A. Rechtsentwicklung
1. Der frühere Regelungsinhalt des § 7b EStG
Rn. 1
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Die Vorschrift des § 7b EStG war bereits früher einmal besetzt. § 7b EStG aF begünstigte im Inland belegene Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen, die zu mehr als 66 2/3 % Wohnzwecken dienen und vor dem 01.01.1987 hergestellt oder angeschafft wurden und gewährte erhöhte Absetzungen.
2. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur steuerlichen Förderung des Mietwohnneubaus v 05.02.2016
Rn. 2
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Mit Gesetzesentwurf der Bundesregierung v 05.02.2016 (BR-Drucks 67/16) wollte diese den Mietwohnungsneubau in Gebieten mit angespannter Wohnungslage fördern. Hintergrund waren die durch wachsende Haushaltszahlen vor allem in den Groß- und Universitätsstädten gestiegene Wohnungsnachfrage, steigende Mieten und Kaufpreise in den deutschen Ballungsgebieten und die damit für immer mehr Haushalte verbundene Schwierigkeit, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Nur durch verstärkten Wohnungsneubau könne die Nachfrage gedeckt werden. Zugleich müsse aber gewährleistet sein, dass Wohnraum auch für mittlere und untere Einkommensgruppen bezahlbar bleibt. Die Maßnahme ziele daher auf Investoren ab, sich verstärkt im preiswerten (Miet-)Wohnungsneubau zu engagieren. Es blieb jedoch bei diesem Gesetzesentwurf, er scheiterte letztlich am Widerstand einiger SPD-geführter Länder (Hechtner, NWB 38/2018, 2761).
3. Das Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus v 04.08.2019 (BGBl I 2019, 1122)
Rn. 3
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Die Bundesregierung griff dieses Thema aufgrund der entsprechenden Vereinbarung im Koalitionsvertrag v 12.03.2018 wieder auf und legte am 20.09.2018 einen Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus vor (BR-Drucks 470/18). In der Begründung heißt es, dass man private Investoren möglichst zeitnah zum Neubau von Mietwohnungen anregen will und dass eine Sonderabschreibung dazu gezielt diesen Anreiz setzen würde (BR-Drucks 470/18, 4). Diese Förderung ist jedoch zeitlich befristet ausgestaltet (Baumaßnahme im Zeitraum 01.9.2019–31.12.2021, § 7b Abs 2 Nr 1 EStG). Dieser Entwurf wurde mit geringfügigen Änderungen (s BT-Drucks 19/4949 und 19/6140) schließlich vom Bundestag am 29.11.2018 verabschiedet, der Bundesrat stimmte am 28.06.2019 zu (BR-Drucks 607/18). Die Ausgestaltung dieser Förderung erfolgt durch die Einführung eines neuen § 7b EStG (Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus v 04.08.2019, BGBl I 2019, 1122).
Rn. 3a
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Um Unklarheiten zu vermeiden, wurde für den Bereich der Überschusseinkünfte eine ausdrückliche Verweisung auf § 7b EStG durch Art 1 Nr 9 Buchst a, Nr 27 Buchst g Doppelbuchst aa des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (v 12.12.2019, BGBl I 2019, 2451) eingefügt, anzuwenden synchron mit dem Inkrafttreten des § 7b EStG. Auch s Rn 36.
Rn. 3b
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Die FinVerw hat nunmehr (BMF v 07.07.2020, BStBl I 2020, 623) ein umfangreiches Anwendungsschreiben zu § 7b EStG herausgebracht.
B. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht
1. Vereinbarkeit mit EU-Recht
a) Die Beihilfe-Problematik
Rn. 4
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Bei § 7b EStG handelt es sich um eine Sonderabschreibung, schon ausweislich der Überschrift der Vorschrift ("Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau"). Hier stellt sich wie bei anderen Sonderabschreibungen auch die Frage, inwieweit eine solche mit Art 107 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der EU, Abl EG Nr C 115 v 09.05.2008, 47, in Kraft seit 01.12.2009, vormals Art 87 EGV) vereinbar ist. Nach Art 107 Abs 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.
Nach hier vertretener Auffassung ist eine solche Handelsbeeinträchtigung nicht ersichtlich. Auf die Ausnahme in Art 107 Abs 3 Buchst c AEUV, wonach als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, käme es danach nicht mehr an.
Nach Art 108 Abs 3 S 1 AEUV ist die Kommission von der beabsichtigten Einführung von Beihilfen rechtzeitig zu unterrichten (Notifizierungsverfahren). Ist sie der Auffassung, dass ein solches Vorhaben nach Art 107 AEUV mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist, leitet sie ein Verfahren nach Art 108 Abs 2 AEUV ein (Art 108 Abs 3 S 2 AEUV). Der betreffende Mitgliedstaat darf dann die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat (Art 108 Abs 3 S 3 AEUV).
Rn. 5
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Die EU-VO Nr 1407/2013 über die Anwendung der Art 107 und 108 AEUV auf De-Minimis-Beihilfen (v 18.12.2013, Abl EG L 352 v 24.12.2013, 1) sieht vor, dass Beihilfen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag (zur Kumulierungsmöglichkeit nach Art 5 Abs 1 der VO Nr 1407/2013 mit der VO Nr 360/2012 = DAWI-De-Minimis-VO s Rn 136a), die einem einzigen Unternehmen über eine bestimmten...