A. Allgemeines
Rn. 110
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Die Regelungen des § 72 Abs 7 EStG zur Ausweispflicht in der Abrechnung der Bezüge und des Arbeitsentgelts und in der LSt-Anmeldung sowie zur Aufbringung des Kindergeldes aus dem LSt-Aufkommen sind § 28 Abs 5 BerlinFG betreffend die Berlin-Zulage der ArbN nachgebildet, BT-Drs 13/1558, 161.
B. Ausweispflicht
Rn. 111
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Die Familienkasse des öffentlichen Rechts hat das Kindergeld in den Abrechnungen der Bezüge oder des Arbeitsentgelts des Kindergeldberechtigten gesondert, dh getrennt vom Arbeitslohn, den LSt-Abzugsbeträgen und ggf den Sozialabgaben auszuweisen, § 72 Abs 7 S 1 EStG.
Dies gilt allerdings nach der am 01.01.2007 in Kraft getretenen Neuregelung nur noch in den Fällen, in denen das Kindergeld zusammen mit den Bezügen oder dem Arbeitsentgelt ausgezahlt wird. Dadurch wird mit Außenwirkung transparent, wie sich der zur Auszahlung gelangte Betrag zusammensetzt, ob und in welcher Höhe darin Kindergeld enthalten ist. Der getrennte Ausweis ermöglicht zugleich die Überprüfung der Kindergeldzahlung, denn die in der Abrechnung der Bezüge oder des Arbeitsentgelts enthaltenen Angaben müssen sich in den Unterlagen der Besoldungsstelle wiederfinden.
Diese Ausweispflicht macht es für die Besoldungsstelle erforderlich, eine geänderte Abrechnung der Bezüge oder des Arbeitsentgelts nicht nur bei Änderungen der Vergütung oder der Abzugsbeträge, sondern stets auch bei der Änderung des Kindergeldes zu erteilen.
Erteilt die Besoldungsstelle eine Jahresabrechnung, ist auch darin das Kindergeld gesondert auszuweisen.
C. Zahlung aus dem LSt-Aufkommen
Rn. 112
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Die Besoldungsstelle zahlt das Kindergeld nach § 72 Abs 7 S 2 EStG aus der von ihr insgesamt einbehaltenen LSt; die an das FA abzuführenden LSt-Beträge vermindern sich also um das ausgezahlte Kindergeld (vgl O 2.12 S 1 DA-KG 2023), ohne dass dadurch für den jeweiligen Berechtigten eine Minderung der bei der Veranlagung zur ESt anrechenbaren LSt-Beträge (§ 36 Abs 2 S 2 Nr 2 EStG) eintritt, Nolde, FR 1995, 845, 850.
Die Entnahme ist nicht auf die aus dem LSt-Einbehalt beim jeweiligen Kindergeldberechtigten verfügbaren Beträge beschränkt, sondern aus dem gesamten LSt-Aufkommen der Besoldungsstelle vorzunehmen. Dazu gehört die an das FA insgesamt abzuführende LSt iSd § 41a Abs 1 S 1 Nr 2 EStG, über den Wortlaut des § 72 Abs 7 S 2 EStG hinaus also nicht nur die einzubehaltende LSt, sondern auch die nach den §§ 40–40b EStG zu übernehmende pauschale LSt. Dafür spricht auch § 72 Abs 7 S 3 EStG, wonach die Besoldungsstelle einen Erstattungsanspruch beim FA nur geltend machen kann, wenn das ausgezahlte Kindergeld die insgesamt abzuführende LSt übersteigt, Wendl in H/H/R, § 72 EStG Rz 38 (06/2020); Janda in K/S/M, § 72 EStG Rz G 3 (06/2022).
Rn. 113
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Das ausgezahlte Kindergeld ist – ggf nach Saldierung mit zurückgeforderten Kindergeldbeträgen – von der Besoldungsstelle in der nächsten LSt-Anmeldung gesondert abzusetzen, vgl dazu FG Köln vom 02.10.2009, 5 K 1023/2006, EFG 2010, 435. Nächste LSt-Anmeldung ist diejenige, mit der die LSt angemeldet wird, aus der das Kindergeld entnommen wurde. Die Absetzung muss ab 01.01.2019 (vgl Art 11 Abs 3 des Gesetzes vom 08.12.2016, BGBl I 2016, 2835) unter Angabe des in § 72 Abs 1 EStG genannten Familienkassenschlüssels erfolgen, um eine missbräuchliche Minderung der LSt durch dazu nicht berechtigte ArbG zu verhindern (BT-Drs 18/9441, 18).
Der gesonderte Ausweis bewirkt nicht, dass die LSt-Anmeldung auch in Bezug auf das darin ausgewiesene Kindergeld einer Steuerfestsetzung iSd § 168 S 1 AO gleichsteht. Für das Kindergeld ist eine dem § 41a EStG vergleichbare Anmeldung nämlich nicht vorgeschrieben. Durch den gesonderten Ausweis wird dem FA folglich nur die Abweichung zwischen abzuführender und tatsächlich gezahlter LSt mitgeteilt, Janda in K/S/M, § 72 EStG Rz G 4 (06/2022).
Rn. 114
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Ist das ausgezahlte Kindergeld höher als die für den betreffenden LSt-Anmeldungszeitraum (s § 41c Abs 2 EStG) insgesamt abzuführende LSt, wird der Besoldungsstelle der von ihr vorgestreckte Fehlbetrag von dem für sie nach § 41a Abs 1 S 1 Nr 1 EStG zuständigen Betriebsstätten-FA aus den Einnahmen der LSt ersetzt, s § 72 Abs 7 S 3 EStG, O 2.12 S 2 DA-KG 2023; Selder in Brandis/Heuermann, § 72 EStG Rz 81 (02/2023).
Der dafür vorgeschriebene Antrag wird durch die LSt-Anmeldung gestellt, ohne dass es dazu eines besonderen Erstattungsantrages bedarf, Janda in K/S/M, § 69 EStG Rz G 6 (06/2022).
Rn. 115
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Hat die Besoldungsstelle die abzuführende LSt zu Unrecht gekürzt, steht dem Betriebsstätten-FA hinsichtlich des zu Unrecht geleisteten Kindergeldes ein öffentlich-rechtlicher Rückforderungsanspruch zu, den es durch einen auf § 37 Abs 2 AO gestützten Rückforderungsbescheid durchsetzen kann, Janda in K/S/M, § 72 EStG Rz G 7 (06/2022).
Rn. 116–125
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
vorläufig frei