A. Die De-Minimis-Verordnung und deren Anwendungsbereich
Rn. 131
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Zur De-Minimis-Verordnung s Rn 4, 5. Diese bildet zugleich die Grundlage für § 7b Abs 5 EStG, damit § 7b EStG nicht Art 107 AEUV als unzulässige Beihilfe unterfällt. Der Gesetzgeber wollte dadurch Planungssicherheit haben und sich nicht der Gefahr eines Verfahrens der EU-Kommission aussetzen (Mohaupt, NWB 29/2019, 2153). Andernfalls hätte der Gesetzgeber wohl eine Klausel aufnehmen müssen, wonach das Inkrafttreten des § 7b EStG von der Genehmigung der EU-Kommission abhängt, und dies hätte vermutlich erhebliche Zeit gedauert. Die Unterwerfung unter die De-Minimis-Verordnung wurde also als das "kleinere Übel" angesehen.
Rn. 132
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Zu beachten ist, dass diese VO nur Unternehmen betrifft (Art 1 Abs 1 EU-VO Nr 1407/2013 am Anfang: "Beihilfen an Unternehmen aller Wirtschaftszweige"). In § 7b EStG findet sich dazu keine Stellungnahme, ob der Begriff eher iSd § 2 UStG zu sehen ist, dh auch Privatpersonen mit Vermietungstätigkeit erfasst (kritisch deswegen Schmidt, NWB 38/2019, 2777). ME ist die Frage zu verneinen (aA Kaminski, Stbg 2019, 487).
B. Verweis auf die Voraussetzungen der De-Minimis-Verordnung (§ 7b Abs 5 S 1 EStG)
Rn. 133
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Damit § 7b EStG nicht Gefahr gerät, als europarechtlich unzulässige Beihilfe qualifiziert zu werden, setzt § 7b Abs 5 S 1 EStG als Voraussetzung für die Gewährung der Sonderabschreibung, dass die Voraussetzungen dieser VO eingehalten werden. Um flexibel zu bleiben, wird auf diese VO "in der jeweils geltenden Fassung" Bezug genommen. Dies vor dem Hintergrund, dass die derzeitige VO nach deren Art 8 bis 31.12.2020 gilt (BT-Drucks 29/4949, 15).
Rn. 134
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Aus dem Wort "soweit" in § 7b Abs 5 S 1 EStG folgt, dass auch eine teilweise Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen denkbar ist; wenn etwa das Unternehmen zB De-Minimis-Beihilfen von TEUR 300 in einem Zeitraum von 3 Kj erhalten haben sollte, sind diese nur iHv TEUR 200 zu gewähren. Es fällt bei Überschreiten der Grenze von 200 TEUR also nicht die ganze Sonderabschreibung weg (glA Mohaupt, NWB 29/2019, 2153).
C. TEUR-200-Grenze für Unternehmen (§ 7b Abs 5 S 2, 3 EStG)
Rn. 135
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Wie bereits unter s Rn 5 ausgeführt, sieht Art 3 Abs 2 der De-Minimis-Verordnung vor, dass der Gesamtbetrag der einem einzigen Unternehmen von einem Mitgliedstaat gewährten De-Minimis-Beihilfen in einem Zeitraum von 3 Steuerjahren nicht TEUR 200 übersteigen darf. § 7b Abs 5 S 2 EStG übernimmt dies wortgleich. Zum Begriff des "einzigen Unternehmens" ist mE die Legaldefinition des Art 2 Abs 2 der VO heranzuziehen.
Die TEUR-200-Grenze bezieht sich auf einen Zeitraum von 3 Steuerjahren (nicht: Kj, relevant bei abweichendem Wj nach § 4a Abs 1 S 2 EStG). Das Überschreiten der Grenze schon um EUR 1 ist schädlich. Zur Erweiterung dieser Grenze durch die DAWI-De-Minimis-VO s Rn 136a.
Rn. 136
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Bei dieser TEUR-200-Höchstgrenze sind auch andere in diesem Zeitraum an das Unternehmen gewährte De-Minimis-Beihilfen gleich welcher Art und Zielsetzung zu berücksichtigen (§ 7b Abs 5 S 3 EStG; s BMF v 07.07.2020, BStBl I 2020, 623 Tz 92). Diese Regelung ist mehr klarstellend, weil sich dies schon aus Art 3 Abs 2 der VO ergibt ("der Gesamtbetrag der einem Unternehmen …").
Rn. 136a
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Zu beachten ist auch noch, dass Art 5 Abs 1 der VO es zulässt, dass De-Minimis-Beihilfen bis zu dem in der VO Nr 360/2012 festgelegten Höchstbetrag kumuliert werden dürfen. Die VO Nr 360/2012 (v 25.04.2012, Abl EG L 114/8 v 26.04.2012, 8, sog DAWI-De-Minimis-VO) sieht für De-Minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allg wirtschaftlichen Interesse erbringen, einen Gesamthöchstbetrag von EUR 500 000 in 3 Steuerjahren vor (Art 2 Abs 2 der VO). Somit dürfen De-Minimis-Beihilfen nach VO Nr 1407/2013 (= die De-Minimis-VO) und nach VO Nr 360/2012 (= die DAWI-De-Minimis-VO) zusammengerechnet einen Gesamthöchstbetrag von EUR 500 000 in 3 Steuerjahren erreichen. Diese DAWI-De-Minimis-VO hatte der Gesetzgeber bei § 7b EStG übersehen (Schmidt, NWB 33/2020, 2452).
Rn. 137
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Der Gesamtbetrag von TEUR 200 ist nicht der Betrag der Abschreibung im relevanten Zeitraum, sondern der der "Beihilfen", der sog "Beihilfewert". Dabei ist auf den steuerlichen Vorteil aufgrund der Abschreibung abzustellen (glA Mohaupt, NWB 29/2019, 2153; Morawitz, DStR 2019, 1545), dh eine Vergleichsrechnung anzustellen, wobei mE vom Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag nach § 275 Abs 2 Nr 17 HGB beim Gesamtkostenverfahren auszugehen ist:
|
Jahresüberschuss bzw Jahresfehlbetrag des Unternehmens ohne Sonderabschreibung |
./. |
Jahresüberschuss bzw Jahresfehlbetrag des Unternehmens mit Sonderabschreibung |
= |
steuerlicher Vorteil (ggf bei Jahresfehlbetrag auch in Form eines Verlustabzugs nach § 10d EStG) |
Rn. 138
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Die FinVerw stellt dabei für die Berechnung des wirtschaftlichen Vorteils ein Berechnungsschema zur Verfügung (BMF v 07.07.2020, BStBl I 2020, 623 Tz 105–125 mit weiteren Einzelheiten zur Berechnung, auch bei Mitunternehmerschaften und Grundstücksgeme...