Rn. 20

Stand: EL 164 – ET: 04/2023

Art 3 Abs 1 GG verlangt in seiner bereichsspezifischen Anwendung auf das gegenwärtige Steuerrecht, dass jeder Inl nach seiner finanziellen Leistungsfähigkeit gleichmäßig zur Finanzierung der allg Staatsaufgaben herangezogen wird. Mit dem EStG belastet der Gesetzgeber durch die Besteuerung von Einkommen und Ertrag den privaten Vermögenserwerb (BVerfG v 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655 unter II.1.c.). Das EStG knüpft dementsprechend an den Vermögenszuwachs (Vermögensmehrung) an, dh an eine objektive Bereicherung des StPfl (BFH v 23.10.1985, I R 248/81, BStBl II 1986, 178; BFH v 04.07.1984, I R 195/81, BStBl II 1984, 842; BFH v 22.07.1997, I R 195/81 BStBl II 1997, 767).

 

Rn. 21

Stand: EL 164 – ET: 04/2023

Wegen der dualistischen Einkünfteermittlung kann der Vermögenszuwachs durch die Wertsteigerung des vorhandenen Vermögens oder durch Einnahmen ausgelöst werden.

 

Rn. 22

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Das EStG umfasst den Wertzuwachs des vorhandenen Vermögens grundsätzlich nur beim BV und auch nur dann, wenn er durch Veräußerung, Entnahme oder Entstrickung realisiert wird. Der Wertzuwachs des PV wird dagegen nur iRd §§ 17, 23 EStG erfasst. Bei den Einkunftsarten des § 2 Abs 1 S 1 Nr 4–7 EStG sind allein die Einnahmen, nicht der Wertzuwachs im erwerbssichernden Vermögen steuerbar.

 

Rn. 23

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Einnahme ist nur der tatsächliche und nicht der nur behauptete (BFH v 26.04.1983, VIII R 66/79) Zufluss von Gütern und der darauf beruhende Vermögenserwerb. Der Zufluss betrifft nicht nur die in § 11 EStG geregelte zeitliche Zuordnung, sondern ist Tatbestandsmerkmal des Einnahmebegriff und damit zugleich Voraussetzung für die Steuerbarkeit der Einnahme, Ettlich in Brandis/Heuermann, § 8 EStG Rz 19 (März 2022); Kister in H/H/R, § 8 EStG Rz 9 (Februar 2021). Ein tatsächlicher Zufluss ist auch in den Fällen der nur vorgespiegelten Gewinne (Schneeballsystem) gegeben, in denen Kapitalanleger über Gutschriften von Gewinnanteilen durch Novation verfügt haben, sofern die Gesellschaft im Zeitpunkt der Gutschrift leistungsbereit und leistungsfähig gewesen ist, vgl BFH v 28.10.2008, VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190 (Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, Beschluss des BVerfG v 09.07.2009, 2 BvR 2525/08); BFH v 16.03.2010, VIII R 4/07, BStBl II 2014, 147; BFH v 11.02.2014, VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461; BFH v 27.08.2014, VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187; BFH v 05.10.2017, III R 13/14, BFH/NV 2018, 27; BFH v 27.03.2019, I R 33/16, BFH/NV 2020, 201. Dabei kommt es auf den konkreten Anleger an, nicht jedoch darauf, ob die Gesellschaft dazu in der Lage gewesen wäre, die Forderungen sämtlicher Anleger zu befriedigen. Der Betreiber des Schneeballsystems ist so lange als leistungsbereit und leistungsfähig anzusehen, wie Auszahlungsverlangen der Anleger ohne Einschränkung bedient werden.

Die bloße Möglichkeit, das Vermögen zu mehren, stellt keine Einnahme dar, s Rn 123; der StPfl muss objektiv bereichert sein (BFH v 17.09.1982, VI R 75/79, BStBl II 1983, 39; BFH v 07.12.1984, VI R 164/79, BStBl II 1985, 164). So stellt die Zahlung der LSt durch den ArbG an das FA für zunächst als steuerfrei behandelten Arbeitslohn einen individuellen und konkreten Vorteil des ArbN dar, da diesem dadurch ein Anrechnungs- und Erstattungsanspruch gegen das FA zusteht, BFH v 29.11.2000, I R 102/99, BStBl II 2001, 195.

 

Rn. 24

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Nicht nur der Erwerb von WG, die dem StPfl zuvor nicht zuzurechnen waren, stellt eine Einnahme dar, sondern auch der Zufluss von geldwerten (Dienst-)Leistungen oder Nutzungsmöglichkeiten, s Rn 34. Andererseits kommt es nicht darauf an, dass der zugeflossene Vermögensvorteil dem StPfl auf Dauer (endgültig) verbleibt, vgl BFH v 22.07.1997, VIII R 13/96, BStBl II 1997, 767; BFH v 13.10.1989, III R 30–31/85, III R 30/85, III R 31/85, BStBl II 1990, 287; dazu ausführlich s Rn 141.

 

Rn. 25

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Die Einnahme ist Bruttoeinnahme (BFH v 04.07.1984, I R 195/81, BStBl II 1984, 842; BFH v 23.10.1985, I R 248/81, BStBl II 1986, 178), das Nettoprinzip wird erst durch die Berücksichtigung der Ausgaben (WK, vgl BFH v 28.11.1980, I R 248/81 BStBl II 1981, 368), nicht durch eine Einschränkung des Einnahmebegriffs verwirklicht (Ausnahme Darlehen, s Rn 137 f und durchlaufende Posten, s Rn 139ff).

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