1. Verwirklichung des Tatbestands einer Einkunftsart
a) Allgemeines
Rn. 210
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Der Zufluss von Gütern in Geld oder Geldeswert, der Tatbestandmerkmal des Einnahmebegriffs ist, Kister in H/H/R, § 8 EStG Rz 19 (Februar 2021); Kratzsch in Frotscher/Geurts, § 8 EStG Rz 57 (August 2015); BFH v 28.10.2008, VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190, ist nur dann Einnahme iSd § 8 EStG, dh iRd Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die WK (§ 2 Abs 2 Nr 2 EStG) zu berücksichtigen, wenn er sich im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs 1 Nr 4–7 EStG vollzieht. Aus § 8 EStG ergibt sich nicht, wann das der Fall ist. Die Vorschriften über die einzelnen Einkunftsarten bestimmen allein und abschließend, ob der Zufluss von Gütern iRd ESt zu berücksichtigen ist, Krüger in Schmidt, § 8 EStG Rz 1 (41. Aufl). § 8 EStG und die §§ 19, 20, 21, 22 und 23 EStG regeln insoweit unterschiedliche Bereiche.
Rn. 211
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Eine Einnahme iSd § 8 EStG ist nur gegeben, wenn der Tatbestand einer der Einkunftsarten der §§ 19ff EStG verwirklicht ist. Da ein Lebenssachverhalt bei abstrakter Betrachtung mitunter sowohl der einen wie auch der anderen Einkunftsart zugerechnet werden kann, enthalten § 20 Abs 3 EStG, § 21 Abs 3 EStG, § 22 Nr 1 S 1, Nr 3 S 1 EStG, § 23 Abs 3 EStG Subsidiaritätsklauseln, die auftretende einkommensteuerliche Konkurrenz auflösen. Dies geschieht durch eine Umqualifizierung von Einkünften.
Rn. 212–216
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
vorläufig frei
b) Teilnahme am Marktgeschehen
Rn. 217
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Durch den Zufluss (oder den Abfluss) von Gütern in Geld oder Geldeswert allein wird der Tatbestand einer Einkunftsart nicht erfüllt. Was hinzutreten muss, wodurch also im Übrigen der Tatbestand erfüllt wird, kann nicht für alle Einkunftsarten einheitlich beschrieben werden, sondern ergibt sich aus den Vorschriften über die einzelnen Einkunftsarten. Bei allen Überschusseinkunftsarten bedarf es jedoch der Teilnahme des StPfl am Marktgeschehen durch die planmäßige und entgeltliche Verwertung von Gütern und Leistungen.
2. Zusammenhang zwischen dem Zufluss von Gütern und einer Einkunftsart
a) Allgemeines
Rn. 218
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Missverständlich ist es, vom Zusammenhang der Einnahmen mit Einkünften bzw einer Einkunftsart zu sprechen, denn es gibt keine Einnahme iSd § 8 EStG, die nicht bereits Bestandteil von Einkünften iSd § 2 Abs 1 S 1 Nr 4–7 EStG wäre (vgl Kruse, FR 1981, 473). Besteht ein solcher Zusammenhang nicht, ist der Zufluss von Gütern für die ESt ohne Auswirkung. Ferner ist erforderlich, dass der Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart gegeben ist.
Rn. 219
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Welcher Art der Zusammenhang sein muss, ist in allgemeiner und gleichwohl präzise abgrenzbarer Form nicht auszudrücken. Das Gesetz gibt mehr die Richtung an, als dass es den Zusammenhang definiert, zB
- "im Rahmen einer der Einkunftsarten" (§ 8 Abs 1 EStG),
- "Vorteile, die für eine Beschäftigung ... gewährt werden" (§ 19 Abs 1 Nr 1 EStG),
- "Vorteile aus früheren Dienstleistungen" (§ 19 Abs 1 Nr 2 EStG),
- "Einnahmen, die dem ArbN aus dem Dienstverhältnis zufließen" (§ 2 Abs 1 S 1 LStDV),
- "erhält ein ArbN im Rahmen eines ... Dienstverhältnisses" (§ 19a Abs 1 S 1 EStG aF),
- "Gewinnanteile ... aus Aktien" usw (§ 20 Abs 1 Nr 1 EStG),
- "Einkünfte aus Vermietung" (§ 21 Abs 1 Nr 1 EStG),
- "Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen" usw (§ 22 Nr 1, 1a, 2, 3 EStG).
b) Veranlassungsprinzip
Rn. 220
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Nachdem die Rspr schon frühzeitig den Begriff der BE in Anlehnung an § 4 Abs 4 EStG als den durch den Betrieb veranlassten Zugang geldwerter Güter definiert hat, vgl BFH v 13.12.1973, I R 136/72, BStBl II 1974, 210, hat sie das Veranlassungsprinzip auf den WK-Begriff übertragen, vgl BFH v 28.11.1982, VI R 193/77, BStBl II 1981, 368; BFH v 15.05.1981, VI R 66/78, BStBl II 1981, 735, und nachfolgend das Veranlassungsprinzip auf den Zufluss von Einnahmen iRd Überschusseinkunftsarten angewendet, BFH v 07.12.2004, VIII R 70/02, BStBl II 2005, 468. Nach der neueren Rspr, der die hM im Schrifttum gefolgt ist, sind als Einnahmen iSd § 8 Abs 1 EStG in Übereinstimmung mit dem für die übrigen Einkunftsarten maßgeblichen Begriff der BE und mit § 4 Abs 4 EStG alle Zugänge in Geld oder Geldeswert zu verstehen, die durch die in Frage stehende Einkunftsart (Erwerbshandlung) veranlasst sind. Zu § 19 EStG vgl BFH v 01.09.2016, VI R 67/14, BStBl II 2017, 69; zu § 20 EStG vgl BFH v 07.12.2004, VIII R 70/02, BStBl II 2005, 468; BFH v 27.05.1998, X R 94/96, BStBl II 1998, 619; zu § 21 EStG vgl BFH v 12.07.2016, IX R 56/13, BStBl II 2017, 253; zu § 22 Nr 3 EStG vgl BFH v 13.03.2018, IX R 18/17, BStBl II 2018, 531; vgl auch Ettlich in Brandis/Heuermann, § 8 EStG Rz 38, 39 (März 2022).
Rn. 221
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Entsprechend der Rspr zu § 4 Abs 4 EStG und § 9 Abs 1 EStG, wonach der Begriff der Veranlassung sehr weit gefasst ist,
- "objektiver, wirtschaftlicher und tatsächlicher Zusammenhang", vgl BFH v 06.05.1976, IV R 79/73, BStBl II 1976, 560; BFH v 12.04.1979, IV R 106/77, BStBl II 1979, 512 bzgl § 4 Abs 4 EStG;
- "erkennbare Beziehung zu den angestrebten Einkünften", vgl BFH v 21.07.1981, VIII R 154/76, BSt...