Rn. 72
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Die Abzweigung bewirkt lediglich den Übergang des Anspruchs auf Auszahlung des Kindergeldes auf das Kind oder den Dritten, der Kindergeldanspruch selbst steht hingegen unverändert dem nach den §§ 62–64 EStG Kindergeldberechtigten zu, BFH vom 24.08.2001, VI R 83/99, BStBl II 2002, 47. Erfolgt eine Abzweigung, ist der Kindergeldberechtigte nicht Leistungsempfänger, sodass er auch nicht der Adressat eines Rückforderungsanspruchs sein kann, BFH vom 24.08.2001, VI R 83/99, BStBl II 2002, 47; BFH vom 26.08.2010, III R 21/08, BStBl II 2013, 583. Eine Abzweigung kann daher nur erfolgen, soweit über den Kindergeldanspruch noch verfügt werden kann, V 33.1 Abs 2 S 4 DA-KG 2023.
Nach der Kindergeldauszahlung ist deshalb eine rückwirkende Abzweigung nicht möglich; dies gilt auch dann, wenn der Abzweigungsantrag noch vor der Zahlung gestellt worden ist, BFH vom 26.08.2010, III R 21/08, BStBl II 2013, 583; zur Abzweigung an das Kind vgl BFH vom 27.10.2011, III R 16/09, BFH/NV 2012, 720.
Entsprechendes gilt auch, wenn das Kindergeld nach Erlass eines Bescheids, der die anteilige Abzweigung vorsieht, in Höhe des Restbetrags an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt worden ist, dann kann das Kindergeld in Höhe dieses Restbetrags nicht mehr an das Kind abgezweigt werden, BFH vom 19.06.2013, III B 79/12, BFH/NV 2013, 1422.
Die Auszahlung von Kindergeld an einen Abzweigungsberechtigten führt jedoch nur dann zum Erlöschen des Kindergeldanspruchs, wenn der Abzweigungsbescheid bestandskräftig geworden ist, BFH vom 17.12.2015, V R 18/15, BStBl II 2016, 960.
Der Kindergeldanspruch ist auch dann nicht verfügbar, soweit mit dem Kindergeldanspruch nach § 75 EStG aufgerechnet worden ist oder das Kindergeld abgetreten, verpfändet oder gepfändet worden ist, V 33.1 Abs 2 S 5 DA-KG 2023. Die Abtretung des Kindergelds nach § 46 AO iVm § 398 BGB ist jedoch nur insoweit wirksam, als es der Pfändung unterworfen ist, § 400 BGB. Da § 76 EStG die Pfändung nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche von Zahl- und Zählkindern zulässt, ist eine anderweitige Abtretung, Verpfändung oder Pfändung mithin unwirksam und steht einer Abzweigung nicht entgegen.
Rn. 73
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Gegen einen Kindergeldaufhebungsbescheid kann der Abzweigungsempfänger mit Einspruch und Klage vorgehen, BFH vom 26.11.2009, III R 67/07, BStBl II 2010, 476 unter II.1.b; BFH vom 17.12.2014, XI R 15/12, BStBl II 2016, 100. Wird die Kindergeldfestsetzung rückwirkend korrigiert, ist der Abzweigungsempfänger gem § 37 Abs 2 AO zur Rückzahlung der zu Unrecht erhaltenen Zahlung verpflichtet; die Entscheidung darüber erfolgt in Zweifelsfällen durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs 2 AO (V 33.1 Abs 2 S 6 und S 8 DA-KG 2023).
Gegen eine Abzweigungsverfügung ist als vorläufiger Rechtsschutz der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statthaft, FG München vom 16.08.2006, 9 V 2478/06. Ein die beantragte Abzweigung ablehnender Bescheid trifft eine Regelung nur bis zum Monat der letzten Verwaltungsentscheidung, BFH vom 17.10.2013, III R 23/13, BFH/NV 2014, 404. Durch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kindergeldberechtigten wird gleichzeitig die bestehende Abzweigung gegenstandlos; die Familienkasse ist jedoch nicht verpflichtet, den Kindergeldberechtigten auf die Möglichkeit eines erneuten Abzweigungsantrags hinzuweisen, BFH vom 10.03.2016, III R 29/15, BFH/NV 2016, 1278.
Hinsichtlich der Änderung einer Abzweigungsentscheidung gelten die §§ 130ff AO, V 33.7 S 1 DA-KG 2023. Die Aufhebung einer Abzweigungsentscheidung nach § 131 AO ist grundsätzlich möglich, vgl FG Münster vom 16.12.2005, 11 K 354/04 Kg, EFG 2008, 922 (Ablehnung der Aufhebung).
Rechtswidrige Abzweigungsentscheidungen können unter den Voraussetzungen des § 130 Abs 2 AO mit Wirkung für die Vergangenheit und die Zukunft zurückgenommen werden, V 33.7 S 3 DA-KG 2023. Eine unter dem Vorbehalt des Widerrufs ergangene rechtswidrige Entscheidung kann zudem jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden (§ 130 Abs 2 AO iVm § 131 Abs 2 Nr 1 AO; V 33.7 S 4 DA-KG 2023).
Hingegen können rechtmäßige Abzweigungsentscheidungen nur für die Zukunft widerrufen werden (§ 131 Abs 2 AO), V 33.7 S 5 DA-KG 2023. Gegenüber dem Berechtigten und dem Abzweigungsempfänger hat die Zurücknahme sowie der Widerruf der Abzweigungsentscheidung einheitlich zu erfolgen, V 33.7 S 6 DA-KG 2023. Erfolgt eine Aufhebung der Abzweigung, ist eine Bekanntgabe der Entscheidung an den Kindergeldberechtigten nicht erforderlich, FG SAnh vom 09.03.2010, 4 K 1254/08, EFG 2010, 1800.
Ein Antrag auf Korrektur einer das Abzweigungsbegehren ablehnenden Entscheidung ist dann als erneuter Antrag auf Abzweigung zu werten, falls das Kindergeld bereits ausgezahlt worden ist, V 33.7 S 7 DA-KG 2023. Auch in Abzweigungsfällen sind die Kosten eines erfolgreichen Einspruchsverfahrens erstattungsfähig, BFH vom 26.06.2014, III R 39/12, BStBl II 2015, 148; Selder in Brandis/Heuermann, § 74 EStG Rz 35 (10/2021).
Rn. 74–86
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