a) Allgemeines
Rn. 91
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Ebenso wie die Möglichkeit, eine Einnahme zu erzielen, noch keine Einnahme ist, BFH v 24.01.2001, I R 100/98, BStBl II 2001, 509, so ist auch der Verzicht auf diese Möglichkeit keine Einnahme. Der StPfl ist nicht verpflichtet, mögliche Einnahmen zu erzielen; verzichtet er zB darauf, eine Lagerhalle zu vermieten oder arbeitet er nicht, können keine Einnahmen fingiert werden, vgl BVerfG v 22.06.1996, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, 134f; BFH v 30.07.1993, VI R 87/92, BStBl II 1993, 884; BFH v 25.11.1993, VI R 115/92, BStBl II 1994, 424; Kratzsch in Frotscher/Geurts, § 8 EStG Rz 100 (August 2015). Dies gilt auch dann, wenn der StPfl zB als Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft auf bestehende oder künftige Entgeltansprüche ohne Ausgleich verzichtet und dadurch eine Vermögenseinbuße erleidet, BFH v 03.02.2011, VI R 4/10, BStBl II 2014, 493; etwas anderes gilt jedoch, wenn es sich um eine verdeckte Einlage handelt, BFH v 03.02.2011, VI R 4/10, BStBl II 2014, 493; BFH v 15.05.2016, VI R 6/13, BStBl II 2016, 903. Auch im Falle der einvernehmlichen Aufhebung einer arbeitsvertraglichen Zusage von Weihnachts- und Urlaubsgeld vor dem Zeitpunkt der Entstehung dieser Sonderzuwendungen fließen dem Gesellschafter-Geschäftsführer keine Einnahmen zu, BFH v 15.05.2013, VI R 24/12, BStBl II 2014, 495.
Rn. 92
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn der StPfl eine Leistung erbringt, die zwar in den Rahmen einer Einkunftsart fällt, aber von vornherein auf ein (angemessenes, erzielbares) Entgelt verzichtet. Hingegen liegt bei einem entgeltlichen Verzicht auf Einnahmen eine Einnahme in der Gestalt des Entgelts vor, BFH v 06.03.2008, VI R 6/05, BStBl II 2008, 530; BFH v 11.11.2010, VI R 27/09, BStBl II 2011, 386; BFH v 19.06.2008, VI R 4/05, BStBl II 2008, 826: Verzicht eines ArbN gegen ein Entgelt auf eine ihm vom ArbG eingeräumte Option, Kratzsch in Frotscher/Geurts, § 8 EStG Rz 101 (August 2015).
Rn. 93
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Überlässt der StPfl zu seinem PV gehörende Gegenstände unentgeltlich einem Dritten, kann darin keine Einnahme liegen, vgl BFH v 26.09.1969, VI R 64/67, BStBl II 1970, 177 bzgl unentgeltlicher Überlassung eines Hotels; BFH v 08.11.1960, I 131/59 S, BStBl III 1960, 513 bzgl zu niedriger Pacht.
Rn. 94
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Kein Verzicht auf Einnahmen liegt auch bei einer Verwendungsabrede vor, BFH v 25.11.1993, VI R 115/92, BStBl II 1994, 424.
Rn. 95
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Wird dem Schuldner eine Forderung erlassen, verzichtet also der Gläubiger auf eine ihm zustehende Forderung, erzielt der Schuldner Einnahmen, falls sich der Erlass als ein geldwerter Vorteil im Rahmen einer Einkunftsart erweist, vgl BFH v 27.03.1992, VI R 145/89, BStBl II 1992, 837: Erlass einer Forderung gegen den ArbN als Arbeitslohn; BFH v 09.06.1997, GrS 1/94, BStBl II 1998, 307: Erlass einer Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft als Einlage in Höhe des Teilwerts der Forderung.
Rn. 96
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Auch iRd der vGA (§ 8 Abs 2 S 2 KStG, § 20 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG) kann der Verzicht zu Einnahmen des Verzichtenden führen, zB
- Verzicht auf eigenen Gewinnanspruch (BFH v 12.06.1980, IV R 40/77, BStBl II 1980, 723);
- auf Vergütungsanspruch (BFH v 23.06.1993, I R 72/92, BStBl II 1993, 801);
- auf höhere Miete (BFH v 07.12.1988, I R 25/82, BStBl II 1989, 248);
- auf Darlehenszinsen (BFH v 28.02.1990, I R 83/87, BStBl II 1990, 649);
- auf Sicherung eines Darlehens (BFH v 14.03.1990, I R 6/89, BStBl II 1990, 795);
- auf Entgelt für die Errichtung eines Gebäudes bzw für die Grundstücksüberlassung (BFH v 08.11.1989, I R 16/86, BStBl II 1990, 244).
Entsprechendes gilt in Bezug auf einen Verzicht des Gesellschafter-Geschäftsführers auf eine Sonderzuwendung, der zu einer verdeckten Einlage führt. Eine einvernehmliche Aufhebung des Anspruchs vor dessen Entstehung führt hingegen zu keiner Einlage, BFH v 15.05.2013, VI R 24/12, BStBl II 2014, 495. Gleiches gilt für einen Gehaltsverzicht vor Entstehen des Gehaltsanspruchs, BFH v 15.06.2016, VI R 6/13, BStBl II 2016, 903.
Rn. 97–98
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vorläufig frei
b) Einnahme des Gläubigers bei Erlass einer Forderung
Rn. 99
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Hat der StPfl eine Leistung im Rahmen einer Einkunftsart gegen das übliche angemessene Entgelt erbracht und einen Anspruch auf dieses Entgelt erlangt, führt der Verzicht des StPfl nur dann bei ihm als Gläubiger zu einer Einnahme, wenn eine betriebliche Forderung aus privaten Gründen erlassen wird, vgl BFH v 16.01.1975, IV R 180/71, BStBl II 1975, 526: Verzicht als Entnahme der Forderung.
Rn. 100
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Im bedingungsfreien Lohnverzicht des ArbN auf eine ihm gegen den ArbG zustehende (Lohn-)Forderung liegt dagegen kein Lohnzufluss, vgl BFH v 23.09.1998, XI R 18/98, BStBl II 1999, 98; BFH v 30.06.1993, VI R 87/92, BStBl II 1993, 884; BFH v 05.12.1990, I R 5/88, BStBl II 1991, 308; anders, wenn der ArbN dafür ein Surrogat erhält, BFH v 06.03.2008, VI R 6/05, BStBl II 2008, 530; Kister in H/H/R...