A. Allgemeines
1. Überblick
Rn. 248
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
§ 7 EStG stellt den Absetzungen nach gleichen oder fallenden Beträgen, die die gewöhnliche Abnutzung berücksichtigen sollen, die Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) gegenüber. Die AfaA steht also neben (glA Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 326) der linearen/degressiven AfA und gilt sowohl für Gewinn- als auch Überschusseinkünfte. Sie ist von der Teilwertabschreibung zu unterscheiden.
Rn. 248a
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Auch die AfaA dient der Kostenverteilung (FG Nbg v 26.07.2017, 5 K 793/15, DStRE 2018, 1287 rkr); s Rn 9, 411a.
Rn. 249
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Eine außergewöhnliche Abnutzung kann
- die Nutzungsdauer des WG verkürzen (s Rn 250f) oder
- die Einsatzfähigkeit des Objekts verringern (s Rn 252f)
- oder beides gleichzeitig (s Rn 254).
2. Die Einschränkung der Nutzungsdauer
Rn. 250
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Verkürzt eine außergewöhnliche Abnutzung nur die Nutzungsdauer des WG, bedarf es keines besonderen Instruments, um dies zu berücksichtigen: Denn § 7 Abs 1 S 1 EStG verlangt nicht, an der einmal prognostizierten Nutzungsdauer festhalten zu müssen. Daher können besondere Ereignisse Anlass geben, die ursprüngliche Nutzungsdauer neu zu bestimmen.
Rn. 251
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Dann bestimmt sich die weitere AfA nach der Formel
|
Restwert |
= neuer AfA-Betrag pa |
|
Restnutzungsdauer |
dh, die Absetzungsbeträge für die verbleibenden Nutzungsjahre werden gleichmäßig erhöht. Zu einer einmaligen zusätzlichen AfA im Jahr der Neufestsetzung der Nutzungsdauer kommt es nicht.
3. Die Einschränkung der Einsatzfähigkeit
Rn. 252
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Vermindert die außergewöhnliche Abnutzung die Einsatzfähigkeit des WG, ohne dessen Nutzungsdauer zu verkürzen, kann dies nicht mit einer verkürzten Nutzungsdauer und damit erhöhten AfA berücksichtigt werden. Der Weg ist hier vielmehr umgekehrt: Der jährliche AfA-Betrag muss sich verringern, weil nur ein solcher der betrieblichen Rentabilität des Objekts in den verbleibenden Nutzungsjahren entspricht.
Rn. 253
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Dies erreicht § 7 Abs 1 S 7 EStG, indem die AfA-Bemessungsgrundlage reduziert wird. Das im Reduktionsjahr frei werdende AfA-Volumen ist als AfaA steuermindernd geltend zu machen. Begründen lässt sich dies damit, dass ein Teil der ursprünglichen AK/HK verbraucht oder fehlgeschlagen ist.
4. Die Einschränkung von Nutzungsdauer und Einsatzfähigkeit
Rn. 254
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Der Vergleich zeigt:
Tatbestand |
Rechtsfolge |
Einschränkung der Nutzungsdauer |
AfA-Betrag für Restzeitraum erhöht sich |
Einschränkung der Einsatzfähigkeit |
AfA-Betrag für Restzeitraum verringert sich |
Sind Nutzungsdauer und Einsatzfähigkeit eingeschränkt, können sich die beiden gegenläufigen Wirkungen aber wieder ausgleichen.
5. Der völlige Ausschluss der weiteren Nutzung des WG
Rn. 255
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Schließt das außergewöhnliche Ereignis die weitere Nutzung des WG vollständig aus, wird dies im Wege der AfaA berücksichtigt, indem das bis dahin noch verfügbare AfA-Volumen erfolgswirksam (hier: steuermindernd) ausgebucht wird (Buchungssatz: "AfaA an WG").
B. Die Voraussetzungen der AfaA
1. Die Abnutzung des WG
Rn. 256
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Der Ausdruck "Abnutzung" in § 7 Abs 1 S 7 EStG ist irreführend, da der übliche Sprachgebrauch in diesem Fall nicht von einer Zerstörung des WG ausgeht, obwohl die Vorschrift auch diesen Fall erfassen will. Es meint also jeden vollständigen oder teilweisen Verlust an Möglichkeiten, das WG zu nutzen.
2. Die technischen oder wirtschaftlichen Gründe
a) Allgemeines
Rn. 257
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§ 7 Abs 1 S 7 EStG sieht zwei mögliche Gründe für die außergewöhnliche Abnutzung vor (BFH BStBl II 1995, 306; BFH/NV 2014, 1202; BFH/NV 2016, 1446; FG Mchn v 24.01.2016, 10 K 965/15, zitiert bei Weiss, BB 2017, 2027 (2028), rkr; Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 331ff):
Beide Gründe stehen gleichwertig nebeneinander.
b) Technische Gründe
Rn. 258
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Hier wird eine Substanzeinbuße eines bestehenden WG vorausgesetzt (BFH BFH/NV 2014, 1202). Gemeint sind "mechanische" (FG Münster EFG 1988, 558 rkr), "körperliche" (BFH BStBl II 2009, 450) oder "chemische" Einwirkungen auf das WG, zB durch
Rn. 259
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Einzelfälle
- Baumangel: Eine AfaA wegen Baumängel vor Fertigstellung des Gebäudes ist unzulässig (BFH BStBl II 1975, 574; 1987, 548; 1992, 805; 1995, 306; 2004, 592; aA FG D'dorf EFG 1992, 742 rkr). Das gilt auch dann, wenn der Baumangel erst nach Fertigstellung entdeckt wird (BFH BStBl II 1993, 702). Ferner s Rn 413.
- Entfernung der Zimmerergewerke: Hat ein Subunternehmer des Gemeinschuldners nach Insolvenzeröffnung unter Eigentumsvorbehalt stehende Zimmerergewerke aus dem Bau wieder entfernen lassen, rechtfertigt dies nach BFH BFH/NV 1987, 763 beim Hauseigentümer keine AfaA (Kulosa in Schmidt, § 7 EStG Rz 189, 40. Aufl 2021).
- Ertragsfähigkeit: s Rn 413 "Mietminderung".
- Hohe Laufleistung: Die hohe Lauflei...