A. Auszahlung des Kindergeldes bei Ausscheiden aus dem oder Eintritt in den öffentlichen Dienst im Verlauf eines Monats (§ 72 Abs 6 EStG)
Rn. 93
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
§ 72 Abs 6 EStG soll ausschließen, dass sich die Zuständigkeiten einer Familienkasse der Agentur für Arbeit und des öffentlichen Dienstes zeitweise überschneiden, wenn ein Berechtigter im Laufe eines Monats aus dem Personenkreis des § 72 Abs 1 S 1 Nr 1–3 EStG ausscheidet oder in diesen eintritt. Für diese Fälle bestimmt S 1 der Vorschrift, dass das Kindergeld für den Monat, in dem sich der Wechsel vollzieht, noch von der bisher zuständigen Familienkasse gezahlt wird. Der Zuständigkeitswechsel ist also grundsätzlich erst mit Beginn des auf den Monat des Wechsels folgenden Monats zu vollziehen.
Für Beamte und Versorgungsempfänger, die im Laufe eines Monats aus einem Postnachfolgeunternehmen iSd § 72 Abs 2 EStG ausscheiden, gilt die Regelung gleichermaßen.
Rn. 94
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Der mit dem Ausscheiden aus dem bzw Eintritt in den öffentlichen Dienst verbundene Zuständigkeitswechsel von der Familienkasse des öffentlichen Dienstes zu der Familienkasse der Agentur für Arbeit oder umgekehrt macht keine neue Antragstellung erforderlich. Für die neu zuständig gewordene Familienkasse bleibt vielmehr die Kindergeldfestsetzung für den in Rede stehenden Monat der bisher zuständigen Familienkasse maßgebend.
Die von § 72 Abs 6 S 1 EStG gelöste Zuständigkeitskonkurrenz erstreckt sich folgerichtig nur auf die Auszahlung des Kindergeldes, Wendl in H/H/R, § 72 EStG Rz 32 (06/2020). Wegen der Zuständigkeit für die Festsetzung s Rn 101.
Rn. 95
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Der Auszahlungsvorrang des § 72 Abs 6 S 1 EStG erstreckt sich nur auf Kindergeldbeträge, die noch von der bisher zuständigen Familienkasse festzusetzen waren. Kindergeld für ein Kind, welches bei dem Berechtigten erst nach dem Ausscheiden aus dem bzw nach dem Eintritt in den öffentlichen Dienst die Anspruchsvoraussetzungen des § 63 EStG erfüllt, ist hingegen erst von der neu zuständig gewordenen Familienkasse festzusetzen und nach § 72 Abs 6 S 2 EStG auch auszuzahlen. Dieser Sonderfall kann für den betreffenden Monat zu einer geteilten Auszahlungszuständigkeit führen, Selder in Brandis/Heuermann, § 72 EStG Rz 66, 67 (02/2023).
Rn. 96
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Eine Kindergeldauszahlung der bisher zuständigen Familienkasse bzw des bisherigen ArbG iSd § 73 EStG für Monate, die auf den Monat des Ausscheidens oder Eintritts folgen und für die mithin an sich schon die andere Familienkasse zuständig gewesen wäre, muss der Berechtigte nach § 72 Abs 6 S 3 EStG gleichwohl gegen sich gelten lassen, Selder in Brandis/Heuermann, § 72 EStG Rz 68 (02/2023).
Eine Rückforderung durch die unzuständige Stelle und Neuauszahlung durch die neu zuständig gewordene Stelle scheiden damit aus. Eine nochmalige Zahlung durch die neu zuständig gewordene Stelle kann nicht verlangt werden.
Rn. 97
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Die Übersendung von Vergleichsmitteilungen unter den Familienkassen soll Doppelzahlungen ausschließen. Die Vorschrift hat praktische Bedeutung unter anderem für die Fälle, in denen die Familienkasse der Agentur für Arbeit über den Zuständigkeitswechsel zur Familienkasse des öffentlichen Dienstes verspätet unterrichtet wird.
Rn. 98
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Für den Fall, dass im Laufe eines Monats ein Zuständigkeitswechsel von einer Familienkasse des öffentlichen Rechts zu einer anderen Familienkasse des öffentlichen Rechts eintritt, trifft § 72 Abs 6 EStG keine Regelung, denn von einem Ausscheiden aus dem bzw Eintritt in den Kreis der in § 72 Abs 1 S 1 Nr 1–3 EStG Bezeichneten kann bei dieser Sachlage keine Rede sein. Hier sind mE die Rechtsgrundsätze des § 72 Abs 6 EStG aber entsprechend anzuwenden.
Rn. 99–100
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
vorläufig frei
B. Folgen des Zuständigkeitswechsels
Rn. 101
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Mit dem Eintritt bzw dem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst wechselt die Zuständigkeit für die Festsetzung des Kindergeldes, BFH vom 18.12.2014, III R 13/14, BFH/NV 2015, 948. Durch den Zuständigkeitswechsel wird jedoch die bestehende Festsetzung nicht berührt, FG Nds vom 06.10.2009, 12 K 113/09, EFG 2010, 382, soweit sie nicht von der vormals zuständigen Familienkasse aufgehoben wird, BFH vom 11.12.2013, XI R 42/11, BStBl II 2014, 840 zum Eintritt in den öffentlichen Dienst sowie BFH vom 25.09.2014, III R 25 713, BStBl II 2015, 847 zum Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst.
Die nach dem Zuständigkeitswechsel zuständige Familienkasse ist für eine Aufhebung oder Änderung der Festsetzung zuständig, sofern die Voraussetzungen für eine Korrekturvorschrift gegeben sind, FG Mchn vom 06.10.2010, 10 K 925/09, EFG 2011, 402; nach V 3.2 Abs 1 S 1–3 DA-KG 2023 kann sie die Festsetzung aus Vereinfachungsgründen fortführen, wenn sie sich diese zu eigen macht. Sie soll aber den Zuständigkeitswechsel zum Anlass nehmen, das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen zu überprüfen und die Festsetzung ggf zu korrigieren, V 3.1. Abs 2, V 3.2 Abs 2 DA-KG 2023. Gleiches gilt in den anderen Fällen des Zuständigkeitswechsels, die sich bei der Anwendung des § 72 Abs 3, 5, 8 ESt...