a) Hausstand
Rn. 684
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Der eigene Hausstand iSd § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 S 2 EStG ist der Haushalt, den der ArbN am Lebensmittelpunkt führt, also sein Erst- oder Haupthaushalt (zB BFH v 05.06.2014, VI R 76/13, BFH/NV 2014, 1884). Ein solcher Hausstand setzt eine eingerichtete, den Lebensbedürfnissen entsprechende Wohnung des ArbN sowie die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung (laufende Kosten der Haushaltsführung) voraus (R 9.11 Abs 3 S 1 LStR 2015). Der Wohnungsbegriff ist weit auszulegen. Es reicht aus, wenn für den StPfl und seine Familie ein räumlicher Bereich zur Verfügung steht, der von ihm als Lebensmittelpunkt betrachtet werden kann und es auch ist (BFH v 27.07.1990, VI R 5/88, BStBl II 1990, 985). Erst recht braucht es sich bei dem Hausstand nicht um eine Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinne zu handeln (BFH v 14.10.2004, VI R 82/02, BStBl II 2005, 98). Einfache und beengte Lebensverhältnisse stehen der Annahme eines Hausstands nicht entgegen.
Abgrenzungsfragen in Bezug auf das Vorliegen eines Hausstands können sich uU bei aus Entwicklungsländern stammenden ArbN ergeben. In solchen Fällen ist auf die landestypischen Verhältnisse abzustellen. So kann beispielsweise der Hausstand eines Gastarbeiters im Heimatland nicht deshalb verneint werden, weil dort in der Wohnung einer Großfamilie für alle Bewohner nur eine Küche zur Verfügung steht (BFH v 27.07.1990, VI R 5/88, BStBl II 1990, 985; FG Mchn v 02.05.1984, I 145/83 L, EFG 1984, 547).
Im Allgemeinen gilt jedoch, dass der Ersthaushalt regelmäßig besser und komfortabler ausgestattet sein muss als die Zweitwohnung am Beschäftigungsort. Ist das nicht der Fall, so ist darin ein starkes Indiz dafür zu sehen, dass der Lebensmittelpunkt des StPfl in Wirklichkeit am Beschäftigungsort liegt und die doppelte Haushaltsführung steuerlich nicht anerkannt werden kann. Die Grenzfälle für das Vorliegen einer Wohnung tauchen von daher eher bei der Prüfung auf, ob am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung unterhalten wird, s Rn 722.
b) "Eigener" Hausstand
Rn. 685
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Der ArbN muss die Räumlichkeiten des Ersthaushalts aus eigenem oder abgeleiteten Recht nutzen; es muss gesichert sein, dass er die Wohnung nicht nur vorübergehend nutzen kann (BFH v 14.10.2004, VI R 82/02, BStBl II 2005, 98). Ein Vorbehaltsnießbrauch an der vom ArbN genutzten Wohnung schließt einen eigenen Hausstand nicht aus, wenn gesichert ist, dass er die Wohnung nicht nur vorübergehend nutzen kann (BFH v 04.11.2003, VI R 170/99, BStBl II 2004, 16). Nur unter dieser Voraussetzung lässt sich von einem eigenen Hausstand sprechen. An einem eigenen Hausstand fehlt es, wenn der ArbN lediglich in einen fremden Hausstand eingegliedert ist (zB bei den Eltern oder als Gast).
Rn. 686
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Aus eigenem Recht nutzt der StPfl eine Wohnung, wenn er als Eigentümer oder Mieter über die Wohnung verfügen kann (BFH v 05.10.1994, VI R 62/90, BSBl II 1995, 180). Das gilt auch, wenn ihm ein Nutzungsrecht gemeinsam mit anderen zusteht, etwa im Falle einer Wohngemeinschaft. Aus abgeleitetem Recht nutzt der StPfl die Wohnung, wenn zwar sein Lebenspartner die Wohnung angemietet hat, er diesem gegenüber kraft Gesetzes (eheliche Lebensgemeinschaft, § 1353 BGB) oder durch Vereinbarung einen Anspruch auf Mitbenutzung hat. Sofern der ArbN nicht alleiniger Eigentümer oder Mieter der Wohnung ist, muss anhand einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Falles untersucht werden, ob der Hausstand jedenfalls auch ihm als eigener zugerechnet werden kann. Wesentlich ist, dass das Verbleiben des StPfl in der Wohnung sichergestellt ist. Nutzt der ArbN die Wohnung nicht allein, muss er sie zumindest gleichberechtigt mitbenutzen können (BFH v 30.07.2009, VI R 13/08, BFH/NV 2009, 1986).
Rn. 687
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Für die Frage, ob der ArbN den Hausstand aus eigenem oder abgeleitetem Recht nutzt, sind die Vereinbarungen nicht an den Maßstäben der Rspr zu Verträgen über nahe Angehörige zu messen, weil diese Kriterien der Abgrenzung beruflich von privat veranlassten Vereinbarungen dienen, die Begründung und Aufrechterhaltung des Ersthaushalts aber immer privat veranlasst ist und zu keinen WK führen (BFH v 04.11.2003, VI R 170/99, BStBl II 2004, 16).
Rn. 688
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Der BFH hat es insofern in einem Fall, in dem der Lebenspartner die Wohnung angemietet hatte, als ausreichend erachtet, dass sich der StPfl mit Duldung seines Lebenspartners in der Wohnung aufhielt und sich in einem Umfang finanziell an der Haushaltsführung beteiligte, aus dem auf eine gemeinsame Haushaltsführung geschlossen werden konnte (BFH v 12.09.2000, VI R 165/97, BStBl II 2001, 29). Soll das Merkmal der "eigenen" Wohnung nicht gänzlich an Konturen verlieren, wäre in solchen Fällen anstelle einer Duldung besser auf die zweifellos vorliegende, wenn auch idR nur konkludent geschlossene Abrede über eine Wohnungsnutzung gegen finanzielle Beteiligung abzustellen gewesen.
Rn. 689
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Junge ArbN in und nac...