Neubau" s Rn 427ff.
c) Die gesetzliche Nutzungsdauer als AfA-Zeitraum
Rn. 360
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
§ 7 Abs 4 S 1 EStG legt ausdrücklich nur die jährlichen AfA-Prozentsätze fest, der AfA-Zeitraum ergibt sich dadurch indirekt. Diese AfA-Prozentsätze dienen der Gesetzesvereinfachung, wobei der Gesetzgeber auch davon ausgeht, dass die tatsächliche Gebäudenutzung idR länger ist (BFH BFH/NV 2020, 561). § 7 Abs 4 S 2 EStG geht vom indirekt in S 1 genannten AfA-Zeitraum aus, stellt diesen der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer gegenüber.
Rn. 361
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Danach ergibt sich Folgendes:
1 bei Herstellung/Anschaffung nach dem 01.01.2001 (§ 52 Abs 21b S 2 EStG aF, inzwischen § 52 Abs 15 S 3 EStG)
2 bei Herstellung/Anschaffung vor dem 31.12.2000 (§ 52 Abs 21b S 2 EStG aF, inzwischen § 52 Abs 15 S 3 EStG)
Rn. 362
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
IdR kann offenbleiben, ob § 7 Abs 4 S 1 EStG vornehmlich die Prozentsätze festlegt oder die Nutzungsdauer. In folgenden Fällen stellt sich die Frage, auf was abzustellen ist:
(1) |
Das AfA-Volumen vergrößert sich durch nachträgliche AK/HK: Ändert sich der AfA-Zeitraum oder ändern sich die AfA-Prozentsätze? Lösung: Die nachträglichen AK/HK erhöhen die ursprünglichen AK/HK – nicht den Restwert. Auf diese neue AfA-Bemessungsgrundlage werden die gesetzliche... |