Rn. 890
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
§ 9 Abs 1 S 3 Nr 7 EStG verweist in seiner gegenwärtigen Fassung auf die Vorschriften über die Absetzungen für Abnutzung, für Substanzverringerung und über erhöhte Absetzungen, ohne die anwendbaren Rechtsvorschriften im Einzelnen zu bezeichnen. Dies bedeutet, dass die Rechtsvorschriften der §§ 7ff EStG auch bei den Überschusseinkünften grundsätzlich anwendbar sind, sofern sich nicht aus deren konkretem Inhalt oder der Gesetzessystematik etwas anderes ergibt.
Anwendbar bei den Überschusseinkünften sind
- die lineare AfA (§ 7 Abs 1 S 1 EStG; bei Immobilien § 7 Abs 4 S 1 Nr 2, S 2, Abs 5a EStG),
- Absetzungen nach Staffelsätzen für Immobilien (§ 7 Abs 5 EStG),
- Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA, § 7 Abs 1 S 7 EStG, bei Immobilien § 7 Abs 4 S 3, Abs 5a EStG iVm § 7 Abs 1 S 7 EStG),
- Absetzungen für Substanzverringerung (§ 7 Abs 6 EStG, in § 9 Abs 1 S 3 Nr 7 EStG ausdrücklich erwähnt, zB bei Verpachtung eines Kiesvorkommen),
- Sonderabschreibungen für Immobilien nach § 7h EStG und § 7i EStG.
- Die für alle Sonderabschreibungen geltende Vorschrift des § 7a EStG kommt ebenfalls mit Ausnahme der auf den betrieblichen Bereich zugeschnittenen Abs 6 und 8 zur Anwendung.
- Ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklärt wird in S 2 das Wahlrecht zur sofortigen Abschreibung GWG gemäß § 6 Abs 2 S 1–3 EStG.
Nicht anwendbar ist die Sonderabschreibung nach § 7g EStG, weil sie das Vorhandensein von WG des AV voraussetzt, was es bei Überschusseinkünften nicht gibt.
Ebenfalls nicht möglich ist deshalb auch die degressive AfA (§ 7 Abs 2 EStG), da diese nach dem Gesetzeswortlaut gleichfalls das Vorhandensein von WG des AV voraussetzt. Bis einschließlich 1989 ergab sich dies auch aus dem Gesetzestext des § 9 Abs 1 S 3 Nr 7 EStG, weil in dem ergänzenden Klammerzusatz die Abs 2 und 3 des § 7 EStG nicht aufgeführt waren.
Unzulässig ist bei den Überschusseinkünften eine Teilwertabschreibung (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 S 2 EStG). Die Teilwertabschreibung gilt nach § 6 Abs 1 S 1 EStG nur bei der Gewinnermittlung durch BV-Vergleich gemäß §§ 4 Abs 1, 5 EStG; in der Verweisung in § 9 Abs 1 S 3 Nr 7 S 2 EStG wird § 6 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG nicht erwähnt (s BFH v 30.08.1994, IX R 23/92, BStBl II 1995, 306; BFH v 02.09.2008, X R 48/02, BStBl II 2010, 162; BFH v 10.03.2009, IX B 136/08, BFH/NV 2009, 931). Der Ausschluss der Teilwertabschreibung ist auch systemgerecht. Die Teilwertabschreibung setzt an einer Wertminderung des WG an. Da Wertminderungen und Wertsteigerungen nach der Gesetzessystematik bei den Überschusseinkünften grundsätzlich steuerlich irrelevant sind, ist es nur konsequent, dass eine Wertminderung keine Abschreibung rechtfertigen kann.
Nicht mehr strittig ist, ob bei Überschusseinkünften eine AfA nach Maßgabe der Leistung (§ 7 Abs 1 S 6 EStG) in Betracht kommt (verneinend: v Bornhaupt in K/S/M, § 9 EStG Rz I 17; Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 529; Kulosa in Schmidt, § 7 EStG Rz 175; Brandis in Brandis/Heuermann, § 7 EStG Rz 372; ebenso Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 320 (Januar 2021). Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 7 Abs 1 S 6 EStG, der auf WG des AV abstellt, ist die AfA nach Maßgabe der Leistung für Überschusseinkünfte nicht anwendbar. Für die Praxis dürften Leistungsabschreibungen bei Überschusseinkünften ohnehin keine größere Bedeutung haben, da für Pkw-Fahrten zur Arbeitsstätte die Entfernungspauschale gilt und Maschinen zur Erzielung von Überschusseinkünften selten eingesetzt zu werden pflegen.